IAC 2018: Mondbungalow soll doch Panoramafenster haben können
Auf der Astronautenkongress steht der Mond im Fokus: Während die einen schon eine Basis planen, wollen die anderen erst einmal die Rohstoffe dafür suchen.
Er habe etwa eine Woche gebraucht, bis er sicher durch die Internationale Raumstation hätte schweben können, sagt der japanische Astronaut Takuya Onishi, der im Jahr 2016 vier Monate in der ISS verbrachte. Besonders schwierig sei es, die Kraft in den Füßen richtig zu dosieren, mit der man sich abstößt, um in die beabsichtigte Richtung zu kommen.
Während seines Aufenthalts habe er nie Angst gehabt, schließlich habe er sich der Erde, die von dort fast das gesamte Blickfeld einnimmt, immer noch nahe gefühlt. Das möge aber bei Missionen zum Mond oder Mars, wenn die Erde nur noch als kleine Kugel oder als heller Punkt erscheint, anders sein. Der Mond müsse für Missionen über den Erdorbit hinaus auf jeden Fall das nächste Ziel sein, bevor der Mars ins Visier genommen werde.
Eindrücke von der IAC 2018 (10 Bilder)
Probleme wie im U-Boot
Über Missionen zum Mond wird auf dem International Astronautical Congress (IAC), der noch bis Ende der Woche in Bremen stattfindet, viel gesprochen. Dabei geht es zum einen darum, wie sich Menschen dort auf Dauer einrichten können. Giancarlo Genta (Politecnico di Torino) etwa stellte ein Konzept vor, wie sich die Bewohner einer Mondbasis vor der Strahlung schützen können. Grundsätzlich ließen sich aus dem reichlich vorhandenen Mondstaub, dem Regolith, dicke Wände bauen, die ausreichend Schutz bieten. Allerdings seien dann keine Fenster möglich.
Virtuelle Fenster, die mithilfe von Außenkameras und Bildschirmen den Blick nach draußen ermöglichen, seien keine überzeugende Lösung, weil dadurch die Distanzwahrnehmung leide. So sei es auch U-Boot-Besatzungen nach längeren Einsätzen für eine Weile verboten, mit dem Auto zu fahren, weil sie erst wieder lernen müssten, Entfernungen richtig einzuschätzen.
Genta schlägt daher einen aktiven Strahlungsschutz mithilfe supraleitender Kabel vor. 16 solcher Kabel, gekühlt mit flüssigem Stickstoff sollen parallel in einem Kreis mit 90 Metern Durchmesser angeordnet werden, der die Mondbasis umschließt. Die Kabel selbst schließen sich zu einem Torus zusammen, der mit 12 Volt und 35 Ampere ein Magnetfeld erzeugt, das außen stark genug ist, um auch stärkere Partikelschauer von der Sonne abzulenken, im Innern der Basis aber nur niedrige, menschenverträgliche Werte erreicht. Die Größe der Fenster sei dann nur noch durch den in der Station herrschenden atmosphärischen Druck begrenzt. In seinen Skizzen zeigte Genta futuristische Kuppeln mit großen Panoramafenstern, von denen Astronauten bislang nur träumen können.
Rover sollen Wasservorkommen kartographieren
Bevor solche Traumwohnungen auf dem Mond bezogen werden können, muss aber noch reichlich Vorarbeit von Robotern geleistet werden. Dabei zielen viele Missionsplanungen derzeit auf die Pole des Mondes. So berichtete Takeshi Hoshino von der japanischen Weltraumagentur JAXA von Plänen, in Zusammenarbeit mit Indien einen oder mehrere Rover dort abzusetzen, um nach Wasser zu suchen, die Menge zu bestimmen sowie die Prinzipien der Verteilung zu erforschen. Als Startdatum sei derzeit November 2023 vorgesehen. Der Rover soll mindestens sechs Monate lang betrieben werden und bis zu eineinhalb Meter tief bohren können.
Nicht ganz so tief reicht der Bohrer, der im Rahmen des Projekts LUVMI (Lunar Volatiles Mobile Instrumentation) entwickelt wird. Proben könnten nur aus einer Tiefe von 100 bis 200 Millimetern genommen werden, sagte Lutz Richter (OHB System AG). Dafür erfolge die Analyse flüchtiger Stoffe wie Wasser, Schwefelwasserstoff oder Ammoniak direkt im Bohrer, der über eine Heizvorrichtung verfüge. Bis zu 400 Grad Celsius könnten erreicht werden, die Dauer einer Analyse veranschlagte Richter auf 90 Minuten.
Mond-Ressourcen nutzen
Das System werde derzeit an der TU München getestet und könnte in zwei Jahren bereit zum Start sein. Entwickelt wurde es, um im Rahmen der von der europäischen Weltraumorganisation ESA ausgeschriebenen Lunar ISRU Demonstration Mission. Deren Ziel ist es, bis zum Jahr 2025 zu zeigen, dass die Produktion von trinkbarem Wasser und/oder atembarem Sauerstoff aus lunaren Ressourcen möglich ist.
In der gleichen Richtung ist auch die Firma iSpace, die gegründet wurde, um die Nutzung von Ressourcen auf dem Mond zu ermöglichen und ein nachhaltiges Erde-Mond-Ökosystem aufzubauen, wie Abigail Calzada-Diaz vom Luxemburger iSpace-Büro erklärte. Bis 2020 sollen zwei Landungen auf dem Mond durchgeführt werden, um die Tauglichkeit der Technik zu testen. Danach soll der Polar Ice Explorer genauer untersuchen, wo und in welcher Form Wasser auf dem Mond vorkommt. Die bislang vorliegenden Karten hätten noch eine zu geringe räumliche Auflösung, so Calzada-Diaz.
Auch sei nicht klar, ob das Wasser etwa in geschmolzenem Gestein eingeschlossen sei oder mit dem Regolith vermengt. Die Kenntnis dieser Details sei aber notwendig, um schließlich aus der Ressourcennutzung ein profitables Geschäft zu machen – was ein erklärtes Ziel nicht nur von iSpace ist, sondern auch von der ESA angestrebt wird. (mho)