Internet-Messe im Zeichen der Krise

Die Stimmung ist getrübt - dennoch haben sich zur Internet World in Berlin über 1000 Aussteller angemeldet.

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Von
  • Nicole Bastian
  • dpa

Ein Jahr ist eine lange Zeit – erst recht für die Jungunternehmer der New Economy. Zwölf Monate ist es her, da ließ die Pleite des britischen Online-Modehauses boo.com an den Messeständen der Internet World erste Zweifel am unbegrenzten Höhenflug der Onlinebranche aufkommen. Ab Dienstag treffen sich die Manager, Screendesigner und Programmierer wieder auf Europas größter Internetmesse und sprechen sich angesichts der weltweiten Hightech-Krise Mut zu.

Pleiten und Kurseinbrüche, Entlassungen in den Tüftlerstuben, Betrügereien und sogar die Verhaftungen einiger Firmenchefs hat die Branche hinter sich – das schlägt aufs Gemüt. "Man heult immer noch", beschreibt Harald Summa, Geschäftsführer des Verbands der deutschen Internet-Wirtschaft die Stimmung. Nachdem in den vergangenen Jahren kräftig in die Informationstechnologie investiert wurde, seien die Aufträge spürbar zurückgegangen. Große Computerhersteller wie Cisco, Compaq und Hewlett-Packard streichen deshalb genauso Stellen wie die einstigen Höhenflieger Pixelpark oder Intershop. "Das Tal wird noch eine Weile andauern", meint Summa, dessen Verband 250 Internetfirmen vertritt.

Dennoch hat sich die Zahl der Aussteller auf der Internet World mit rund 1000 fast verdoppelt. Im fünften Jahr ihres Bestehens hat sich die Messe, die Wirtschaftsminister Werner Müller am Dienstag eröffnen wird, zu einer festen Institution für Kontaktpflege und Marktbeobachtung gemausert. 70.000 Besucher werden erwartet. 1997 waren es gerade einmal 5000.

Anders als bei der großen CeBIT in Hannover oder der Systems in München glauben kleinere Unternehmen, auf der spezialisierteren Berliner Veranstaltung weniger in der Masse unterzugehen, auch wenn gerade diese nach Abstinenz im vergangenen Jahr wieder zurückkehren. Der Veranstalter ComMunic GmbH wirbt mit der Präsenz von IBM, Microsoft, Sun Microsystems oder T-Online. Bei den kleineren Firmen habe sich zudem die Spreu vom Weizen getrennt. Trotz der Verlustproblematik wird der weltweite Umsatz mit IT-Dienstleistungen nach Einschätzung des Branchenverbandes BITKOM in den kommenden Jahren weiter wachsen, wenn auch nicht mehr so stark. 2000 wurden insgesamt 33,1 Milliarden DM damit erlöst.

Einige kleine Startups haben ihr Kommen wegen der Internet-Krise abgesagt. Der Gründer-Salon für die jüngsten der Internetfirmen ist dennoch bis auf den letzten Platz ausgebucht, denn auf der Internet World (15. bis 17. Mai) findet auch so mancher den Finanzier für die nächsten Monate oder Jahre. "In den drei Tagen haben wir locker einige hundert Kontakte", sagt der Sprecher des Risikokapitalgebers bmp, Thomas Blees. "Für uns hat die Krise den Vorteil, dass die Preise für Beteiligungen rapide nach unten gegangen sind." Verglichen mit den Euphoriejahren sind auch die Finanziers sparsamer.

Auch diesmal reihen sich Superlative und Ankündigungen von "ersten" oder "einmaligen" Produkten munter aneinander. Bestrebt um mehr Wirtschaftlichkeit steht nach Meinung Summas aber diesmal bei den Angeboten vor allem die Integration bestehender Produkte im Mittelpunkt des Interesses. Infrastruktur-Lösungen für Online-Inhalte, neue Geschäftsmöglichkeiten mit dem Bezahlen übers Handy, die Vernetzungstechnologie Bluetooth, aber auch die Sicherheit im weltweiten Datennetz sind wichtige Themen der Messe.

Erstmals findet parallel die Streaming Media statt, auf der Unternehmen das Internet-Fernsehen der Zukunft zeigen können. Eine der großen Entwicklungen in den kommenden Jahren, wenn man den Dienstleistern der Branche glauben kann. (Nicole Bastian, dpa)/ (cp)