IT-Modernisierung in der Bundeswehr immer noch umstritten

Eine Umfrage unter Bundeswehr-Angehörigen zum Modernisierungsprojekt "Herkules" zeigt heterogene Interessen, bürokratische Hemmnisse und Vorbehalte auf.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Das IT-Modernisierungsprojekt der Bundeswehr "Herkules" ist innerhalb der Bundeswehr immer noch umstritten. Dies geht aus einem jetzt veröffentlichten Forschungsbericht zur Nutzerzufriedenheit (PDF-Datei) hervor. Über 30.000 Nutzer hatten 2009 an einer entsprechenden Umfrage teilgenommen. Darunter befanden sich 7000 Nutzer, die bereits mit modernisierten Systemen arbeiten. Erste Ergebnisse waren bereits Ende April bekannt geworden. Demnach hatten 70 Prozent aller Nutzer des teilmodernisierten Systems angegeben, ihre Aufgaben erfüllen zu können. Nur ein Viertel hatte eine verschlechterte Situation beklagt.

Das Modernisierungsprojekt habe in puncto "Ergebnisqualität" von den Bundeswehrangehörigen "positive Noten" erhalten, heißt es in dem Bericht. "Defizite" gebe es bei der Struktur- und Prozessqualität, zum Beispiel gab es Probleme bei der Organisation des Rollouts. Das Projektziel, über Standardisierung und zentralisierte Bewirtschaftung effizienter zu werden, stehe den speziellen Anforderungen der "sehr heterogenen" Dienststellen gegenüber. Der weitere Erfolg des Projekts hänge davon ab, ob die Verantwortlichen den Spagat "nachhaltig" bewältigen können.

Umfangreiche Teilprojekte wie etwa die des modernisierten Fuhrparkwesens litten laut Forschungsbericht an der "schieren Komplexität der Großorganisation Bundeswehr" sowie an projektspezifischen "bürokratischen Hemmnissen". Das eher positive Bild, das die Nutzer von den Leistungen des IT-Projekts Herkules haben, werde aber von ordnungspolitischen Vorbehalten der Bundeswehrangehörigen gegenüber den privaten Industriepartnern geprägt.

Herkules wird in einer öffentlich-privaten Partnerschaft der Bundeswehr mit der Kooperationsgesellschaft BWI-IT umgesetzt. An ihr sind der Elektrokonzern Siemens mit 50,05 Prozent, der IT-Konzern IBM mit 0,05 Prozent sowie die Bundeswehr zu 49,9 Prozent beteiligt. Viele der Befragten sehen "keinen echten Mehrwert" in der Kooperation mit dem privaten Sektor. Das zeige, dass Bundeswehrangehörige Privatisierungen oder Öffentlich-Private-Partnerschaften grundsätzlich "eher mit Skepsis gegenübertreten". Dies hätten auch bereits frühere Untersuchungen gezeigt.

Der Haushalts- und der Verteidigungsausschuss des Bundestags werden bald über den Bundeswehretat beraten. Kalkuliert wurde Herkules Ende 2006 mit einem Volumen von 7,1 Milliarden Euro. Die Betreibergesellschaft BW-IT verhandelt mit dem Verteidigungsministerium über 635 Millionen Euro Mehrleistungen, die sich beim Ausbau des LAN sowie vom Vertrag nicht abgedeckten Zusatzleistungen ergaben.

Angesichts der geplanten Einsparungen im Bundeswehretat ist es im Moment unwahrscheinlich, dass das Ministerium den Wünschen weit entgegenkommen wird. Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat sich nämlich zu Beginn der Haushaltsdebatte zu einer freiwilligen Einsparung um 4 Milliarden Euro verpflichtet. Inzwischen ist allerdings nur noch von einer Einsparung von 2 Milliarden Euro die Rede, da es keine Verteidigungspolitik "nach Kassenlage" geben dürfe, sagte Guttenberg. (anw)