Huawei-Bann: Digitalministerium weist Lobby-Vorwurf zurück

Lobbycontrol und FragDenStaat werfen dem BMDV vor, Huawei und Telekom schon vor dem teilweisen Ausschluss chinesischer 5G-Technik viel versprochen zu haben​.

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Detail eines Mobilfunk-Antennenmastes mit kleinen 5G-Funkzellen.

(Bild: Lisic/Shutterstock.com)

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Die Organisationen FragDenStaat und LobbyControl beklagen Ungereimtheiten bei der Einigung zwischen der Bundesregierung und Netzbetreibern über den Einsatz von chinesischer Technik in Mobilfunknetzen. Sie kritisieren: Massiver Lobbydruck von Huawei, Telekom und anderen Netzbetreibern auf die Bundesregierung habe den Ausschluss – trotz sicherheitspolitischer Bedenken – jahrelang verzögert.

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) gab auf Informationsfreiheitsanfragen mit Verweis auf Sicherheitsinteressen nur fast vollständig geschwärzte Dokumente heraus. Darin findet sich ein Satz zum "Sachstand" für ein Treffen zwischen Digitalstaatssekretär Stefan Schnorr (FDP) und Michael Yang, Huawei-Chefrepräsentant in Deutschland, Ende März 2022: "Ein genereller Ausschluss eines Herstellers von Netzkomponenten vom Aufbau der 5G-Infrastruktur ist nicht vorgesehen." Das steht auch in einem Vermerk für ein Treffen zwischen Digitalminister Volker Wissing (FDP) und Telekom-Vorstand Tim Höttges.

LobbyControl kritisiert, wie häufig sich Abgesandte von Netzbetreibern und Huawei mit Vertretern der Bundesregierung trafen. Vor allem Höttges habe häufig zum Thema Huawei und 5G vorgesprochen. Er sei bei Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Wissing und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) auf offene Ohren gestoßen. Schwerer wiegt laut den Organisationen aber, dass sich das BMDV schon vor der im Gesetz für das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) verankerten gesetzlichen Prüfung eines Ausschlusses weit aus dem Fenster gelehnt habe.

FragDenStaat interpretiere den Begriff "vorsehen" falsch, wies ein BMDV-Sprecher den Vorwurf gegenüber heise online zurück. Es gehe bei der umstrittenen Aussage allein "um die Beschreibung der Rechtslage" im BSI-Gesetz. Demnach könne der Einsatz einer kritischen Komponente untersagt werden, wenn dieser die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik voraussichtlich beeinträchtige. Es sei eine konkrete sicherheitspolitische Bewertung durchzuführen, ohne dass ein genereller Ausschluss eines Herstellers von Netzkomponenten vorgesehen werde. Dieses Wort meine hier "keine Absichten oder Pläne der Bundesregierung, sondern beschreibt die Reichweite einer Rechtsnorm".

Im IT-Sicherheitsgesetz 2.0 beziehungsweise dem damit geänderten BSI-Gesetz gibt es eine "Huawei-Klausel". Sie legt die Hürde für den Ausschluss einzelner Ausrüster vom Netzausbau etwa für 5G aber vergleichsweise hoch. Die Bundesregierung soll damit den Einsatz "kritischer Komponenten" bei "voraussichtlichen Beeinträchtigungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung" untersagen können.

Das BMDV will zudem die Darstellung nicht gelten lassen, das Ministerium habe "eine Entscheidung über Sicherheitsfragen beim Mobilfunknetzausbau blockiert oder sich vehement für Huawei eingesetzt". Die Regierung vertrete in derartigen Sicherheitsfragen grundsätzlich keine unterschiedlichen Positionen. Das werde auch durch die beschlossenen Maßnahmen und die vom BMI getroffenen Vereinbarungen mit den Netzbetreibern deutlich.

Huawei wollte die Anschuldigungen nicht kommentieren. Aus Ausrüsterkreisen hieß es, dass nicht kritische Komponenten wie 5G-Antennen laut dem BSI-Gesetz ohnehin nicht ausgeschlossen werden könnten. Zudem sei eine Prüfung bereits verbauter Komponenten nicht vorgeschrieben, sondern allenfalls möglich. Die einstige schwarz-rote Koalition habe auch immer wieder betont, dass das IT-Sicherheitsgesetz kein Huawei-Gesetz werden solle.

Antonia Hmaidi, Analystin am Mercator Institute for China Studies (Mercis), bewertete den gefundenen Kompromiss im ZDF als halb gar. Damit die Betreiber dem Deal mit dem BMI zustimmten, habe das Innenministerium "sehr klare Zugeständnisse" machen müssen. Die Abwägung sei eindeutig zugunsten "weniger Kosten und weniger Belastung der Unternehmen getroffen" worden.

Adrian Dabrowski, Forscher am CISPA Helmholtz-Zentrum für Informationssicherheit, gab zu bedenken, dass Zugriffs- und Missbrauchsmöglichkeiten offen blieben: "Solange ich irgendein Netzwerkelement habe – auch wenn es nicht kritisch ist –, eröffnet es immer noch die Möglichkeit eines Hintereinganges." Darüber ließen sich auch Komponenten angreifen, "die vielleicht von einem anderen Hersteller sind".

(vbr)