Moderne Sklaverei: Mann monatelang festgehalten und zu Online-Betrug gezwungen

Ein IT-Spezialist wurde monatelang unter Folter dazu gezwungen, sich als eine reiche Frau aus Singapur auszugeben. Das berichtet das Wall Street Journal.

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Hand tippt auf Tastatur

(Bild: Muhrfotografi/Shutterstock.com)

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Ein IT-Spezialist aus Äthiopien wurde 16 Monate lang von einer kriminellen Organisation in Myanmar zur Cyberkriminalität gezwungen. Das geht aus einem Bericht des Wall Street Journal (WSJ) hervor. Demnach sollte der im Bericht Billy genannte ITler im Auftrag chinesischer Krimineller ahnungslose Opfer ködern, betrügerische Online-Investitionen zu tätigen.

Rekrutiert wurde Billy demnach in Thailand, in der Hoffnung auf einen gutbezahlten Job. Stattdessen sei er in ein Verbrecherlager im KK Park in Myanmar verschleppt worden, der unter anderem aus Bürogebäuden, Fabriken und Hotels und als Zentrum für Online-Scams gilt. Billy ist ein Beispiel für tausende Menschen mit ähnlichem Schicksal.

Im KK Park musste Billy laut WSJ eine gefakte Online-Identität annehmen und nach Anleitung Männer aus dem Nahen Osten und Südasien um ihr Geld bringen. Ein Mann sei "besessen" von "Alicia" gewesen, der vermeintlich reichen Frau aus Singapur, für die Billy sich ausgab. Als Billy irgendwann nicht mehr antwortete, habe der Mann ihm ein Video geschickt, in welchem er sich Säure ins Gesicht schüttete. Gegenüber dem Wall Street Journal sagte Billy, er fühlte sich wie gefangen in einer gruseligen Episode von Black Mirror.

Als er sich weigerte, Menschen weiter zu betrügen, wurde Billy tagelang gefoltert und beispielsweise an seinen Handgelenken vor den anderen aus dem Lager aufgehängt. Das sollte der Abschreckung dienen. Hunderte weitere Opfer erlitten ein ähnliches Schicksal, berichten Hilfsorganisationen. Sie sprechen von "erzwungener Kriminalität" in einem industriellen Ausmaß. Es soll nicht nur einen, sondern mehrere KK Parks geben, zitiert das WSJ die Gründer der Non-Profit-Organisation "Global Advance Projects". Diese kümmert sich unter anderem um Opfer von Menschenhandel und will den Machenschaften mit Aufklärung entgegenwirken.

Nachdem seine Familie das Lösegeld bezahlt hatte, sei Billy freigelassen worden. Er lebt jedoch in einer kleinen Wohnung, da er aus Scham nicht zu seiner Familie zurückkehren möchte, die dem Bericht zufolge für seine Freilassung das Haus verkaufen musste. Es sei auch schwierig, Arbeit zu finden, da er nicht erklären könne, was er im vergangenen Jahr gemacht habe.

Vor rund einem Jahr hatte die UN vor kriminellen Banden gewarnt, die Hunderttausende in Südostasien zu verschiedenen Arten von Internetbetrug zwingen. Allein in Myanmar und Kambodscha seien schätzungsweise mehr als 100.000 betroffen. Die Opfer erleiden Folter, grausame und unmenschliche Erniedrigung, willkürliche Inhaftierung, sexuelle Gewalt und Zwangsarbeit.

Im Zuge der Coronakrise und den damit einhergehenden Maßnahmen hatte sich das Problem verschärft, da viele Menschen zu Hause eingeschlossen waren und kriminelle Banden ihre Einnahmequellen verloren hatten. Daher hatte der UN-Bericht betroffene Staaten dazu aufgefordert, den Schutz der Menschenrechte und den Rechtsstaat zu stärken und Korruption zu bekämpfen.

(mack)