Industriespionage und Produktpiraterie kosten Firmen Milliarden
Industriespione und Produktpiraten machen deutschen Firmen zunehmend das Leben schwer. Doch Gefahr lauert auch in den eigenen Reihen â Verrat ist ein Riesenproblem in vielen Unternehmen.
Deutsche Firmen verlieren durch Industriespionage und ProduktfĂ€lschungen jedes Jahr viele Milliarden Euro. Doch nicht nur Hacker-Angriffe aus dem Internet oder nachgebaute Waren aus China machen den Unternehmen das Leben schwer: Nach wie vor sitzen VerrĂ€ter von Firmengeheimnissen hĂ€ufig in den eigenen Reihen â und auch in Deutschland werden zunehmend Produkte gefĂ€lscht, wie zwei am Montag veröffentlichte Studien zeigen. Doch ob der Diebstahl von PlĂ€nen fĂŒr neue Maschinen oder nachgebaute Anlagen: Der Schaden fĂŒr die Unternehmen ist enorm und das Problem wĂ€chst stetig.
Allein die SchĂ€den durch Hacker-Angriffe oder Geheimnisverrat summieren sich laut einer Studie [1] (PDF-Datei) der MĂŒnchner Sicherheitsberatung Corporate Trust auf 4,2 Milliarden Euro. Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA [2]) geht davon aus, dass der Branche durch Produktpiraten 2011 Umsatz in Höhe von fast 8 Milliarden Euro durch die Lappen ging â gut ein Viertel mehr als 2010. "Umgekehrt könnte man bei dieser Schadenshöhe auch von 37.000 ArbeitsplĂ€tzen sprechen", sagte VDMA-HauptgeschĂ€ftsfĂŒhrer Hannes Hesse am Montag auf der Hannover Messe. "China wird mit Abstand am hĂ€ufigsten genannt."
Allerdings nehme die Zahl der FÀlschungen aus dem Reich der Mitte nach einer Umfrage des Verbands unter rund 400 Mitgliedsunternehmen inzwischen ab. "Dagegen nehmen die Plagiate aus Deutschland zu." Die Bundesrepublik werde als Quelle von Nachbauten bereits am zweithÀufigsten genannt. Insgesamt hÀtten mehr als zwei Drittel der Maschinen- und Anlagenbauer mit FÀlschungen zu kÀmpfen, sagte Hesse. Doch nicht nur Raubkopien machen Probleme, auch der Diebstahl von Daten und Geheimnissen wÀchst dank der Möglichkeiten des Internets.
Die Industriespionage via Netz sei fĂŒr viele deutsche Firmen zunehmend ein teures Problem; der Trend zu Smartphones oder Tablet-Rechner schaffe zudem neue Einfallstore fĂŒr Datendiebe, heiĂt es in einer Umfrage von Corporate Trust bei fast 600 Firmen. Gerade auf Dienstreisen seien viele Mitarbeiter zu sorglos unterwegs. Nur jedes sechste Unternehmen statte seine Angestellten dafĂŒr etwa mit Technik zur VerschlĂŒsselung von Daten aus. Insgesamt habe mehr als die HĂ€lfte der Firmen bereits Erfahrungen mit Hacker-Angriffen oder Geheimnisverrat gemacht.
Den Schaden schĂ€tzen die Autoren der Untersuchung auf rund 4,2 Milliarden Euro pro Jahr. Vor allem der Mittelstand leide unter den kriminellen Machenschaften. Eine vergleichbare Studie hatte es zuletzt 2007 gegeben. "Es ist erschreckend festzustellen, wie die Industriespionage in den vergangenen Jahren explodiert ist", teilte Corporate-Trust-Chef Christian Schaaf mit. FĂŒr Firmen keine leichte Aufgabe: "Zu wenig Sicherheit ist fahrlĂ€ssig, zu viel Sicherheit ist unwirtschaftlich", sagte Schaaf und warnt vor Panik.
Ein weiteres Problem sei, dass die Firmen sich nicht energisch genug zur Wehr setzten. "Die vorliegende Studie bestĂ€tigt leider auch die Erfahrung der Verfassungsschutzbehörden, dass Unternehmen sich bei Spionageverdacht noch zu selten an die Sicherheitsbehörden wenden", schreibt der VizeprĂ€sident des Bundesamtes fĂŒr Verfassungsschutz, Alexander Eisvogel, in der Corporate-Trust-Studie. Nur in jedem fĂŒnften Fall seien die Behörden eingeschaltet worden.
Vor allem im Netz sei die Spionage inzwischen professionell organisiert. Den gröĂten Anteil an der Spionage habe allerdings mit einem Anteil von 47,8 Prozent der Verrat durch eigene Mitarbeiter. In 46,8 Prozent der FĂ€lle wĂŒrden Daten von Firmenfremden gestohlen. Die Umfrage wurde zusammen mit dem TĂV SĂŒd und der IT-Sicherheitsfirma Brainloop erstellt. (anw [3])
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Links in diesem Artikel:
[1] http://docs.dpaq.de/703-120423_-_studie_industriespionage_2012.pdf
[2] http://www.vdma.org
[3] mailto:anw@heise.de
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