Informatik: Wissenschaftlicher Nachwuchs wird knapp

Der IT-Fachkräftemangel wirkt sich nach Angaben des Berufsverbandes Gesellschaft für Informatik (GI) dramatisch auf die Hochschulen aus.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 70 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Thomas J. Schult

Der IT-Fachkräftemangel wirkt sich nach Angaben des Berufsverbandes Gesellschaft für Informatik (GI) dramatisch auf die Hochschulen aus. Offene Stellen für den wissenschaftlichen Nachwuchs ließen sich nicht oder nur nach wiederholten Ausschreibungen besetzen. Zudem seien die Mitarbeiter überlastet, was die Qualität von Lehre und Forschung und indirekt die wirtschaftliche Entwicklung des Landes gefährde.

"Alle Wirtschaftszweige hängen unmittelbar von einer schlagkräftigen Informatik ab. Deutschlands Position im internationalen Wettbewerb wird sich massiv verschlechtern, wenn nicht umgehend durchschlagende Maßnahmen ergriffen werden," erklärte GI-Präsident Professor Heinrich C. Mayr. Nach einer Umfrage der Gesellschaft gaben 178 von 200 befragten Hochschullehrern an, dass es seit ein bis zwei Jahren erheblich schwieriger oder unmöglich geworden sei, Stellen an den Hochschulen zu besetzen. Die Attraktivität der akademischen Laufbahn habe stark nachgelassen, sodass Doktorarbeiten häufiger abgebrochen oder Stipendien ausgeschlagen würden.

Mayr nennt als Ursachen für den Nachwuchsmangel die geringen Einstiegsgehälter im Öffentlichen Dienst und die Arbeitsbedingungen an den Hochschulen. Die Lage würde sich durch die steigenden Studentenzahlen noch verschärfen. Selbst studentische Hilfskräfte ließen sich kaum noch einstellen, weil sie bei Firmen ein Mehrfaches des Stundenlohns erzielen könnten. "Wenn Nachwuchsstellen nicht mehr besetzt werden können, verschlechtern sich die Arbeitsbedingungen für die übrigen wissenschaftlichen Mitarbeiter noch mehr, weil sie die Überlast in der Lehre mit weniger Personal bewältigen müssen. Damit verlieren die Stellen an den Hochschulen weiter an Attraktivität." Zudem seien in Deutschland die Chancen, später einmal eine Informatik-Professur oder eine Festanstellung an einer Forschungseinrichtung zu erhalten, ungewöhnlich schlecht. Neben der Industrie würden auch die sehr viel flexibleren Hochschulen in den USA und England die besten Kräfte weglocken.

Nach Ansicht der GI sollte gerade der Ausbildung in der Wirtschaftsinformatik Hilfe zuteil werden, weil dort ein besonderes Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage an Arbeitskräften bestehe. Das mit 100 Millionen Mark ausgestattete Sofortprogramm zur Verbesserung des Informatikstudiums werde allein nicht ausreichen. Insbesondere ließen sich mit 100 Millionen Mark auf fünf Jahre verteilt keinesfalls die Zahl der Professoren um 400 erhöhen, sondern nur um einen Bruchteil davon. Frankreich und die USA würden die Informatikausbildung viel stärker ausbauen als Deutschland. "Es sind schnelle Entscheidungen und unbürokratische Maßnahmen auch auf Länderebene gefordert, um die Situation zu entschärfen," meint Mayr. (ts)