Hurrikan "Sandy": Notstand an der US-Ostküste

Seltene Konstellation könnte zu einem der schlimmsten Stürme in der US-Geschichte führen. Auch in Ostasien treibt gerade ein Taifun sein Unwesen

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Vor der Ostküste der USA ist der Hurrikan "Sandy", der letzte Woche auf Jamaika, Haiti und Kuba 66 Todesopfer gefordert hatte, inzwischen fast auf der Höhe von Virginia angelangt und dreht nach Westen Richtung Küste ab. Wie die Karte des US National Hurricane Centre zeigt (siehe Grafik 1), wird sein Zentrum einige 100 Kilometer südlich von New York City auf Land treffen.

Das bedeutet für die Metropole aber keineswegs Entwarnung. Zum einen ist laut Aussagen der Meteorologen bis weit nördlich von New York City mit Winden in Hurrikan-Stärke zu rechnen. Das System hat nämlich einen Durchmesser von 1600 Kilometern.

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"Sandys" voraussichtliche Zugbahn. (Bild: NOAA)

Zum anderen werden die Auswirkungen des Sturms durch zwei Faktoren maximiert. Da gerade Vollmond ist, läuft das Hochwasser besonders hoch auf und verstärkt den Effekt der Sturmflut. Hinzu kommt noch, dass "Sandy" auf eine Kaltfront trifft, die von Nordwest über Land heranzieht. Diese verlangsamt die Zuggeschwindigkeit des Sturms, aber keinesfalls die Windgeschwindigkeiten. Im Gegenteil: Da die kalte Luft sich unter die wärmere des Hurrikans schieben wird, führt sie dem Sturmsystem zusätzlich Energie zu. Der verstärkte Sturm zieht dann um so langsamer durch.

Die Bewohner der Küstenregion müssen sich also auf mehrere Tage extremen Sturms und Hochwassergefahren einstellen. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, dass allein in New York City 375.000 Menschen aus niedrig gelegenen Zonen evakuiert wurden. Schulen wurden geschlossen, U-Bahnen verkehren nicht mehr. Auch die Börse an der Wall Street schloss ihre Tore, und der Ölpreis beginnt bereits zu sinken, weil eine große Ölraffinerie ihre Produktion vorübergehend eingestellt und andere sie gedrosselt haben.

In neun US-Bundesstaaten wurde der Notstand ausgerufen. Rund 50 Millionen Menschen leben in der erwarteten Zugbahn "Sandys". Laut Reuters meinen einige Meteorologen, dass dies der schlimmste Sturm werden könnte, der je auf die US-Küste traf. Ende August 2011 wurde die gleiche Region von Hurrikan „Irene“ heimgesucht, der nach Angaben der New York Times 15 Milliarden US-Dollar (ca. 11,6 Milliarden Euro) an Schaden anrichtete.

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Aktuelle Bodendruckkarte für den Nordatlantik und Europa. (Bild: MetOffice)

Für gewöhnlich drehen Hurrikane um diese Jahreszeit nach Osten ab und werden an der US-Atlantikküste kaum oder gar nicht wahrgenommen. Wie hier berichtet, kommt es aber mitunter vor, dass ein starkes Hoch über dem Atlantik sie blockiert und auf die Küste lenkt. Wie die zweite Grafik zeigt, ist eine solche Wetterlage, die von den Wettermodellen bereits letzte Woche vorhergesagt wurde, tatsächlich eingetreten.

Unterdessen wütet auf der anderen Seite des Planeten Taifun* Son-Tinh in Vietnam und im Süden Chinas, nachdem er bereits auf den Philippinen mehr als 20 Menschen das Leben gekostet hatte. In Vietnam stürzte unter anderem ein Fernsehturm um. Das Sturmzentrum zieht derzeit entlang der chinesischen Südküste Richtung Osten und könnte auch noch Hongkong streifen.

*Schwere tropische Stürme werden je nach Region unterschiedlich bezeichnet. Vor den US-Küsten nennt man sie Hurrikane, in Ost- und Südostasien spricht man von Taifunen. Letztere sind übrigens deutlich häufiger als die Hurrikane, finden nur in den hiesigen Medien meist weniger Aufmerksamkeit.

Update

: Wer sich für den Zusammenhang von Klimaveränderungen und Tropenstürmen interessiert, findet im Blog von Stefan Rahmstorf einige Antworten.