Industrieverband fordert klare Grenzen für Öffentlich-Rechtliche im Netz

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) fordert in einem Positionspapier deutliche Grenzen für die öffentlich-rechtlichen Angebote im Internet. Einer "öffentlich-rechtlichen Tageszeitung" im Netz erteilt der Verband eine klare Absage.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 133 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) erhebt im Lobbygeplänkel um die Online-Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Sender seine Stimme. Während die Bundesländer den neuen Rundfunkstaatsvertrag aushandeln, der die Rahmenbedingungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk insbesondere für das Internet definieren soll, spricht sich der BDI in einem Positionspapier (PDF-Datei) für klare Grenzen aus. "Wir fordern eine Begrenzung der Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den neuen Medien", erklärte BDI-Präsident Jürgen Thumann. Der BDI fürchtet eine Wettbewerbsverzerrung zu Lasten privater Anbieter im Netz.

Grundsätzlich bekennt sich der BDI zum dualen Rundfunksystem, heißt es in dem am gestrigen Dienstag veröffentlichten Papier. Allerdings gelten die Gründe für eine öffentliche Finanzierung in Telemedien nach Ansicht des Industrieverbands nur "sehr eingeschränkt". Die Überarbeitung des Rundfunkstaatsvertrags biete nun die Gelegenheit, den öffentlich rechtlichen Rundfunk stärker auf seinen Grundversorgungsauftrag zu konzentrieren. Unbegrenzte Video-on-Demand-Angebote oder gar eine öffentlich-rechtliche Presse im Netz gehörten nicht zu den Kernaufgaben der Sendeanstalten. Im Netz werde die Grundversorgung bereits von einer breiten Vielfalt privatwirtschaftlicher Angebote "mehr als erfüllt".

Angesichts der Vielfalt privater Anbieter seien gebührenfinanzierte Angebote nur eingeschränkt erforderlich, argumentiert der Verband. Etablierte Internetangebote würden durch öffentlich-rechtliche Konkurrenz bedroht; sie könnten für Werbekunden an Attraktivität verlieren, wenn sich Nutzer den öffentlich-rechtlichen Angeboten zuwenden. In der Folge sieht der Verband eine Gefahr für die Pluralität im Netz. Zudem befürchtet der BDI Konsequenzen für die Gebührenzahler.

Konkret fordert der BDI eine Begrenzung der öffentlich-rechtlichen Online-Aktivitäten – insbesondere der Textangebote – auf sendungsbezogene Inhalte sowie eine klare Absage an "öffentlich-rechtliche Tageszeitungen im Internet". Der im Kompromiss mit der EU-Kommission vorgesehene 3-Stufen-Test für die Angebote der Sender soll institutionell unabhängig erfolgen. Klare Grenzen fordert der BDI auch für die Mediatheken der Sender. Nach dem ZDF war jüngst auch die ARD mit ihrer Mediathek in den Testbetrieb gestartet. Inzwischen läuft das Angebot im Regelbetrieb, soll aber weiter überarbeitet werden. An der Zusammenführung der Inhalte aller ARD-Sender wird weiter gearbeitet.

Mit seinen Forderungen liegt der BDI auf einer Linie mit den Verbänden der Zeitschriften- und Zeitungsverleger. Verlagschef Hubert Burda, der gleichzeitig dem Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) vorsteht, bekräftigte im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) die Position der Verlage. Burda plädiert nachdrücklich für eine finanzielle Höchstgrenze bei den Internetaktivitäten von ARD und ZDF und kritisierte die Überlegungen der Ministerpräsidenten, die bisherige Obergrenze von 0,75 Prozent des Gebührenaufkommens aufzuheben.

"Ohne Budgetgrenze könnten sie uferlos investieren und würden nicht einmal Probleme bekommen, wenn sie eine halbe Milliarde Euro versenken", sagte Burda und verwies darauf, dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten bereits jetzt rund 50 Millionen Euro jährlich ins Netz stecken. Die öffentlich-rechtliche Seite werde mit Milliarden an Gebühren "alimentiert" und stoße im Internet auf Verlage, die in immer stärkeren Maße online das Geschäft gestalten müssten, das sie auf Papier betrieben.

Niemand wolle den Spätstartern ARD und ZDF das Recht auf Internetpräsenz streitig machen, sagte Burda. "Nur nicht mit einem gebührenfinanzierten und damit wettbewerbsverzerrenden Angebot, das dem der Verlage entspricht." Burda führt als Beispiel das Angebot der Tagesschau an: "Die Tagesschau als Sendung und als Textversion, die über hundert Seiten umfasst. Das ist elektronische Presse, die Zeitschriften und Zeitungen verdrängt." Hier sei es wichtig, Grenzen zu formulieren. (vbr)