Immer mehr Atomtransporte

Die Zahl der Atomtransporte durch die Bundesländer Bremen und Hamburg steigt kontinuierlich an

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Im Schnitt wird drei Mal pro Woche radioaktives Material durch das Bremer Gebiet transportiert oder in den bremischen Häfen umgeschlagen, in Hamburg sogar täglich. Das ergaben aktuelle Anfragen der jeweiligen Bürgerschaftsfraktionen der Linkspartei, die diese in Zusammenarbeit mit der Messstelle Arbeits- und Umweltschutz (MAUS) Bremen an den Bremer und Hamburger Senat stellten. Die Linksfraktionen, MAUS und Anti-AKW-Gruppen fordern den sofortigen Stopp der Atomtransporte.

Radioaktive Materialien werden über die Weltmeere geschippert, in Häfen umgeschlagen, und per Bahn oder LKW kreuz und quer durch die Lande kutschiert ( Hamburg – internationale Drehscheibe im Atomgeschäft). Innerhalb der BRD wird grundsätzlich unterschieden nach Transporten, die vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) genehmigt werden müssen, und solchen, die nicht BfS-genehmigungspflichtig sind.

Genehmigungspflichtig sind radioaktiv spaltbare Stoffe, die u. a. zur Herstellung von Brennstäben für Atomkraftwerke erforderlich sind, z. B. angereichertes Uranhexafluorid (UF6). Nicht-genehmigungspflichtig sind nicht-spaltbare Stoffe, z. B. Abfälle aus der Nuklearmedizin oder nicht-angereichertes oder abgereichertes UF6. Die medizinischen Abfälle stellen ein relativ geringes Gefährdungspotential für die Bevölkerung bei den Transporten dar, während hingegen das nicht-angereicherte oder abgereicherte UF6 zwar radioaktiv niedrig dosiert, aber dennoch hoch toxisch ist.

Im Oktober 2009 bestätigte der Bremer Senat der Fraktion DIE LINKE 326 BfS-genehmigungspflichtige und 422 nicht-BfS-genehmigungspflichtige Transporte zwischen 2004 und 2006. Umgerechnet ergeben sich daraus durchschnittlich ca. drei Atomtransporte pro Woche über Bremen und oder Bremerhaven.

Im Februar 2010 beschloss die Bremer Bürgerschaft, "unnötige Atomtransporte" zu reduzieren. Trotz dessen stieg die Zahl derer kontinuierlich an. Das ergab die Antwort des Senats auf eine aktuelle Anfrage der Fraktion. Demnach fanden 22 genehmigungspflichtige Transporte über Bremisches Hoheitsgebiet im Jahre 2006 statt, ein Jahr später 60, 2008 dann 90, im vorigen Jahr 91, und in diesem Jahr bis August bereits 85.

Die Hamburger Linksfraktion ruft vierteljährlich die aktuellen Zahlen ab, da die Daten über die nicht genehmigungspflichtigen Transporte nur drei Monate lang gespeichert werden. Die Antworten des Senats auf die Anfragen der Fraktion ergeben, dass die genehmigungspflichtigen Transporte von 36 im Jahre 2005 auf 136 im vergangenen Jahr gestiegen sind. Zudem fanden 100 nicht-genehmigungspflichtige Transporte in dem Zeitraum von August 2009 bis August 2010 statt. Passiert nicht-spaltbares radioaktives Material das Hamburger Stadtgebiet lediglich, z. B. über die Autobahnen oder auf der Schiene, wird es überhaupt nicht erfasst. Nach Angaben der Fraktion ist davon auszugehen, dass die Transit-Transporte dieselbe Größenordnung haben wie die der nicht-genehmigungspflichtigen Materialien. Daraus ergibt sich schätzungsweise im Schnitt ein Atomtransport pro Tag durch Hamburg, allerdings inklusive des gering gefährdenden medizinischen Abfalls.

Die Hamburger Bürgerschaft hatte auf Antrag der Regierungsparteien CDU und Grün-Alternative-Liste (GAL) im März dieses Jahres beschlossen, "die Gefahren, die von diesen Transporten ausgehen, sehr ernst" zu nehmen, "und verstärkte Kontrollen der Transporte von radioaktiven Stoffen, insbesondere Uranhexafluorid, durchzuführen" und "zu prüfen, inwieweit Verbesserungen des Gefahrengüterkontrollkonzepts möglich sind und dabei auch eine generelle Kontrolle von genehmigungspflichtigen radioaktiven Transporten mit einzubeziehen". Die Bürgerschaft sollte bis zum 30.10.2010 über den Stand dieser Bemühungen unterrichtet werden. Bis jetzt stehen diese Informationen allerdings noch aus.