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Intel zeigt Tablet mit 64-Bit-Android und Bay-Trail-Prozessor

Jörg Wirtgen

Benchmarks unter 64 Bit gab es nicht, und noch hat Intel auch gar keinen Tablet-Prozessor mit mehr als 4 GByte Speicher. Doch möglicherweise profitiert Android aufgrund der Java-Architektur mehr von 64 Bit als iOS.

Intel Hermann Eul Android 64 Bit Bay Trail

Intels Mobile-Cher Hermann Eul in einem Interview mit TechStage auf der Computex im Juni

(Bild: TechStage [1] )

Viel verriet Intels Mobile-Chef Hermann Eul [2] nicht, als er am gestrigen Donnerstag auf einem Investor-Treffen das Bay-Trail-Tablet mit einem 64-Bit-Android zeigte: Es sei das erste Mal, dass ein 64-Bit-Android auf Bay Trail gezeigt wurde, berichtete [3] der Newsdienst CNet. Und es war auch das erste Mal, dass überhaupt ein Android mit 64 Bit zu sehen war – bisher gab es nur Gerüchte, dass Samsung bald einen 64-Bit-fähigen Exynos bringen werde. Das einzige 64-Bit-Mobilsystem stammt derzeit von Apple: Das iPhone 5s [4], das iPad Air [5] und das iPad mini Retina [6] laufen mit dem Apple A7 unter 64-Bit-iOS [7].

Eine wichtige Eigenschaft fehlt aber sowohl den Intel-Prozessoren wie auch den Apple-Geräten: Sie sprechen nicht mehr als 4 GByte Speicher an - dies wäre aber einer der Hauptvorteile von 64-Bit-Architekturen. Die im September vorgestellten Varianten von Intels Bay Trail [8] steuern bestenfalls 4 GByte an, und zwar der Z3770 und Z3740. Die Speichercontroller der anderen Varianten sind sogar nur auf 2 GByte ausgelegt. Der Kern selbst kann dabei durchaus mehr, beispielsweise gibt es Desktop-Bay-Trails für 8 GByte [9], sodass Intel wohl bei Bedarf eine 8-GByte-Version für Tablets nachliefern könnte. Aktuelle Highend-Tablets kommen übrigens mit 3 GByte Hauptspeicher. Die Apple-Mobilgeräte haben derzeit maximal 1 GByte Hauptspeicher; ob der A7-Prozessor auf 2 oder 4 GByte beschränkt ist, ist unbekannt.

Durch den Umstieg von 32 auf 64 Bit werden Prozessoren nicht prinzipiell schneller. Ein kleiner Vorteil ergibt sich, wenn Speicherblöcke von mehr als 4 GByte linear adressiert werden müssen – was bei aktuellen Smartphones und Tablets jedoch nicht passiert. Oftmals wirkt sich der verdoppelte Speicherbedarf für Pointer sogar negativ aus, Programme werden also langsamer und brauchen mehr Heap- und Stackspeicher.

IBM Java 32 Bit 64 Bit Android

IBMs WebSphere-Server läuft unter 64-Bit-Java etwas langsamer als unter 32 Bit.

(Bild: IBM [10] )

Für Android selbst gibt es noch keine Untersuchungen, aber für andere Java-Umgebungen. Demnach brauchen 64-Bit-Programme unter Java 50 Prozent mehr Heap und laufen um 10 Prozent langsamer als mit 32 Bit. Performance-Vorteile haben sich nur bei Datenbanken ergeben, die dann in den auf über 2 oder 4 GByte (je nach Architektur) gewachsenen Hauptspeicher passten.

Es gibt allerdings einen weiteren Vorteil der 64-Bit-Prozessoren, nämlich ihre verbesserte Architektur. Sie haben oftmals mehr Register, optimierte Pipelines und ähnliche Verbesserungen. Tatsächlich haben wir bei unserem Coremark-Benchmark auf den iOS-Geräten [11] alleine durch die Rekompilierung mit 64 Bit einen Geschwindigkeitszuwachs von 15 Prozent messen können. Ähnliche Effekte gab es auch bei Einführung der ersten 64-Bit-Prozessoren mit x86-Architektur von AMD.

Und könnte Android möglicherweise sogar stärker als iOS profitieren: Während unter iOS (und auch Windows, Mac und Linux) alle Programme für 64 Bit neu kompiliert werden müssen, ist das unter Android nicht der Fall. Android-Anwendungen landen im Dalvik-Maschinencode auf den Geräten. Das ist ein abstrakter Code, der sich möglicherweise durch Googles mit Android 4.4 eingeführtem ART-Compiler [12] besser an die Eigenschaften des Prozessors anpassen lässt.

Ob das wiederum gerade mit den Registern klappt, ist allerdings fraglich: Der Dalvik-Opcode sieht für die meisten Befehle kurze Varianten mit 4 Bit zur Registeradressierung vor, mithin sind nur 16 Register nutzbar; laut Google typisch für die meisten Apps [13]. Dann wären also beispielsweise die 31 Register [14] der 64-Bit-ARM-Architektur AArch64 [15], die in den Cortex-A57 und -A53 Kernen mit ARMv8 [16] kommen, nicht ohne Neukompilierung nutzbar. Immerhin kennt Dalvik Varianten der Befehle zur Adressierung von 256 Registern. (jow [17])


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-2052255

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.techstage.de/news/Interview-Intels-Zukunft-bei-Smartphones-und-Tablets-1876613.html
[2] https://www.heise.de/news/Intel-ordnet-Mobilsparte-neu-1396148.html
[3] http://news.cnet.com/8301-1035_3-57613424-94/heads-up-apple-here-comes-64-bit-android-on-intel/
[4] https://www.heise.de/news/Apple-stellt-iPhone-5s-mit-Fingerabdruck-Scanner-vor-1953861.html
[5] https://www.heise.de/news/Neues-iPad-ist-duenner-leichter-und-mit-Air-1983682.html
[6] https://www.heise.de/news/iPad-mini-jetzt-mit-Retina-Display-1983533.html
[7] https://www.heise.de/news/Apple-bittet-iOS-Entwickler-um-Einreichung-von-64-Bit-Apps-1958982.html
[8] https://www.heise.de/news/IDF-Intels-Tablet-Prozessor-Baytrail-startet-1953269.html
[9] https://www.heise.de/news/Intel-bringt-noch-mehr-Silvermont-Celerons-heraus-2039313.html
[10] http://www.ibm.com/developerworks/websphere/techjournal/1112_genkin/1112_genkin.html
[11] https://www.heise.de/hintergrund/iPad-mini-Retina-ausprobiert-und-angestest-2046679.html
[12] https://www.heise.de/news/Dalvik-Nachfolger-Google-laedt-zum-Testen-der-neuen-Android-Runtime-ein-2041644.html
[13] http://source.android.com/devices/tech/dalvik/dalvik-bytecode.html
[14] http://en.wikipedia.org/wiki/ARM_architecture#ARMv8-A
[15] https://www.heise.de/news/64-Bit-ARM-Unterstuetzung-fuer-Linux-AArch64-1634303.html
[16] https://www.heise.de/news/ARM-stellt-64-Bit-Prozessorkerne-Cortex-A53-und-A57-vor-1740587.html
[17] mailto:jow@ct.de