Infineon Austria meldet Durchbruch bei Galliumnitrid-Wafern

Infineon Austria kann Galliumnitrid-Wafer in einer bestehenden, skalierbaren Hochvolumenfertigung herstellen. Als Erster.​

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Eine Person hält in einem Reinraum einen runde, spiegelnde Scheibe.​

Ein Techniker im Reinraum von Infineon Technologies in Villach, Österreich, hält einen 300-mm-Galliumnitrid-Wafer.

(Bild: Infineon Technologies)

Lesezeit: 3 Min.

Infineon Austria ist es gelungen, 300-Millimeter-Galliumnitrid-Wafer auf einer integrierten Pilotlinie in der bestehenden 300-Millimeter-Siliziumproduktion in seiner Fab in Villach in Kärnten herzustellen. Laut Infineon Technologies handelt es sich um die weltweit erste solche Wafer-Technik für Leistungselektronik. Galliumnitrid (GaN) ist (wie Siliziumkarbid) ein sogenannter Wide-Bandgap-Halbleiter mit breitem Abstand zwischen Valenz- und Leitungsband. Das lässt sich etwa für SiC-MOSFETs nutzen, die starke Ströme mit hohen Frequenzen und niedrigen Verlusten schalten – bei Sperrspannungen bis zu 1700 Volt.

Das ermöglicht geringere Größe und Gewicht für Geräte wie Solarwechselrichter, Ladegeräte, Motorsteuerungssysteme oder Stromversorgungen für KI-Systeme. Dank höherer Effizienz sinkt auch der Treibhausgasausstoß. Als Beispiel umgelegt auf Elektroautos bedeutet dies leichtere Akkus, höhere Reichweiten und schnelleres Laden. Galliumnitrid ermöglicht noch höhere Schaltgeschwindigkeiten als Siliziumkarbid (SiC) und soll bei Infineon gleich viel kosten, wenn die Fertigung einmal skaliert ist. Der Hersteller kann bestehende 300-Millimeter-Fertigungsanlagen für Silizium nutzen, da sich Galliumnitrid und Silizium in den Fertigungsprozessen sehr ähnlich sind. Infineon positioniert sich damit als Anbieter von Wafern aus allen drei Materialien: Silizium, Siliziumkarbid und Galliumnitrid.

Letzteres geht auf die Übernahme des kanadischen Unternehmens Gan Systems zurück, das die Technik seit 2008 in Ontario entwickelt hat. Im vergangenen Jahr hat Infineon den kanadischen Halbleiterhersteller Gan System übernommen; der Kaufpreis lag bei 830 Millionen US-Dollar. Diesen August hat Infineon eine neue Fabrik in Kulim in Malaysia eröffnet. Ende 2026 oder Anfang 2027 soll die erste Phase, in die Infineon zwei Milliarden Euro investiert, komplett hochgefahren sein. Ein weiterer Ausbau darüber hinaus ist vorgesehen. Die ersten Produkte sollen aber schon diesen Herbst ausgeliefert werden. Zunächst aus Siliziumkarbid, in der Folge auch aus Galliumnitrid.

In Isolatoren sind die Elektronen fest an die Atome des Kristallgitters gebunden, währen sie sich in metallischen Leitern frei bewegen können. Halbleiter liegen dazwischen (daher der Name): Mit Energie von außen, etwa in Form von Wärme, Licht oder elektrischer Spannung, werden gebundene Elektronen zu freien. Dabei springen sie von einem niedrigen Energieniveau (Valenzband) auf ein höheres (Leitungsband) und es fließt Strom. Bei Silizium ist die Bandlücke mit 1,1 Elektronenvolt (eV) relativ gering.

Das ist für Solarzellen vorteilhaft, weil Licht aus dem sichtbaren Spektrum ausreicht, um Ladungsträger vom Valenz- in das Leitungsband anzuheben. SiC und GaN haben mit 3,2 bis 3,4 eV hingegen eine dreimal so hohe Bandlücke. Für Leistungselektronik ist das von Vorteil, weil Dioden aus diesem Material erst bei sehr viel höherer Spannung durchbrechen, also Strom leiten. Auch die maximale Stromdichte, die das Gerät verträgt, ohne kaputtzugehen, ist aufgrund der großen Bandlücke höher.

(ds)