Intels Centrino-Konzept unter der Lupe

Auf "Ja zum Pentium M -- Nein zu Centrino" lassen sich vielerorts die Reaktionen auf Intels Mobilkonzept zuspitzen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 93 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Dr. Jürgen Rink

Centrino-Notebooks enthalten den für den Mobilbetrieb komplett neu entwickelten Prozessor Pentium M (Code-Name Banias), den dazu passenden Chipsatz 855 (mit oder ohne integrierter Grafik) und einem Mini-PCI-Adapter für WLAN gemäß 802.11b. Der große Vorteil des Pentium M ist seine extrem niedrige Leistungsaufnahme bei gleichzeitig hoher Rechenleistung. Intel erreicht das entgegen des beim Pentium 4 eingeschlagenen Wegs nicht mit immer höheren Taktraten, sondern mit größtmöglicher Effizienz pro Taktschritt. So läuft der Pentium M derzeit mit 1,3 bis 1,6 GHz, also deutlich niedrigeren Taktraten als der Pentium 4.

Mit diesen Eigenschaften wird dem Marktsegment der leichten, flachen Notebooks endlich wieder Leben eingehaucht, nachdem man das Feld mehr oder weniger Apple überlassen musste. Den Mobile Pentium 4 kann man wegen seiner großen Wärmeentwicklung nicht in flache Gehäuse setzen.

Gewichtsbewusste Zeitgenossen, die ein Notebook mit großem Display und aktueller Rechenleistung wollen, werden erst jetzt wieder mit dem Pentium M zufrieden gestellt. Samsung zeigt das eindrucksvoll mit dem 1,8 Kilogramm leichten X10 XTC 1300. Der Flache ist nur 28 mm dick, hat ein 14-Zoll-Display und sogar ein DVD-/CD-RW-Laufwerk im Gehäuse. MediaMarkt verkauft ihn für 2000 Euro und bewirbt ihn als flachsten 14-Zoll-Rechner.

Wo bleibt Centrino? Nach Jahren geschürter Megahertz-Mania soll jetzt ein Prozessor mit niedrigerem Takt der letzte Schrei sein. Da muss Intels Marketing-Abteilung Purzelbäume schlagen - der Kunde ist verunsichert, auch wenn die Testberichte zeigen, dass der 1,6-GHz-Pentium M flotter als ein Mobile Pentium 4 mit 2,4 GHz loslegt. Wohl deshalb will Intel mit einer 300 Millionen Euro teuren Werbekampagne den Käufern die Vorteile von Centrino (Pentium M plus Chipsatz plus WLAN) nahe bringen und davon überzeugen, dass die bisher geschürte Lust nach hohen Taktraten im Mobilbereich unnötig ist.

Intels Chipsatz i855 implementiert zwar tatsächlich sehr pfiffige Stromspar-Mechanismen, doch das Einsparpotenzial dürfte bezogen auf die Leistungsaufnahme des gesamten Notebooks nur im einstelligen Prozentbereich liegen. Auch das Argument, für den WLAN-Chip besonders viel Aufwand bei der Validierung getroffen zu haben, überzeugt weniger, denn einerseits sind nicht allzu viel Probleme mit den bisherigen WLAN-Lösungen bekannt -- zumindest keine, die Centrino beseitigt, denn die mangelnde Sicherheit gegen Abhörversuche verbessert Intel nicht.

Besser gefallen Intels Initiativen, den Umgang mit der WLAN-Technik mittels verbesserter Treiber zu vereinfachen und insbesondere für eine weitere Verbreitung von öffentlichen Hotspots zu sorgen. Letzteres ist allerdings vom WLAN-Modul unabhängig und funktioniert auch mit Nicht-Centrino-Technik. Insgesamt riecht es doch arg nach Quersubvention für die Werbekampagne, wenn Intel das Centrino-Logo nur an Hersteller vergibt, die auch den Chipsatz und das WLAN-Modul bei Intel kaufen. Ob bei der gegenwärtigen Preispolitik WLAN geholfen ist, mag auch bezweifelt werden, denn die Centrino-Plattform soll viel teurer sein als die mit Mobile Pentium 4, was sich in hohen Verkaufspreisen niederschlagen wird.

Tatsächlich planen einige Hersteller schon jetzt, auch Intel-fremde Komponenten einzusetzen und auf das Centrino-Logo zu verzichten, wenn "der Kunde gelernt hat, was der Pentium M ist," wie sie es ausdrücken. Dell bietet beispielsweise beim Latitude D als Option zum Centrino-WLAN-Modul ein "Logo-loses", Dell-eigenes Modul an, das zum gleichen Preis den schnelleren Funkstandard 802.11g unterstützt - Centrino ist noch auf 802.11b beschränkt.

Der Pentium M ist fraglos ein großer Wurf - er bringt zeitgemäße Prozessorleistung in alle Notebook-Sparten ohne dass die lauten Lüfter Überstunden machen müssen wie beim Mobile Pentium 4. Das Centrino-Anhängsel braucht die Mobilwelt allerdings nicht unbedingt dafür. (jr)