IT-Großprojekte: Pleiten, Pech und Pannen

E-Voting ein Schreckensszenario, LKW-Maut ein Desaster, Hartz-IV-Software absturzgefährdet, digitaler Polizeifunk ein Trümmerfeld - woran liegt es, dass staatliche IT-Großprojekte Steuermilliarden verschlingen, aber dann oft im Chaos enden?

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Von
  • Michael Kurzidim

Schreckgespenst E-Voting: Schon die US-Präsidentschaftswahlen im Jahr 2000 waren ein Debakel. Bürgerrechtler und Wissenschaftler fürchten, dass die überstürzt eingeführten elektronischen Wahlsysteme alles noch verschlimmern. Welche Gefahren dies im einzelnen sind, berichtet c't in der aktuellen Ausgabe 23/04.

Paradebeispiel LKW-Maut: Verkehrsminister Manfred Stolpe gibt sich zuversichtlich, zum Jahresbeginn 2005 sollen die Brummis mit satellitenunterstützer Mauterfassung über Deutschlands Straßen rollen. Experten des Bundesverbandes Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) befürchten dagegen, dass der Zeitrahmen schon wieder zu knapp bemessen ist. Es sei illusorisch, die benötigten 500.000 On-Board-Units bis zum Jahreswechsel einzubauen, meint Georg Stecker, Berliner Bürochef der Speditionslobby. Die nächste Panne scheint sich anzubahnen, und den Steuerzahler kostet das Maut-Disaster 3,4 Milliarden Euro jährlich, die dann durch Einsparungen oder Beitragserhöhungen ausgeglichen werden müssen.

Tatort Hartz-IV-Software: 40.000 Verwaltungsleute sollen übers Web auf eine Informix-Datenbank zugreifen und dort die Datensätze von über 3,2 Millionen Langzeitarbeitslosen pflegen. Der Pilottest Mitte Oktober in Berlin hinterließ bei vielen Beteiligten jedoch ein flaues Gefühl in der Magengegend. Die Software strotze vor Fehlern, empörte sich eine Berliner Sozialamtsmitarbeiterin, und in der Not helfe das nur 26 Seiten starke Handbuch kaum weiter. IT-Experten der Berliner Behörden treffen Vorbereitungen, im Notfall die alte Prosoz-Amtssoftware wieder zu installieren.

Am Schlamassel bei Toll Collect und der Hartz-IV-Software A2LL lassen sich gleich mehrere Ursachen für das Scheitern von IT-Großprojekten ablesen, analysiert Stefan Krempl in der aktuellen c't. Zwei der Gründe: Die Komplexität der Projekte werde unterschätzt, von Ehrgeiz getriebene Überdimensionierung treffe auf ein Verantwortungsvakuum. Nicht umsonst heißen von der öffentlichen Hand vergebene Großprojekte in der Wirtschaft "dummes Geld". Wer trägt die Schuld daran und haben Hartz IV, Gesundheitskarte und LKW-Maut noch eine Chance?

Den Report über die IT-Großprojekte und ihr Scheitern bringt c't in der kommenden Ausgabe (ab Montag, den 1. November, im Handel):

  • E-Voting in den USA, c't 23/04, S. 100
  • Das Casino-Prinzip, Warum IT-Großprojekte scheitern, c't 23/04, S. 218
  • Was Softwaretechnik leisten kann - und was nicht, c't 23/04, S. 224