IDF: Nvidias GeForce 3 stiehlt Intel die Show

Was der Apple-Welt recht ist, ist auch der x86-Sphäre teuer: Nvidia präsentierte auf dem IDF den neuen 3D-Grafikchip GeForce 3 für Intel-Rechner.

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Von
  • Manfred Bertuch
  • Andreas Stiller

GeForce3

Was der Apple-Welt recht ist, ist – allerdings ein paar Tage später – auch der x86-Sphäre teuer: Nvidias neuer Grafik-Chip GeForce3. Am Vorabend des IDF stellte Nvidia in San Jose den gigantischen 57-Millionen-Transistor-Chip vor. Damit überrundet der Grafik-Chip an Komplexität die Desktop-Mikroprozessoren: Der GeForce3 hat so viele Transistoren wie Pentium 4 und Pentium III (Katmai) zusammen. Der technisch anspruchsvolle Grafikchip für PC und Macintosh soll im Wesentlichen auch in Microsofts Spielekonsole Xbox für die 3D-Pracht sorgen. Die Eckdaten der Version für Desktop-Rechner sind 200 MHz Chiptakt sowie vier Pipelines mit jeweils zwei Textur-Engines. Jede Pipeline kann mittels einmaligem Loop-back bis zu vier Texturen in einem Durchgang verarbeiten. Gefertigt wird der Baustein bei TSMC in Taiwan in einem 0,15-µm-Prozess. Allerdings kann der neue Chip seine Vorteile erst mit DirectX 8 und entsprechender Software ausspielen, die im Stande ist, die neuen Hardwaremöglichkeiten auch zu nutzen. Dann aber bringt er beeindruckende Animationen in Echtzeit zu Stande, Animationen, die bislang viel Rechenzeit auf größeren Renderfarmen erforderten.

Für Spieleprogrammierer besonders interessant ist die programmierbare Geometrieeinheit. Es lassen sich zahlreiche Effekte und Verfahren in Form von kleinen Programmen (Vertex Shader) für die Behandlung von 3D-Daten und die Beleuchtung in den GeForce 3 laden (nfinitFX Architecture). In der Praxis können Vertex Shader etwa einen Gesichtsausdruck von einer Form in eine andere überführen (Keyframe Interpolation). Bei Partikelsystemen (Wasserfontänen, Feuerwerk usw.) berechnen sie die Flugbahn, Lebensdauer und Helligkeit der Partikel. Andere Anwendungen sind realistische Verformungen von Haut und Kleidung (Matrix Skinning), Haare und Fell sowie flatternde Fahnen (Procedural Deformation) und spezielle Linseneffekte (Fischauge). Vertex Shader lassen sich jederzeit in den Grafikchip laden, um die Effekte innerhalb eines Spiels auszutauschen. Nvidia hat auch einen Vorschlag für Vertex Shader in OpenGL-Spielen gemacht.

Neu ist auch die Fähigkeit, polynominale Oberflächen (Kugeln, Zylinder und komplex gekrümmte Flächen) in Form von wenigen Kontrollpunkten an den GeForce3 zu übergeben. Es lassen sich so etwa organische Formen und ausgedehnte Bodenformationen aus tausenden von Polygonen erzeugen, ohne den AGP-Bus mit riesigen Datenmengen zu blockieren.

Da die Speichergeschwindigkeit nach wie vor nur knapp ausreicht, hat Nvidia außerdem einige Maßnahmen ergriffen, um den Speicher effektiver zu nutzen. Im Wesentlichen sind dies die verlustlose Kompression von Tiefeninformationen um den Faktor vier sowie ein Verfahren, um später verdeckte Pixel erst gar nicht zu berechnen. Bei Letzterem handelt es sich vermutlich um einen vorgezogenen Z-Test, der zwar Texturzugriffe einspart, aber darauf angewiesen ist, dass Objekte von vorne nach hinten sortiert an den Chip übergeben werden. ATI hat beim Radeon ähnliche Verfahren angewandt (Hyper-Z). Zusätzlich können Anwendungen vom Chip überprüfen lassen, ob ein bestimmtes Objekt beziehungsweise seine Umgebungsbox überhaupt sichtbar ist. Stellt sich dabei heraus, dass eine Figur vollständig hinter einer Wand verborgen ist, braucht diese erst gar nicht an den Grafichip übergeben zu werden.

Verbessert wurde ferner das Fullscene-Antialiasing zur Unterdrückung von Treppeneffekten an schrägen Kanten. Der GeForce3 verwendet Multisampling (Quincunx AA), das im Gegensatz zum Supersampling des GeForce2 mit weniger Speicherzugriffen auskommt, da es zwar die Polygone in höherer Auflösung berechnet, nicht aber die Texturen. Nvidia behauptet, dass der Leistungseinbruch selbst bei vierfachem Antialiasing nicht mehr als 40 Prozent beträgt. In Quake3 sollen so bei maximaler Textur-Einstellung in einer Auflösung von 1024×768 mit 32 Bit Farbtiefe 71 Bilder/s bei zweifachem Antialiasing möglich sein. Der Vorgänger GeForce2 Ultra liegt hier lediglich bei 34 Bilder/s. Der Quake-Programmierer John Carmack hat bereits aus seiner Sicht einige Vor- und Nachteile der GeForce3-Architektur beschrieben.

Elsa setzt den GeForce3 auf der Gladiac 920 ein. Sie soll in ersten Stückzahlen bereits Mitte März für knapp 1.300 Mark erhältlich sein und ist mit 64 MByte DDR-SDRAM-Speicher (3,8 ns) bestückt, der mit 230 MHz getaktet wird. Kurz vor der GeForce3-Präsentation hat Nvidia auch spezielle Mobile-Ausführungen des GeForce2-Prozessors vorgestellt: GeForce2 Go 100 und Go 200. Diese zeichnen sich durch 45 Prozent kleinere Gehäuse und erheblich geringeren Stromverbrauch aus, der beim Go 100 bei nur 0,5 Watt liegen soll. (Manfred Bertuch, Andreas Stiller) / (jk)