Human Robot Interaction: Wenn Mensch und Roboter sich nahe kommen

Mit unterschiedlichen Ansätzen wird untersucht, wie Roboter sich verhalten sollten, damit Menschen sich ihnen anvertrauen oder sie auch nur in ihre Nähe lassen.

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(Bild: Willyam Bradberry/Shutterstock.com)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Hans-Arthur Marsiske
Inhaltsverzeichnis

Wie sollen Roboter sich verhalten, damit Menschen sich ihnen anvertrauen oder sie auch nur in ihre Nähe lassen? Bei der Konferenz HRI (Human Robot Interaction) widmeten sich Forscherinnen und Forscher dieser Frage aus unterschiedlichen Richtungen.

Human Robot Interaction 2022

Johannes Kraus (Universität Ulm) und Mareike Schüle (Kuka) berichteten von einer Studie, in der es um das Vertrauen in Roboter geht. Das Forschungsteam wollte wissen, unter welchen Bedingungen Patienten in einem Krankenhaus sich dort verfügbaren Transportrobotern anvertrauen würden. Als Modellszenario diente dabei ein Roboter, der Patienten in Rollstühlen durch die Krankenhausflure ziehen kann. Das Vertrauen, so Kraus, hänge neben den Persönlichkeitsmerkmalen des Nutzers auch von den Eigenschaften des Robotersystems sowie den besonderen Bedingungen der jeweiligen Situation ab.

In der Studie wurden insbesondere die Variablen Kontrollierbarkeit des Roboters und die Vorhersagbarkeit von dessen Verhalten untersucht. Als Persönlichkeitsmerkmale erhoben die Forscher die generelle Neigung, Vertrauen zu schenken, sowie die Haltung zu Technologie allgemein und zu Robotern im Besonderen. Schließlich wurde auch der Grad der in der Situation empfundenen Angst erfasst.

In drei Krankenhäusern wurden 96 Patienten befragt, die allerdings nicht selbst von Robotern gezogen wurden, sondern sich entsprechende Computeranimationen anschauten. Während Interesse an Technologie und ein niedriges Angstlevel wie erwartet ein stärkeres Vertrauen in den Roboter mit sich brachten, waren die Ergebnisse bei der Kontrollierbarkeit und Vorhersagbarkeit des Roboterverhaltens weniger klar. Statt der objektiven Ausprägungen dieser Variablen scheine deren subjektive Wahrnehmung durch die Nutzer eine größere Rolle zu spielen, so Kraus.

Die unklaren Ergebnisse hingen wohl auch damit zusammen, dass die Möglichkeiten der Einflussnahme auf das Verhalten des Roboters sehr begrenzt waren: So bot der Roboter in einer Szene des Videos dem Nutzer die Wahl zwischen zwei identisch aussehenden Fahrstühlen an. Und die Vorhersagbarkeit des Roboterverhaltens bestand darin, vor dem Abbiegen in einen anderen Flur anzukündigen, dass er gleich abbiegen werde. Die Forscher hoffen daher, das Experiment bald mit einem realen Roboter durchführen zu können, der derzeit im Rahmen des Projekts PeTRA entwickelt wird.

Wenn der reale PeTRA-Roboter sich dann dem Fahrstuhl nähert, achtet er hoffentlich nicht nur auf seinen Passagier, sondern auch auf die übrigen Personen, die dort möglicherweise schon warten. Danilo Gallo vom europäischen Ableger der koreanischen Firma Naver Labs berichtete von den Bemühungen, einen Roboter zu entwickeln, der in der Lage ist, die Fahrstühle im Firmengebäude im französischen Meylan nicht nur zu bedienen, sondern sich dabei auch sozial akzeptabel zu verhalten. Schließlich gehe es darum, einen sehr engen Raum mit anderen Personen zu teilen, subtile Körpersprache zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren, erklärte Gallo in dem Vortrag.

Hierfür schauten sich die Forscher zunächst genau an, wie Menschen sich untereinander in einer solchen Situation arrangieren, und identifizierten 543 "Events" in 16 Stunden Videomaterial, das in der Lobby der Firmenzentrale in Korea aufgenommen worden war. Es zeigte sich, dass die Intentionen der vor dem Fahrstuhl wartenden Menschen nicht immer klar zu erkennen waren, weshalb die Idee, den Roboter menschliches Verhalten imitieren zu lassen, rasch verworfen wurde.

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Im nächsten Schritt entwickelten Gallo und seine Kollegen und Kolleginnen dann in "Bodystorming Sessions" Ideen für ein angemessenes maschinelles Verhalten. Bei diesen Sitzungen simulierten vier Personen die Nutzung eines Fahrstuhls, wobei eine die Rolle des Roboters übernahm. Ein Ergebnis war zum Beispiel, dass die Menschen es als angenehmer empfanden, wenn der Roboter sich nicht in die Warteschlange einreihte, sondern an einer festen Position neben dem Fahrstuhl wartete. Diese Haltung wurde auch von der Mehrheit der Teilnehmer einer anschließenden Online-Umfrage geteilt.

Bei der Frage, ob der Roboter beim Betreten des Fahrstuhls grundsätzlich erst einmal die Menschen vorlassen oder auch für ihn gelten sollte, dass zuerst fährt, wer am längsten gewartet hat, war die Meinung dagegen eher gespalten. Beim Verlassen des Fahrstuhls sollten dagegen die Menschen Vorrang haben, weil es aufgrund der eingeschränkten Beweglichkeit von Robotern effizienter sei. Als bevorzugte Position für einen Roboter innerhalb des Fahrstuhls wurde der Platz vorne gegenüber den Bedienungsknöpfen genannt, während die Menschen die hinteren Ecken favorisierten.

Letztendlich gehe es nicht darum, menschliches und maschinelles Verhalten als Extrempositionen einander gegenüberzustellen, betont Gallos Kollegin Shreepriya Gonzalez-Jimenez. Vielmehr müsse die richtige Balance zwischen beiden gefunden werden. Dazu gehöre auch, dass der Roboter die Begrenztheit seiner Verhaltensmöglichkeiten klar kommuniziere. Angesichts der Unvertrautheit der meisten Menschen mit Robotern sei eine solche Kommunikation unerlässlich. Wie sie am effektivsten erfolgen kann, soll in weiteren Experimenten erforscht werden – möglichst bald dann auch mit richtigen Robotern.

(mho)