IT-Prominenz und Startups bei der "Disrupt Europe"

Erstmals bringt das US-Blog TechCrunch seine IT-Business-Konferenz "Disrupt" nach Europa und holt Marc Samwer, Marco Börries und Tim Armstrong in Berlin auf die Bühne.

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Von
  • Herbert Braun

Unter dem Namen "TechCrunch Disrupt organisiert" das einflussreiche Technikblog TechCrunch seit einigen Jahren in den USA eine Konferenz mit Größen der Online-Wirtschaft, flankiert durch ein Startup-Schaulaufen. In Europa gastiert sie am Montag und Dienstag zum ersten Mal – und zwar in der Arena in Berlin-Treptow.

Zum ersten mal in Berlin: Techcrunch Disrupt in der Arena in Treptow.

(Bild: heise online/Herbert Braun)

Zum Auftakt der "Disrupt Europe" fuhren die Veranstalter gleich zwei der erfolgreichsten deutschen IT-Unternehmer auf. Marc, der älteste der drei Samwer-Brüder, verteidigte sich in einem seiner seltenen Interviews gegen den oft gehörten Vorwurf, der Erfolg der Brüder beruhe auf Klonen von US-Angebote wie eBay, Groupon, AirBnB oder Pinterest: Erfolgreiche Ideen seien fast nie wirklich neu, und man halte sich die Anpassung an lokale Märkte und Weiterentwicklung zugute. Auch Kritik an aggressivem Marktverhalten wies er zurück: Man sei eben schneller als alteingesessene Unternehmen wie etwa die Deutsche Telekom.

In den von ihrem Inkubator Rocket Internet aufgepäppelten Firmen hätten die Samwer-Brüder an die 50.000 Arbeitsplätze geschaffen und "mehr Millionäre als irgendjemand sonst in der Online-Sphäre" hervorgebracht. Viele davon arbeiteten in den wachsenden Märkten Südostasiens, des Nahen Ostens oder Afrikas – "Geht noch heute dorthin", riet Samwer Unternehmern.

Das globale Geschäftsmodell lobte Samwer auch an dem Rabattportal Groupon, an dem die Brüder einen zehnprozentigen Anteil halten. Nach Fehlern der Geschäftsleitung sei das Unternehmen zwischenzeitlich unterbewertet gewesen. Flaggschiff des Samwer-Imperiums ist jedoch eindeutig der in 16 Ländern aktive Modehändler Zalando, das er ein "Rollenmodell" für E-Commerce-Unternehmen nannte.

Ein Erfolgsgeheimnis des Familienunternehmens sah Samwer in den blinden Vertrauen der drei Brüder zueinander und in dem unbedingten Wunsch, am Ende zu einer Einigung zu kommen – allen Auseinandersetzungen zum Trotz. Für die Förderung von Startups wünschte er sich mehr Mittel durch die Bundesregierung, denn dies könne sich auf Dauer lohnen. Auch er selbst könne sich eines Tages einen Wechsel in die Politik vorstellen.

"NumberFour" sagt bisher kaum jemandem etwas, wohl aber dessen Gründer: Marco Börries, der nach StarDivision, Star Finanz und dem von Yahoo übernommenen VerdiSoft unter diesem Arbeitstitel seinen vierten Versuch gestartet hat. Bereits vier Jahre und 38 Millionen US-Dollar Venture-Kapital stecken in der Firma, die Kleinunternehmen mit einem umfassenden Dienstleistungspaket helfen will.

Der Wahl-Berliner Börries schätzt die Wachstumschancen der Berliner Startup-Szene positiv ein, machte aber Abstriche: Der im Vergleich zu den USA kleinere Markt reduziere die Erfolgsaussichten, und die Fixierung auf E-Commerce hält er angesichts von Marktgiganten wie Amazon und eBay für wenig zukunftsträchtig. Doch wie das Silicon Valley sei Berlin ein Ort, der kluge Leute anziehe und deshalb auch große Online-Erfolgsunternehmen hervorbringen könne.

Auch außer Samwer und Börries enthält die Gästeliste der Veranstaltung viele bekannte Namen, darunter Tim Armstrong, Chef der TechCrunch-Mutterfirma AOL, den geschassten TechCrunch-Gründer Michael Arrington und zahlreiche Gründer bekannter Online-Unternehmen. Dennoch kam das Format nicht bei jedem gut an – so wünschte sich mancher auf Twitter, mehr über Produkte und Technik zu hören und weniger über Finanzierungsrunden und Bewertungen.

Der eigentlichen Disrupt Europe war am Wochenende ein "Hackathon" vorausgegangen, bei dem Entwickler innerhalb von 24 Stunden eine möglichst faszinierende Anwendung bauen sollten. Am Dienstag Abend entscheidet sich der "Startup Battlefield", bei dem neu gegründete IT-Unternehmen einen Preisfonds von 40.000 US-Dollar abräumen können. (vbr)