ICANN wirbt für das "Multistakeholder-Modell"

Derzeit findet in Kapstadt ein Treffen der privaten Netzverwaltung statt. Es zielt unter anderem darauf, den Status von ICANN als Modellorganisation abzusichern. Dazu gehören ausführliche Debatten zu Fragen multilingualer Anwendungen im Netz.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 12 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert

Die Zusammenarbeit zwischen Regierungen und der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) habe sich merklich belebt. Das betonten gestern bei der Auftaktpressekonferenz zum Treffen der privaten Netzverwaltung in Kapstadt ICANNs Vorsitzender Vint Cerf und ICANN-Präsident und CEO Paul Twomey. Twomey verwies auf ein noch nicht veröffentlichtes Communique der Organisation, in dem die ICANN-Spitze den ICANN-Regierungsbeirat, Government Advisory Committee (GAC), um Stellungnahmen zu mehreren anstehenden Entscheidungen bitte, darunter, so Twomey, vor allem zu den künftigen Vergaberegeln neuer Top Level Domains, auch komplett nicht englischer Adresszonen. Gleich mehrere afrikanische Minister, darunter ein Vertreter der sudanesischen Regierung, nähmen am Treffen in Kapstadt teil, betonten Cerf und Twomey.

Auch die Regierungen hätten sich, so Cerf und Twomey, innerhalb der ICANN-Struktur gut eingerichtet und eine Reihe von Arbeitsgruppen zu wichtigen Einzelfragen ins Leben gerufen, zum Beispiel zu IPv6. In Kapstadt ließen sich die Regierungsvertreter vom derzeitigen Chef der Number Resource Organisation (NRO), dem Dachverband der Regionalen Internet Registries (RIRs), das Vergabesystem für IP-Adressen erläutern. Aus Sicht der RIRs ist das dringend notwendig, um den Vorstoß von Seiten der International Telecommunication Union (ITU) zu kontern, IP-Adressen künftig national zu vergeben. Ob am Wochenende etwa über den Ausschreibungstext von .net entschieden wird, mochten die beiden Chefs noch nicht sagen. Kurzfristig hatte man die Einwendungsfrist gestern verlängert.

Auf die Frage zu einer möglichen Neuordnung beziehungsweise Verschiebung der Gewichte in der Netzverwaltung hin zur International Telecommunication Union, sagte Cerf: "Die ITU ist in einer Zeit entstanden, in der Regierungen alleine für die Telekommunikation verantwortlich waren. Heute sehen wir dagegen überall einen Trend zur Liberalisierung." ICANN bilde die Struktur des Netzes, das auf Kooperation und Koordination angewiesen sei, deutlich besser ab mit seinem Multistakeholder-Prozess, der alle Beteiligten an einen Tisch bringe.

Eine ganze Reihe der ICANN-Aktivitäten in Kapstadt zielen darauf, den Status von ICANN als Modellorganisation abzusichern. Dazu gehören ausführliche Debatten zu Fragen multilingualer Anwendungen im Netz vor dem Hintergrund der Sprachenvielfalt im Gastgeberland und dem afrikanischen Kontinent insgesamt. Dazu wurden auch hochrangige Persönlichkeiten aus dem WSIS-Kontext wie Adama Samassekou geladen, der den Vorsitz über die Vorbereitungskonferenzen im ersten WSIS-Prozess hatte. Entsprechend der Kritik, vor allem der US-Regierung, an nicht aktualisierten Whois-Angaben, publizierte ICANN fristgerecht einen Bericht (PDF) zum Status des Problems und Gegenmaßnahmen.

Die Besetzung des seit langem ausgeschriebenen Postens eines Ombudsmannes soll einen weiteren Mechanismus von Checks und Balances im ICANN-Gebäude sichern. "Wir wollen so viel wie möglich Mechanismen einbauen, die dafür sorgen, dass niemand unfair behandelt wird", sagte Cerf. Neben dem Ombudsmann gibt es als weiteren Mechanismus ein Reconsideration Committee, das Beschwerden gegen Vorstandsentscheidungen prüft. Aufgabe des frisch gebackenen Ombudsmannes, des Kanadiers Frank Fowlie, der sozusagen promovierter "Konfliktmanager" (PDF) ist, ist es, Beschwerden über die Arbeit des ICANN-Büros zu untersuchen und an den ehrenamtlichen Vorstand zu berichten. (Monika Ermert) / (anw)