Intels Tablet-Prozessor startet als Core i5-L16G7 und i3-L13G4

Intel mischt beim sparsamen Lakefield verschiedene x86-Kerne, ähnlich wie man es von ARM-Prozessoren als big.LITTLE kennt.

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Intels Low-Power-Prozessor Lakefield startet

Referenz-Platine mit Lakefield (mittig, mit Intel-Logo)

(Bild: Intel)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Florian Müssig
Inhaltsverzeichnis

Eigentlich sollten Windows-Tablets mit Intels Low-Power-Prozessor Lakefield schon im Weihnachtsgeschäft 2019 verfügbar sein, doch der Startschuß fällt erst jetzt. Der Chip ist nicht auf höchste Rechenleistung ausgelegt, sondern zielt wie vormals die Y-Serie der Core-i-Prozessoren auf besonders dünne und lüfterlose x86-Tablets, Notebooks und 2-in-1-Geräte.

Der technische Ansatz ist bei Lakefield neu. Die Y-Core-i-CPUs entstammten derselbe Baureihe wie die normale U-Modelle und waren nur hinsichtlich Taktfrequenz, Leistungsaufnahme und Kernanzahl selektiert. Weil sich aber auch die U-Prozessoren mittels cTDP (configurable TDP) sparsamer betreiben lassen, fand schon die achte Core-i-Y-Generation kaum noch Anklang bei Geräteherstellern. Die aktuelle zehnte Generation ist ausschließlich im neuen MacBook Air zu finden – welches allerdings weder lüfterlos noch besonders dünn oder leicht ist.

Lakefield ist hingegen ein eigenständiges x86-Prozessor-Design, bei dem Intel viele Techniken aus der konkurrierenden ARM-Welt übernommen hat. Dort ist ein Big-Little-Design, also die Kombination unterschiedlich starker Kerne, inzwischen Standard (und heißt nun DynamIQ); mit Lakefield hält das Konzept hingegen erstmals Einzug in die x86-Welt. Intel vereint hier einen Sunny-Cove-Prozessorkern der Core-i-Generation Ice Lake mit vier schwächeren Tremont-Kernen, also dem Nachfolger der als Pentium N/J verkauften Atom-Chips. Statt Big-Little hat sich Intels Marketing-Abteilung die Bezeichnung Hybrid Compute ausgedacht, mitunter ist in Intel-Präsentationen aber auch von Big-Bigger die Rede – nun ja...

Performance des Sunny-Cove- und der vier Tremont-Kerne bei Single- und Multi-Threading-Last

(Bild: Intel)

Damit die Kombination unterschiedlicher Kerne klappt, müssen sie ein weitgehend identisches Feature-Set aufweisen. Weil Tremont keine AVX-Befehle beherrscht, wurden sie etwa auch bei Sunny Cove abgeklemmt. Gleiches gilt hinsichtlich Simultaneous Multithreading (SMT): Die fünf Lakefield-Kerne können fünf Threads gleichzeitig bearbeiten.

Die Arbeitsverteilung ist klar geregelt: Hintergrundaufgaben übernehmen die sparsamen Tremont-Kerne, während Sunny Cove für hohe Singlethreading-Leistung ausgelegt ist. Letzteres ist wichtig, damit sich der Start einer Anwendung flott anfühlt oder sich eine Webseite zügig im Browser aufbaut. Bei Multithreading-Last arbeiten sämtliche Kerne zusammen.

Um sowohl möglichst hohe Performance als auch hohe Energieeffizienz zu erreichen, muss der Scheduler des Betriebssystems die Kerne entsprechend ihrer Fähigkeiten mit Aufgaben versorgen. Zum Start von Lakefield hat Intel sich ausschließlich auf Windows 10 fokussiert; eine spätere Validierung anderer Betriebssysteme ist aber nicht ausgeschlossen.

Lakefield-Prozessoren
Modell Kerne / Threads Takt / Turbo 5T / 1T Cache iGPU / EUs / Takt TDP
Core i5-L16G7 5 / 5 1,4 / 1,8 / 3,0 GHz 4 MByte UHD / 64 / bis 500 MHz 7 W
Core i3-L13G4 5 / 5 0,8 / 1,3 / 2,8 GHz 4 MByte UHD / 48 / bis 500 MHz 7 W

Während beide zum Start präsentierten Lakefield-Modelle je fünf Kerne haben, unterscheiden sie sich außer bei den Taktraten auch bei der integrierten GPU, die wie Sunny Cove ebenfalls von Ice Lake (Gen 11) abstammt – hier allerdings mit viel niedrigerem Takt. Im Core i5-L16G7 stehen 64 EUs bereit, im Core i3-L13G4 nur 48 EUs.

Wie bei ARM-SoCs üblich ist auch bei Lakefield der Speicher integraler Bestandteils des Package. Lakefield unterstützt bis zu 8 GByte LPDDR4x-4267-Speicher über einen 64-Bit-Speichercontroller, der wie bei LPDDR-Speicher üblich in die doppelte Anzahl virtueller 32-Bit-Kanäle unterteilt ist. Die tatsächliche Speicherbestückung hängt allerdings davon ab, was ein Gerätehersteller vorsieht und dementsprechend bei Intel bestellt. Es steht deshalb zu erwarten, dass Lakefield-Geräte in Ausstattungsvarianten mit Core i3-L13G4 mitunter nur 4 GByte bekommen und 8 GByte den Modellen mit Core i5-L16G7 vorbehalten bleiben.

Ein weiteres Debüt ist die Fertigungstechnik Foveros: Lakefield besteht aus mehreren Schichten beziehungsweise Chiplets. Das Compute-Die mit den CPU-Kernen, der integrierten GPU und dem Speicher-Controller wird mit 10 Nanometer Strukturgröße gefertigt, während das I/O-Die mit Schnittstellen wie UFS 3.0, PCIe 3.0, USB, I3C, SPI und vielem mehr im älteren 22-Nanometer-Prozess gefertigt wird. Beide Chiplets werden mittels Foveros verbunden, sind aber nur ein Teil des Stapels: Untendrunter sitzt der obligatorische Träger und obendrüber der LPDDR4x-Arbeitsspeicher.

Aufbau des Lakefield-Package

(Bild: Intel)

Bislang sind nur wenige Geräte mit Lakefield angekündigt, woran sich in absehbarer Zeit wohl auch wenig ändern wird. Microsofts Ende 2019 angekündigte Dual-Screen-Tablet Surface Neo wurde kürzlich auf 2021 verschoben, weil es als Demonstrator von Windows 10X dienen soll – Windows 10X bekam jüngst aber andere Entwicklungsprioritäten. Lenovos ThinkPad X1 Fold ist das erste Windows-Gerät mit einem flexiblen OLED-Bildschirm und ist derzeit für das dritte Quartal 2020 angekündigt – zu voraussichtlichen Preisen um 3000 Euro.

Samsung will sein vor wenigen Tagen präsentiertes Galaxy Book S mit Lakefield-Prozessor bereits Ende dieses Monats verkaufen. Wem der Name oder das Aussehen bekannt vorkommt: Es gibt seit ein paar Wochen bereits ein gleichnamiges Notebook, in dem Windows 10 auf dem ARM-Prozessor Snapdragon 8cx läuft. Beide kosten mit 8 GByte Arbeitsspeicher und 256 GByte Flash-Speicherplatz rund 1100 Euro. Beim Snapdragon-Modell ist anders als bei der Lakefield-Variante ein LTE-Modem integriert, doch im Gegenzug gibt es bei letzterem volle x86-Kompatibilität für ältere Anwendungen und Treiber von Peripheriegeräten.

Wir werden das Samsung Galaxy Book S mit Intels Lakefield-Prozessor ausführlich testen, sobald ein Exemplar den Weg ins c't-Labor gefunden hat. (mue)