IETF-Treffen kappt zeitweise alle IPv4-Verbindungen

Auf dem IETF-Treffen in Philadelphia kappten die Teilnehmer die klassischen IPv4-Verbindungen nach außen und wollten testen, ob mit IPv6 das Internet weitgehend dunkel bleibt.

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Von
  • Monika Ermert

Für eine knappe Stunde kappten die Organisatoren des 71. IETF-Treffens in Philadelphia am gestrigen Mittwochabend alle Verbindungen zur IPv4-Welt. Wer Daten verschicken, erhalten oder andere Anwendungen nutzen wollte, dem blieb dafür nur ein reines IPv6-Netz. "Das Internet wird dunkel", hatte der Vorsitzende der IETF Russ Housley das Experiment lange vor dem Treffen angekündigt, aber wie dunkel wird es wirklich?

IPv6-Verbindungen auf dem IETF-Treffen

Um den Draht zur Welt doch noch ein bisschen offenzuhalten, wurde die reine IPv6-Zone vorsichtige auf den Saal beschränkt, in dem gleichzeitig die Sitzung lief; und auch dort sorgte man nach drei Viertel der Zeit mit einer 6to4-Brücke dafür, dass niemand zu lange abgeschnitten war. Rund fünf Dutzend IETF-Teilnehmer hatten ihre Laptops und Systeme zu Hause auf den Test vorbereitet, etwas weniger gaben an, ohnehin schon voll auf IPv6 eingestellt zu sein, und eine Reihe von Entwicklern hatte ihren Rechner vor Ort noch schnell fit gemacht. Selbst für wenig IPv6-freundliche Betriebssysteme wie Windows XP wurden vorab Tipps für die IPv6-Unterstützung geliefert.

Wer es in das IPv6-Netz geschafft hatte, konnte testen, welche seiner Anwendungen – mit und ohne zusätzliches Update – IPv6-fähig sind und welche Domains über IPv6 erreichbar waren. Die Liste ist allerdings nicht wirklich lang, sodass für Unerfahrene der Spaß mit IPv6 auch nicht lange dauerte. Kritisiert wurde, dass etwa die Webseiten von IPv6-Arbeitsgruppen nicht ausreichend IPv6-fähig sind. Teilweise meldeten die Tester aber auch erfreuliche Überraschungen, etwa die IPv6-Tauglichkeit einzelner Jabber-Clients. Genaue Auswertungen will die IETF in den kommenden Tagen veröffentlichen, unter anderem auf dem dafür eigens eingerichteten Wiki.

"IPv6 ist keine Wissenschaft und durchaus machbar", sagte Lorenzo Colitti, der in den Tagen vor dem IETF-Treffen fieberhaft an der IPv6-Seite von Google gearbeitet hatte. Wie die genauen Pläne bei Google aussehen, dazu schwieg sich Colitti allerdings aus. Es könne noch dauern, bis man für die Hauptseite der Suchmaschine so weit sei. Das IPv6-Netz sei noch ziemlich kaputt, meinte Colitti nach dem IETF-Test. "Es gibt einfach praktisch niemanden, der wirklich produktive Services dafür hat." Zwar gebe es Hard- und Software, aber beim Einsatz finde man hier und da Fehler. Auch an den Interconnection-Punkten im Netz hapere es noch mit IPv6.

Insgesamt belegt der Test vor allem eines: Um IPv6 tatsächlich für den normalen Nutzer in Betrieb zu nehmen, ist noch viel Arbeit von Entwicklern, Administratoren und den Anbietern von Hardware, Software oder Konnektivität notwendig. Angesichts der raschen Vergabe der letzten IPv4-Blöcke bekommen manche Experten langsam kalte Füße, sagen Beobachter.

Siehe dazu auch:

Zur 71. IETF-Tagung siehe auch:

(Monika Ermert) / (vbr)