Hintergrund: Europäische Union verabschiedete E-Geld-Richtlinie

Anlässlich einer Sitzung des Fischereirates wurde die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates "über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von E-Geldinstituten" verabschiedet.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Anlässlich einer Sitzung des Fischereirates wurde die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates "über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von E-Geldinstituten" bereits am 16. Juni verabschiedet. Dabei handelt es sich um eine geringfügig erweiterte Fassung des Richtlinienvorschlags vom 15.10.1998 (KOM/98/0461). Danach können nicht nur Banken, sondern auch andere Institutionen elektronisches Geld ausgeben.

Niels Bünemann, Sprecher der Europäischen Zentralbank, erklärte gegenüber c't, dass damit auch künftig die Kontrolle des Geldvolumens möglich bleibt. Die Richtlinie schaffe einen technologie-neutralen rechtlichen Rahmen, der die Beaufsichtigung von E-Geldinstituten harmonisiert. Ziel sei es, ihre finanzielle Integrität zu gewährleisten.

Die Europäische Zentralbank führt gemeinsam mit den zuständigen Behörden die Aufsicht über den elektronischen Markt in Europa. Die Ausgabestellen für elektronisches Geld müssen der EZB die Systemdaten zur Verfügung stellen, die sie für die Gestaltung der Währungspolitik für notwendig erachtet. Ebenso erhalten die zuständigen Behörden die Daten, die sie für die Überwachung der Integrität des Finanzsystems für notwendig erachten. Die E-Geldinstitute müssen über ein Anfangskapital von mindestens 500.000 Euro verfügen. Das Eigenkapital darf nicht unter diesen Betrag absinken.

Kreditinstituten ist es laut Richtlinie 89/64/EWG des Rates vom 30.12.1989 erlaubt, auch elektronisches Geld auszugeben und zu verwalten. Dabei unterliegen sie den europäischen Bankenrichtlinien. Da die aufsichtsrechtlichen Regelungen für Kreditinstitute recht streng sind, werden auch die E-Geldinstitute mit strengeren Zusatzbestimmungen belastet. Dazu gehört eine Beschränkung der Geschäftstätigkeiten sowie "vorsichtige Begrenzungen ihrer Anlagen, die sicher stellen sollen, dass ihre Finanzverbindlichkeiten aus im Umlauf befindlichen E-Geld jederzeit durch hochliquide Aktiva mit niedrigem Risiko gedeckt sind."

Laut Richtlinie gilt als "E-Geldinstitut" ein Unternehmen, das kein Kreditinstitut im Sinne der Richtlinie 77/780/EWG ist und das Zahlungsmittel in Form elektronischen Geldes ausgibt sowie Gelder entgegennehmen und anlegen kann. Als "elektronisches Geld" gilt ein monetärer Wert, der auf einem Datenträger elektronisch gespeichert ist, von anderen Unternehmen als Zahlungsmittel akzeptiert wird und der generiert wird, um als elektronischer Ersatz für Münzen und Banknoten zu dienen sowie um elektronische Transfers von Kleinbetragszahlungen durchzuführen.

Das Europäische Parlament erwartet, dass eine allgemeine öffentliche Akzeptanz "wahrscheinlich viele Jahre in Anspruch nehmen" wird. Deshalb seien die liquiden Mittel und die Münzgewinne der Zentralbank nicht unmittelbar bedroht. Das Parlament rechnet damit, dass mit Hilfe von Smartcards eine elektronische Geldbörse mit vielen anderen Funktionen finanzieller Art wie der Kreditkarte oder der Kundenkarte, aber auch mit allgemeinen Funktionen wie Personalausweis, Sozialversicherungsausweis oder Führerschein versehen werden kann. In Kombination mit "intelligenten" Personalausweisen erwartet das Parlament, dass so Betrügereien, Steuerhinterziehung, Geldwäsche und anderen Straftaten vorgebeugt werden kann. Die Frage, ob dem elektronischen Geld "die gleiche Anonymität zuerkannt werden sollte, wie sie derzeit das Bargeld genießt, sollte äußerst kritisch geprüft werden".

Derzeit werden mobile Zahlverfahren per Handy entwickelt. Gegenüber der Financial Times Deutschland (FTD) sagte Debbie O'Donnell, Sprecherin von E-Cash-Technologies: "Wir haben in den letzten Monaten bemerkt, dass Mobilfunkbetreiber nicht mehr auf die Banken warten wollen." Sowohl AOL, als auch die Deutsche Telekom zeigten sich gegenüber der FTD zurückhaltend. Steffen Binder vom Marktforschungsunternehmen Forit erwartet, dass sich künftige Allianzen aus Kreditkartenunternehmen, Telekombetreibern und Internetfirmen entwickeln.

Als eines der ersten Telekommunikationsunternehmen hat vor kurzem die MobilCom bekanntgegeben, die Einrichtung einer eigenen Bank zu prüfen. (Christiane Schulzki-Haddouti) / (axv)