IT-Branchenverband fordert Innovationsminister

Der Bitkom mischt sich mit Forderungen unter anderem nach einem Innovations-Staatsminister im Kanzleramt, mehr Einfluss des Bundes auf die Bildungspolitik und mehr technischer Ausbildung für Schüler in den beginnenden Wahlkampf ein.

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Von
  • Jürgen Kuri

Noch hat Bundespräsident Horst Köhler gar nicht entschieden, ob er nach der verlorenen Vertrauensfrage den Bundestag auflöst -- und noch ist unklar, ob das Bundesverfassungsgericht bei eventuellen Klagen gegen das Erreichen von Neuwahlen durch ein gewollt herbeigeführtes Verlieren der Vertrauensfrage das Vorhaben nicht gleich ganz kippt. Trotz all der Unwägbarkeiten aber ist der Wahlkampf 2005 schon voll entbrannt, und auch die Wirtschaftsverbände mischen sich bereits ein -- da darf der IT-Lobbyverband Bitkom natürlich nicht zurückstehen. Ein Innovationsminister soll es sein, so zumindest die Forderung des Branchenverbands für die Zeit nach einer möglichen Bundestagswahl im Herbst.

"Wir brauchen eine Ressort übergreifende Innovationspolitik und jemanden, der sie verantwortet -- direkt im Kanzleramt", sagte der Präsident des Branchenverbands Bitkom, Willi Berchtold, am heutigen Dienstag in Berlin. "Um das deutsche Arbeitsplatzproblem zu lösen, müssen wir wieder die Quellen des Wachstums in den Blick nehmen", meinte Berchtold und lehnte sich mit Prognosen recht weit aus dem Fenster: In den kommenden zehn Jahren könnten bis zu 370.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Derzeit arbeiten laut Bitkom in der Branche 750.000 Menschen, die einen Umsatz von 135 Milliarden Euro erwirtschaften.

Immerhin fordert der vor kurzem in seinem Amt bestätigte Bitkom-Präsident kein völlig neues eigenständiges Ressort. Aber mit einem Staatsminister im Kanzleramt, der für die Innovations- sowie die Politik der Bundesregierung für Informations- und Telekommunkationstechnik zuständig ist, könne es gelingen, die Potenziale der ITK-Branche richtig zu nutzen, meint Berchtold. Grundlage für eine "erfolgreiche Innovationspolitik" ist aus Sicht des Bitkom vor allem die Ausbildung: "Innovation braucht Innovationseliten, und Innovationseliten brauchen frühe Förderung". "Wir haben erfolgreiche Programme für musisch und sportlich Talentierte. Das soll so bleiben, muss aber durch vergleichbare Ansätze für technische Begabungen ergänzt werden." Außerdem sollten naturwissenschaftlich-technische Gymnasien in allen größeren Städten eingerichtet werden, die "spezielle Klassen oder Kurse für besonders begabte Schülerinnen und Schüler" anböten.

Der Bitkom scheut sich aber auch nicht, sich mit den Bundesländern beziehungsweise ihren jeweiligen Landesregierungen anzulegen, die vor kurzem erst die Reform der föderalistischen Struktur der Bundesrepublik unter anderem an Forderungen des Bundes nach mehr Einfluss auf die Hochschulen scheitern ließen. Der Bund müsse insgesamt mehr Kompetenzen in der Bildungspolitik erhalten, fordert der Bitkom nun, stellt aber auch klar, dass aus seiner Sicht die Hochschulen mehr Autonomie bekommen und über die Verwendung von Studiengebühren vollständig selbst entscheiden können sollen. Zudem fordert der Bitkom, die öffentlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung um jährlich fünf Prozent zu steigern. Ein Technologiefonds soll darüber hinaus Kapital für "international orientierte, wachstumsstarke mittelständische Hightech-Unternehmen" liefern und der Staat mit der "Digitalisierung in Verwaltung, Gesundheits- und Bildungssystem sowie bei Sicherheitsbehörden und im Verteidigungswesen" sich als "Leitanwender neuer Technologien" profilieren. (jk)