Huawei-Gründer: Ren Zhengfei warnt vor "schmerzhaftem" nächsten Jahrzehnt

US-Sanktionen, Covid-Maßnahmen und der Ukraine-Krieg setzen Huawei gewaltig zu, räumte der Gründer des chinesischen Netzausrüsters in einem geleakten Memo ein.

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(Bild: Paul2015/Shutterstock.com)

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Im März präsentierte Huawei für 2021 zwar noch einmal einen Rekordgewinn trotz deutlicher Umsatzeinbußen. Doch auch der chinesische Technologieriese ist angesichts zunehmender internationaler Krisen und Spannungen vor allem im Verhältnis zu den USA nicht unverwundbar. Dies bestätigte Huawei-Gründer Ren Zhengfei jetzt in einem durchgesickerten internen Memo. Darin warnte er die Mitarbeiter des Konzerns, dass "die Abkühlung für alle spürbar sein wird". Es gehe nicht mehr um Expansion, sondern ums nackte Überleben des Netzausrüsters in den nächsten drei Jahren.

"Das nächste Jahrzehnt wird eine sehr schmerzhafte historische Periode sein, da die Weltwirtschaft weiter schrumpft", schrieb Ren laut Medienberichten. Er verwies auf die in China besonders strengen Maßnahmen zum Eindämmen der Corona-Pandemie, auf die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs und eine "anhaltende Blockade" einiger chinesischer Unternehmen durch die USA. Lichtblicke seien daher nicht zu erwarten.

"Huawei muss seine allzu optimistischen Erwartungen für die Zukunft zurückschrauben", betonte der 77-Jährige, der die Angestellten des Konzerns gerne als "Offiziere" und dessen Verkaufsexperten als "Frontsoldaten" bezeichnet. "Bis 2023 oder sogar 2025 müssen wir das Fortbestehen zur wichtigsten Leitlinie machen", ohne dabei beim Faktor Qualität zu verlieren. Das Mitglied des Huawei-Direktoriums kündigte zugleich potenzielle Stellenstreichungen und Verkäufe von Firmensektoren an.

Die US-Regierung hat in den vergangenen Jahren wiederholt Sanktionen gegen Huawei verhängt und den Konzern so etwa vom Zugang zu Chips aus internationaler Produktion abgeschnitten, was vor allem das Smartphone-Geschäft belastet. Die Vereinigten Staaten werfen dem Ausrüster enge Verbindungen zu chinesischen Behörden vor und warnen vor einer Gefahr von Spionage und Sabotage.

Das Unternehmen weist solche Vorwürfe immer wieder zurück. Trotzdem hat auch der Bundestag eine "Huawei-Klausel" voriges Jahr ins IT-Sicherheitsgesetz 2.0 eingebaut. Kernkomponenten für kritische Infrastrukturen dürfen demnach nur von solchen Herstellern bezogen werden, "die vor dem erstmaligen Einsatz der Komponenten eine Erklärung über ihre Vertrauenswürdigkeit" gegenüber dem Betreiber abgeben haben. Die Hürde für den Ausschluss einzelner Ausrüster vom Netzausbau etwa für 5G liegt aber vergleichsweise hoch.

"In der Vergangenheit haben wir uns das Ideal der Globalisierung zu eigen gemacht und wollten der ganzen Menschheit dienen", erinnerte Ren an die bisherige Maxime. Diese werde nun in Frage gestellt. Es komme jetzt eher darauf an, "ein wenig Geld zu verdienen, wo wir können". Unter diesem Gesichtspunkt "müssen wir die Marktstruktur anpassen und untersuchen, was getan werden kann und was aufgegeben werden sollte".

Rens Notiz ging in den chinesischen sozialen Medien viral. Über 100 Millionen Nutzer teilten und diskutierten seine Äußerungen mehr oder weniger besorgt. Mehrere gaben den USA die Schuld, wobei ein Kommentator meinte, dass die Expansion von Huawei "unter der wilden Unterdrückung durch die Vereinigten Staaten zu einem abrupten Ende kam".

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Linghao Bao, Analyst bei Trivium China, bezeichnete die Ansage angesichts weltweiter wirtschaftlicher Probleme prinzipiell nicht für ungewöhnlich. Auffällig sei aber die Art und Weise, wie sich Ren geäußert habe: "Er klang, als ob er in Panik wäre." Auch der Zeitpunkt des Alarms wenige Monate vor dem 20. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas gebe zu denken.

Steve Tsang, Direktor des China-Forschungsinstituts SOAS, mahnte, Ren ernst zu nehmen: Seine Aussagen deuteten darauf hin, "dass auch die chinesische Wirtschaft insgesamt anfällig ist". Die chinesische Regierung kündigte diese Woche ein weiteres Konjunkturpaket in Höhe von 146 Milliarden US-Dollar und 19 neue Maßnahmen an, um den durch Corona-Lockdowns verursachten wirtschaftlichen Schaden zu beheben und die Krise in der Immobilienbranche zu bewältigen.

(bme)