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"Init-Freedom": Devuan GNU+Linux 3.0 Beowulf veröffentlicht

Michael Plura

Devuan GNU+Linux 3.0 "Beowulf" ist ein Debian ohne systemd (hier mit OpenRC). Es bedient sich und lÀuft genauso stabil wie sein klassisches Vorbild.

Devuan GNU+Linux ist ein Fork von Debian GNU/Linux 10 "Buster" ohne das Init-Framwork systemd.

Die Devuan-Entwickler stellen Administratoren und Anwendern bereits seit sechs Jahren eine Variante des beliebten Debian GNU/Linux, jedoch mit freier Auswahl des Init-Systems zur VerfĂŒgung. Devuan GNU+Linux setzt nicht wie Debian auf die Monokultur des systemd-Frameworks von Red Hat, sondern lĂ€sst sich wahlweise mit SysVinit, OpenRC oder runit betreiben.

Auch Alpine Linux, das in den meisten Docker-Containern lĂ€uft, Void-Linux fĂŒr Netzwerk- und IoT-Appliances oder Gentoo, Slackware Linux und alle BSDs setzen statt des systemd-Frameworks schlanke und kleine Init-Systeme ein.

Das aktuelle Devuan 3.0 mit dem Codenamen "Beowulf" basiert auf Debian 10.4 "Buster", lĂ€uft also beispielsweise mit einem Linux-Kernel 4.19. Da Devuan auf Debian basiert, gilt technisch – eben bis auf systemd – alles, was bereits in der c't zu Debian geschrieben wurde [1].

Kleine Unterschiede finden sich beispielsweise bei der Verwaltung von GerĂ€ten ĂŒber udev ("userspace /dev"), das als Teil von systemd in Devuan nicht vorhanden ist. Hier greifen die Devuan-Entwickler auf die GerĂ€teverwaltung von Gentoo zurĂŒck: eudev arbeitet nicht nur mit Gentoos OpenRC, sondern auch mit anderen Init-Systemen zusammen. Der X-Server startet nach Sicherheitsbedenken standardmĂ€ĂŸig ohne root-Rechte – sollte eine Ă€ltere Software dies dennoch benötigen, kann mit dem Paket xserver-org-legacy und auskommentieren von needs_root_rights=yes in der /etc/X11/Xwrapper.config das unsichere Verhalten dennoch aktiviert werden.

Auch systemds logind-Funktion wurde durch das separate Servicemodul elogind und libpam-elogind, ebenfalls aus dem Gentoo-Portfolio, ersetzt. Das ist notwendig um die AbhĂ€ngigkeiten von KDE/Wayland oder des Gnome-Desktops zu bedienen. Bei der Installation lassen sich bereits Xfce, MATE, Cinnamon, KDE und LXQt als Desktop Environments auswĂ€hlen. Gnome und die vielen kleinen und schlanken Window Manager können spĂ€ter ĂŒber die Paketverwaltung installiert werden.

Bei den ISO-Images gibt es reichlich Auswahl. Als Notfall-System oder fĂŒr Anwender mit Sehbehinderung gibt es ein minimales Live-System (460 MByte). Zum Ausprobieren von Devuan eignet sich der Live-Desktop (1,2 GByte). Beide Systeme greifen von sich aus nicht schreibend auf Laufwerke des PCs zu. Der Live-Desktop kann ĂŒber den selbstentwickelten Refracta-Installer auf Festplatte/SSD installiert werden. Der Installer ist teilweise umstĂ€ndlich zu bedienen und bietet noch einigen Raum fĂŒr Verbesserungen. Via netboot stellt das Projekt die Dateien fĂŒr eine via PXE aus dem Netzwerk gestartete Installation zur VerfĂŒgung.

Der Refracta-Installer von Devuan ermöglicht es, das Betriebssystem direkt von einem LiveSystem her zu installieren. Den interessanten Optionen steht eine noch umstĂ€ndliche Bedienung gegenĂŒber.

Der Refracta-Installer von Devuan ermöglicht es, das Betriebssystem direkt von einem LiveSystem her zu installieren. Den interessanten Optionen steht eine noch umstĂ€ndliche Bedienung gegenĂŒber.

Als klassische ISO-Images, die sich auch auf einen USB-Stick schreiben lassen, stehen ein netinstall (300 MByte), ein Desktop (4 GByte) mit KDE und LXQt und vor allem ein Satz von vier Server-Images bereit – dabei beinhaltet das erste Image das Devuan-Betriebssystem, auf den weiteren drei Images befindet sich Xfce/LXDE, MATE/Openbox und Cinnamon. Besondere Server-Dienste können bei der Installation nicht konfiguriert werden, so dass die vier Images eher wie eine auf CDs verteilte Desktop-DVD wirken. Auf allen Images ist im Gegensatz zu Debian die Firmware fĂŒr diverse Hardware enthalten, so dass RAID-Controller oder Netzwerkkarten ohne weiteren Aufwand laufen.

Die Images fĂŒr Singleboard Computer (SBC) wie den Raspberry Pi, wie sie das Devuan-Team fĂŒr das 2.0-ASCII-Release noch anbot, gibt es nicht mehr. Zwar unterstĂŒtzt Devuan neben i386 und amd64 auch arm64, armhf und armel und ab 3.0 Beowulf auch IBMs Power-Prozessoren (ppc64el), in den offiziellen Download-Verzeichnissen fehlen jedoch die ARM-Images. Sie werden ab sofort von der Community erstellt – mehr dazu im offiziellen Thread des Dev1-Galaxy-Forums [2]. Hier lohnt ein Blick direkt auf den Download-Server [3], auf dem auch Binaries fĂŒr andere Architekturen zu finden sind. Einige ARM-Images fĂŒr den Orange Pi One, Rock Pi 4 oder den Raspberry Pi 1 finden sich in den "Trial ARM Images [4]". Hier könnten in Zukunft weitere Images auch fĂŒr den Raspberry Pi 4 auftauchen.

Devuan GNU+Linux 3.0 "Beowulf" steht als OpenSource-Betriebssystem ab sofort auf der Projektseite [5] zum Download bereit.

(kbe [6])


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-4773732

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/tests/Debian-10-mit-Secure-Boot-und-Apparmor-4462999.html
[2] https://dev1galaxy.org/viewtopic.php?id=3351
[3] https://pkgmaster.devuan.org/devuan/dists/beowulf/main/
[4] https://arm-files.devuan.org/
[5] https://devuan.org/
[6] mailto:kbe@heise.de