Hintergrund: Warten auf DDR-SDRAM

Seit Monaten erscheinen immer neue Produktankündigungen im Zusammenhang mit dem neuen Double-Data-Rate-SDRAM-Speicherstandard. Doch noch können Endkunden kaum etwas kaufen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 58 Kommentare lesen
Lesezeit: 7 Min.

Seit Monaten erscheinen immer neue Produktankündigungen im Zusammenhang mit dem neuen Double-Data-Rate-SDRAM-Speicherstandard. Doch noch können Endkunden kaum etwas kaufen. Fragt man nach konkreten Lieferterminen, so reagieren die Hardware-Hersteller ausweichend. Bereits bei der Einführung der Rambus-Speichertechnik mit den Intel-Chipsätzen i820 und i840 vor rund 14 Monaten lehnten sich die DDR-SDRAM-Befürworter weit aus dem Fenster. Der auf dem heute allgemein üblichen Single-Data-Rate-SDRAM (SDR-SDRAM) aufbauende Speicherstandard sei in der Leistungsfähigkeit der Rambus-Technik überlegen und kaum teurer als gewöhnliches SDRAM. Doch noch bleiben die DDR-SDRAM-Vorkämpfer, allen voran VIA, den Beweis dieser Behauptungen schuldig.

Erste Prototypen des VIA-Chipsatzes Apollo Pro266 für Intel-Pentium-III-Prozessoren zeigten keine Vorteile von DDR-SDRAM im Vergleich zu SDR-SDRAM. Das überrascht nicht wirklich: Von einer höheren Datenübertragungsrate als 800 MByte/s kann ein einzelner Pentium-III-Prozessor kaum profitieren, da sein Frontside-Bus nicht mehr hergibt. Diese Erfahrung musste Intel auch mit den Rambus-Speichertechnik beim i820-Chipsatz machen. Erst Dual-Prozessor-Mainboards mit i840-Chipsatz und zwei Rambus-Kanälen zeigten, was in dieser Speichertechnik steckt: Beim SPEC-Benchmark rannten zwei Pentium-III-CPUs mit Rambus-Speicher deutlich schneller als mit SDRAM. Ähnliche Leistungen sollte DDR-SDRAM ebenfalls bringen können. Doch trotz Ankündigung ist noch keine Dual-Prozessor-taugliche Version des VIA Apollo Pro266 auf dem Markt, geschweige denn ein fertiges Mainboard.

Etwas besser sieht es bei Mainboards für den Athlon aus. Mittlerweile ist für etwa 500 Mark die Sockel-A-Platine Asus A7M266 mit AMD-760-Chipsatz zu haben. Ein Prototyp des Gigabyte GA-7DX mit demselben Chipsatz konnte in der c't-Redaktion bereits beweisen, dass die Athlons dank ihres leistungsfähigeren Frontside-Busses mit DDR-SDRAM deutlich schneller arbeiten.

Doch wer sich ein Komplettsystem mit DDR-SDRAM basteln möchte, muss viel herumsuchen, bis er alle Komponenten zusammen hat. Insbesondere DDR-SDRAM-Module sind entgegen der vollmundigen Ankündigungen kaum zu beschaffen. Das Micron-Tochterunternehmen Crucial liefert für rund 235 Mark ein 128-MByte-Modul der Spezifikation PC1600 auch nach Deutschland (Preis inklusive Mehrwertsteuer und Versand). Der Anbieter K&M Elektronik liefert für 490 Mark einen 128-MByte-PC2100-Riegel des taiwanischen Herstellers Apacer. An andere, angeblich problemlos lieferbare Module von Dataram, Infineon, Kingston oder Memory Solution kommen Endkunden in Deutschland bisher kaum heran.

Auch AMD hat anscheinend seine Hausaufgaben noch nicht gemacht. Die drei seit Ende Oktober angekündigten Athlon-Modelle mit 1, 1,13 und 1,2 GHz für 133 MHz Forntside-Bus-Taktfrequenz sind nirgends zu bekommen. Komplettrechner mit DDR-SDRAM sind ebenfalls extrem rar: In den USA bietet Micron mit dem Millennia Max XP einen Rechner mit dem Gigabyte GA-7DX-Board an. In Europa liefert bislang lediglich die britische NEC-Niederlassung den Direction SM 1200A+; dabei ist aber nicht einmal genau klar, ob die darin werkelnde 1,2-GHz-CPU mit 100 oder 133 MHz FSB-Takt läuft.

DDR-SDRAM-Speichermodule (DDR-SDRAM-DIMMs) besitzen wie Rambus-Speichermodule (RIMMs) 184 Pins und sind mit SDR-SDRAM-DIMMs nach PC100- und PC133-Standard nicht kompatibel. Bei DDR-SDRAM-DIMMs sind die Geschwindigkeitsklassen PC1600 (Speichertakt 100 MHz) und PC2100 (Speichertakt 133 MHz) spezifiziert. Diese Bezeichnungen ergeben sich aus den theoretisch maximal denkbaren Datentransferraten: Pro Taktschritt übertragen die 64 Bit breiten DIMMs 16 Byte, während SDR-SDRAM-DIMMs nur 8 Byte schaffen. Bei 100 MHz Taktfrequenz ergeben sich daraus 1,6 GByte/s (PC100: 800 MByte/s), bei 133 MHz 2,1 GByte/s (PC133: 1,066 GByte/s) Übertragungskapazität. In dieser Rechnung sind die für die Adressierung der Speicherbits unvermeidlichen Latenzzeiten nicht berücksichtigt, die sich kaum von denen bei SDR-SDRAM-DIMMs unterscheiden. Während letztere Wartezeiten von jeweils zwei oder drei Taktschritten bei der CAS Latency (CL), dem RAS-to-CAS-Delay (tRCD) und der RAS Precharge Time (tRP) benötigen, kann die CL bei DDR-SDRAM-DIMMs Werte von 3, 2,5 oder 2 Zyklen annehmen. Die Wartezeiten für tRCD und tRP betragen bei DDR-SDRAM immer 3 Taktzyklen beim Betrieb mit 133 MHz und 2 Zyklen beim Betrieb mit 100 MHz.

Rambus-Bausteine besitzen ähnliche Latenzzeiten; die Datenübertragung läuft hier jedoch mit 400 MHz auf einem nur 16 Bit breiten Nutzdatenbus. Es gibt PC600-, PC700- und PC800-RIMMs, wobei das theoretische Maximum der Datenübertragungsrate bei PC800 1,6 GByte/s beträgt. PC700-Module erreichen lediglich 1,42 GByte/s, PC600-Riegel kommen auf 1,2 GByte/s. Nach anfänglich extrem hohen Preisen sank der Aufschlag für Rambus-Module kontinuierlich. Wegen der derzeit historisch niedrigen Preise für SDR-SDRAM kosten RIMMs aber etwa das dreifache von schnellen Markenmodulen nach PC133-222-Spezifikation. Für ein Kingston-PC800-RIMM mit 128 MByte zahlt man rund 900 Mark, ein Crucial-Modul nach PC133-222 schlägt mit etwa 300 Mark zu Buche. No-Name-SDR-SDRAM nach PC133-333 kostet bloß 140 Mark.

Vielleicht ist das auch ein Grund, warum die Euphorie der Speicherhersteller etwas abgeflaut ist. Noch immer überwiegt nämlich bei den neu verkauften PCs der Anteil an Modellen mit Intel-Prozessor bei weitem. Bei diesen Systemen ist DDR-SDRAM aber keine sinnvolle Alternative; erst mit dem fürs zweite Quartal geplanten Intel-Chipsatz für den Pentium 4 mit DDR-SDRAM-Unterstützung dürfte also auf wirklich breiter Front DDR-SDRAM in den Markt drängen.

Warum AMD in dieser Situation nicht alles unternimmt, um die eigenen DDR-tauglichen Systeme in die richtige Position zu rücken, ist rätselhaft. Vom vor mehr als zwei Monaten angekündigten AMD-760-Chipsatz findet sich nicht einmal ein Datenblatt auf dem Server. Zwischenzeitliche Spekulationen, der AMD-760-Chipsatz habe einen Fehler, wies AMD entschieden zurück.

Von dem mit ernüchterndem Ergebnis bereits als Prototypen von c't getesteten ALi-Chipsatz ALiMAGiK 1 fehlt ebenfalls jede Spur. Iwill (KA-266R) und Transcend (TS-ALR4) haben Produkte angekündigt – kaufen kann man in Deutschland aber noch nichts. VIA scheint noch genügend Probleme mit dem Sockel-370-Chipsatz Apollo Pro266 zu haben, vom schon lange angekündigten KT266 für Sockel-A-Prozessoren hört man jedenfalls nichts. Der bereits vorgestellte SiS735-Chipsatz dürfte nur für wenige PC-Selbstbauer interessant sein, findet sich aber ebenfalls noch nicht auf einem fertigen Serienprodukt.

Da der Leistungszuwachs durch DDR-SDRAM im Vergleich zu SDR-SDRAM nach Messungen der c't bei höchstens zehn Prozent liegt, können sich frustriert wartende Kaufinteressenten vielleicht einfach mit einem schnelleren Hauptprozessor trösten – genau in dieser Größenordnung liegt der Leistungszuwachs, den 100 oder 200 MHz mehr Taktfrequenz liefern. In der aktuellen Situation dürfte das preiswerter sein, als für ein Mainboard und DDR-SDRAM happige Aufschläge zu bezahlen. Der Athlon mit 1200 MHz kostet nur rund 250 Mark mehr als der 1-GHz-Athlon. (ciw)