Internet-Abstimmung über das schlechteste EU-Lobbying läuft
Für die Online-Wahl der "Worst EU Lobbying"-Awards sind etwa Autokonzerne und eine Agentur für Offensiven gegen den Klimaschutz sowie die Initiatoren einer Kampagne gegen mehr Transparenz bei der Politikberatung nominiert.
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Internetnutzer können jetzt wieder über den Negativpreis für besonders irreführende, manipulative und unethische Taktiken bei der Politikbeeinflussung abstimmen. Im Rahmen der öffentlichen Nominierungsphase sind 27 Vorschläge für die "Worst EU Lobbying"-Awards zusammengekommen. Fünf davon haben die Ausrichter der Verleihung, die zivilgesellschaftlichen Organisationen Corporate Europe Observatory und Friends of the Earth Europe sowie die Watchblogs LobbyControl und Spinwatch, für die bis 24. November laufende Endrunde in diesem Jahr ausgewählt. Sie reflektieren vor allem die intensive Debatte über Umweltschutz und globale Klimaänderungen. Christine Pohl aus dem Veranstalterkreis moniert dabei: "Unternehmen manipulieren die Öffentlichkeit und versuchen den Eindruck zu erwecken, dass ihre Handlungsweise die Lösung des Klimawandels darstellt, obwohl sie in Wahrheit Teil des Problems sind."
Als Kandidaten konkret zur Wahl stehen BMW, Daimler und Porsche für ihre von den Organisatoren kritisierte "massive Lobby-Offensive, um verbindliche Reduktionsziele für CO2- Emissionen von Autos zu verwässern und verzögern". Dazu kommt die Lobby-Agentur Cabinet Stewart für den Betrieb des International Council for Capital Formation (ICCF). Dahinter sehen die Award-Verleiher einen "einzigartigen europäischen Schwindel-Think-Tank, der als Tarnorganisation für Gegner des Kyoto-Protokolls dient". In eine ähnliche Kategorie falle ferner die Kampagne Repsol für die "Verzerrung" des EU-Forschungsprogramms zu Biokraftstoffen. So würden sich die Ergebnisse der Brüsseler Offensive nun "an kommerziellen Interessen orientieren – auf Kosten echter Maßnahmen gegen den Klimawandel".
Weiter mit im Rennen ist die European Public Affairs Consultancies Association (EPACA) für ihre Initiative gegen die Pläne der EU-Kommission für ein Register, mit dem mehr Transparenz in den Lobbybetrieb kommen soll. Mit aufgestellt ist zudem Viscount Etienne Davignon für seine Interessenkonflikte als Berater des EU-Entwicklungskommissars Louis Michel in Entwicklungsfragen für Afrika. Dieser sitzt den Organisatoren zufolge zugleich im Aufsichtsrat von Suez, eines multinationalen Konzerns, "der seine Energie- und Wassergeschäfte in Afrika ausweiten möchte". Die Fälle würden insgesamt zeigen, dass Lobbyisten ihr Kerngeschäft mit schier allen Mitteln zu verteidigen suchten und die Politik andererseits ihre Hausaufgaben nicht gemacht habe. Für die Öffentlichkeit und Entscheidungsträger müsse sichtbar machen, "wer für wen in wessen Interesse Lobbyismus betreibt und wie viel dafür bezahlt wird".
Erstmals wird dieses Jahr zusätzlich eine Auszeichnung in der Kategorie "Worst EU Greenwash" vergeben. Damit sollen Firmen "geehrt" werden, deren Werbung, PR- und Lobbyrhetorik im Widerspruch zu den wahren Umweltauswirkungen ihres Kerngeschäfts steht. Aus 19 Vorschlägen stehen hier ebenfalls fünf Kandidaten zur Wahl. Dabei ist Airbus für eine Anzeigenserie, in denen Flugzeug-Silhouetten mit schönen Landschaften ausgefüllt wurden, um die Klimabelaster grün und sauber erscheinen zu lassen.
Der britische Konzern BAE Systems ist hier nominiert, da er "tödliche Waffen als umweltfreundlich bewirbt", und ExxonMobil für die Behauptung, man würde die eigene Abgabe von Treibhausgasen reduzieren, während die Emissionen in Wirklichkeit angestiegen seien. Das Deutsche Atomforum steht am Pranger "für den Missbrauch der öffentlichen Sorge um den Klimawandel zur Imagepflege für die Atomenergie". Und Shell, weil das Unternehmen "den Eindruck erweckt, dass seine Ölraffinerien Blumen statt Rauch ausstoßen". Die Gewinner sollen am 4. Dezember bei einer feierlichen Preisverleihung in Brüssel bekannt gegeben werden. (Stefan Krempl) /