Ursache für technischen Fehler an Strombörse gefunden

Gestern kam es an der Pariser Strombörse EPEX aufgrund eines technischen Fehlers zu überhöhten Strompreisen. EPEX SPOT veröffentlichte eine Stellungnahme.

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Strommasten in Bremen.

(Bild: heise online / anw)

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Zum Meldungszeitpunkt war die Mitteilung der EPEX SPOT ohne Datum zu finden. Die darin gelieferten Informationen passen auf die beobachtete Situation vom Dienstag. Im Laufe des Tages hat die EPEX SPOT ein Datum ergänzt, die Mitteilung stammt vom 27. Oktober 2011. Daher ist die Ursachenerklärung in der folgenden Meldung falsch, es handelt sich nicht um die Fehlerursache für die Probleme vom Dienstag dieser Woche. Die fehlerhaften Stellen haben wir in der Meldung markiert. Wir bitten für dieses Versehen um Entschuldigung.

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Mittlerweile hat die Börse eine neue Stellungnahme veröffentlicht. Die konkreten Ursachen nennt EPEX SPOT in der aktuellen Mitteilung zu der Störung vom Dienstag dieser Woche nicht. Dort ist lediglich von einer technischen Störung die Rede, die zur teilweisen Entkopplung der Teilmärkte führte. Die Preisfindung sei korrekt gemäß Angebot und Nachfrage auf den Teilmärkten erfolgt, der Handel verlief entsprechend der Regeln für die derartige Markt-Kopplung.

Die Pariser Strombörse EPEX SPOT teilt mit, die Ursachen des technischen Fehlers, der zu einer verzerrten Preisfindung für den Mittwoch führte, gefunden und den Fehler abgestellt zu haben. Aufgrund der Störungen, die am Dienstag auftraten, kam es zwischen 5 und 8 Uhr morgens sowie in den Abendstunden des 26. Juni zu überhöhten Preisen bei der Day-Ahead-Auktion für Deutschland: Zwischen 6 und 7 Uhr lag der Preis bei 2,33 Euro je Kilowattstunde, anstatt realistischer 10 Euro-Cents je kWh. Kommende Auktionen sollen wieder planmäßig ablaufen.

An der Strombörse EPEX SPOT findet unter anderem die sogenannte Day-Ahead-Auktion statt, die über die europäischen Strommärkte gekoppelt durchgeführt wird. Stromerzeuger bieten dort bis 12 Uhr mittags des Tages ihre geplante Erzeugungsleistung für den kommenden Tag an, Käufer geben die gewünschten Strommengen an. Darauf basierend wird ein stundenweise geltender Preis nach dem Merit-Order-Prinzip gebildet. Die Angebote werden aufsteigend nach Preis sortiert und alle Käufer erhalten den niedrigsten Preis, der zur Deckung der Nachfrage führt. Das bedeutet: Der teuerste Anbieter, der gerade noch gebraucht wird, um den Bedarf zu decken, setzt den Preis. Dieses Verfahren erhöht den Anreiz, günstige Erzeuger wie Photovoltaik zu installieren und damit stückweise Energieträger wie Gas zu verdrängen.

Die Auktion findet unter dem Namen "Single Day-ahead Coupling" (SDAC) über die europäischen Strombörsen gekoppelt statt. Dabei melden alle Börsen ihre Nachfrage und ihr Angebot, sodass Kapazitäten aus anderen Ländern einbezogen werden können, wenn dafür Transportkapazitäten bereitstehen. Genau das klappte am Dienstag in der Auktion für Mittwoch nicht und die Auktion für den deutschen Markt wurde entkoppelt durchgeführt. So sehen es die Regeln für den Fall vor, dass die Daten mit anderen Börsen nicht ausgetauscht werden können. Die Preisfindung für Mittwoch bezog also nur deutsche Erzeuger mit ein, dadurch schoss der Preis in die Höhe.

Ab hier folgt die ursprüngliche Meldung mit der nicht zutreffenden Begründung der alten EPEX SPOT-Mitteilung:

Die Börse EPEX mit Sitz in Paris hat jetzt Erklärungsansätze für die technischen Probleme geliefert: Das primäre Datenzentrum von EPEX SPOT habe am gestrigen Mittwochmorgen einen "Mikro"-Stromausfall erfahren, schreiben die Börsenbetreiber in einer Mitteilung. Die Maschinen im Datenzentrum selbst habe das nicht betroffen, da die Backup-Ausstattung wie erwartet eingesprungen sei. Dennoch haben die Stromunterbrechungen zu Instabilitäten in der Kommunikation zwischen dem EPEX SPOT Trading System (ETS) und dessen zentraler Datenbank geführt. Die sei von Zeit zu Zeit vom Anwendungsserver getrennt gewesen, führen die Betreiber aus.

Dies ließ sich mit den üblichen schnellen Prozeduren wie Serverneustarts nicht reparieren, die in solchen Situationen üblicherweise umgesetzt würden. Als sie das Problem schließlich identifiziert haben, seien EPEX SPOT und der Provider zu dem Entschluss gekommen, nicht in die Kommunikation zwischen ETS und der Datenbank einzugreifen, da die Handelsprozesse (Trading Sessions) zu weit fortgeschritten waren, um diese sensible Operation auszuführen.

Dadurch blieb das ETS für die Auktion instabil, was all die Probleme erkläre, die Marktakteure erlebten: Schwierigkeiten, Bestellungen zu übermitteln, Verzögerungen im Versand der Marktergebnisse auf dem System und schließlich Verzögerungen in der Verteilung der individuellen Ergebnisse. Die Auktion findet unter Zeitdruck statt: Bis 12 stellen die Marktakteure Angebote und Nachfrage ein, gegen 12:45 werden die Ergebnisse bekanntgegeben.

Nach den Handelssitzungen haben das IT-Team und der Provider einen vollständigen Neustart sowie Überprüfung der gesamten Konfiguration des ETS vorgenommen, um sicherzustellen, dass sich das System in einem stabilen Status befinde. Dennoch untersuchen EPEX SPOT und der Provider weiterhin, was genau geschehen ist. Basierend auf den Erkenntnissen weiterer Untersuchunen wollen sie Maßnahmen ergreifen, um die Systeme zu verstärken.

Der Software-Provider habe etwa eine spezielle Prozedur eingebaut, die angewendet werde, um massive Störungen wie am Mittwoch zu vermeiden, sollte solch eine Situation erneut eintreten. In den kommenden Tagen werden IT-Abteilung und der Provider das ETS genau beobachten.

Am Mittwoch habe EPEX SPOT als Reaktion auf das Problem, dass Mitglieder keine Bestellungen aufgeben konnten, auf das Verfahren "Handel im Auftrag" nach den eigenen Statuten umgestellt. Die Marktoperationen-Abteilung habe viel mehr Bestellungen erhalten, als sie physisch und sicher in das System eingeben konnte. "Größte Anstrengungen wurden unternommen, so viele Bestellungen wie möglich einzugeben, obgleich es sehr wahrscheinlich ist, dass nicht alle Bestellungen oder die neuesten Versionen der Bestellungen von den Mitgliedern eingegeben wurden", erklärt EPEX SPOT.

Daher sollten alle Mitglieder dringend als ersten Schritt ihre Positionen für die Lieferungen am Donnerstag, den 27. Juni, überprüfen. Im Falle von Ungleichgewichten müssten betroffene Mitglieder entscheiden, ob sie diese im untertäglichen Handel (Intraday Markets) ausgleichen wollen. Das Sales-Team von EPEX SPOT stehe zur Verfügung, um Gegenstellen zum Glätten der Positionen zu suchen.

Auf eine fehlerhafte Preisfindung, finanzielle Schäden und gegebenenfalls etwaigen Ausgleich geht EPEX SPOT in der Mitteilung hingegen nicht ein. Es ist derzeit unklar, ob es hier noch eine Aufarbeitung oder Reaktion geben wird.

Hier endet die Zusammenfassung der Erläuterung für einen Vorfall aus dem Jahr 2011, die nichts mit dem aktuellen Ereignis aus dem Juni zu tun hat.

Der Day-Ahead-Handel ist nur ein Weg, um Strom zu handeln. Dazu gesellt sich der Intraday-Handel, über den die sogenannten Bilanzkreisverantwortlichen (zum Beispiel ein Energieversorger) kurzfristig Strom kaufen oder verkaufen müssen, wenn die reale Erzeugung oder der Verbrauch von der Prognose und der gehandelten Menge abweichen. Strom kann aber auch über langfristige Verträge zwischen Käufern und Verkäufern gehandelt werden. Day-Ahead-Handel macht einen nenneswerten Anteil aus: In der Stunde zwischen 6 und 7 Uhr am 26. Juni, in der eine Megawattstunde wegen der entkoppelten Auktion in Deutschland 2.325,83 Euro kostete, wurden 32.796 Megawattstunden im Day-Ahead-Geschäft gehandelt. 51.000 Megawattstunden wurden in der Zeit verbraucht.

Auf die Netzstabilität hatte der Aussetzer der Börse keinen erkennbaren Einfluss und es drohte auch kein Blackout. Der Handel mit Strom und der Netzbetrieb hängen nicht direkt zusammen. Für die Netzstabilität ist der Markt mit Regelenergie verantwortlich, die in mehreren Stufen vorgehalten wird und die Abweichungen zwischen Prognose und Realität ausgleicht, um die Netzfrequenz im europäischen Verbundnetz auf 50 Hertz zu halten.

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Im Text präzisiert, dass die Störungen am Dienstag (25. Juni) auftraten und für den Mittwoch (26. Juni) zu erhöhten Preisen geführt haben.

(dmk)