Internet in der Schule: Neues Lernen am PC

Der Einzug des Computers in die deutschen Schulen wird nach Auffassung aller Bildungsexperten das Lernen nachhaltig verändern.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 14 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Karl-Heinz Reith
  • dpa

Der Einzug des Computers in die deutschen Schulen wird nach Auffassung aller Bildungsexperten das Lernen nachhaltig verändern. Der klassische Frontal-Unterricht, die Wissensvermittlung per Vortrag, wird auf Dauer mit den schönen bunten Bildern und Diagrammen der Computerwelt kaum konkurrieren können. Der Lehrer bekommt eine neue Berufsaufgabe: Statt Unterrichtender wird er vor allem Begleiter und Anleiter der Lernprozesse seiner Schüler sein.

Dabei fällt ihm vor allem der Auftrag zu, seine Schüler durch die riesigen Mengen von "Datenmüll" zu führen, die bereits heute das Internet füllen. Eindringlich warnt der Bielefelder Reformpädagoge Hartmut von Hentig deshalb auch vor zu viel Computer-Euphorie. Eine "Flucht vor dem Denken in das Wissen" dürfe es in der Schule nicht geben.

Wer aber beobachtet, mit welcher Begeisterung Schüler sich heute schon zusätzliche Lernmaterialien und Bilder für den Unterricht per Heimcomputer aus dem Netz ziehen, der weiß, dass der Siegeszug der Neuen Medien auch in den Schulen nicht aufzuhalten ist. Was früher der Bücherschrank der Eltern bedeutete, ist heute der PC oder gar ein Laptop im Schulranzen. Bildungsforscher warnen deshalb vor einer neuen sozialen Selektion der Schülerschaft in die, die bereits von Kind auf im Umgang mit Neuen Medien vertraut sind und denjenigen, denen dies -- auch durch den Geldbeutel ihrer Eltern -- bisher verwehrt wurde.

Von den 44.000 öffentlichen deutschen Schulen verfügen erst 13.000 über eigene Computer mit Internet-Anschluss. In Finnland sind dagegen bereits fast alle Schulen vernetzt, in Kanada 80 Prozent und in den USA rund 60 Prozent. Im Nachbarland Niederlande haben immerhin schon 40 Prozent aller Schulen Netzzugang.

Der Start in Deutschland wurde vor gut drei Jahren mit der Gemeinschaftsaktion "Schulen ans Netz" geschafft. Doch vielerorts bremsten die Kommunen als Schulträger, weil die Folgekosten nicht geklärt waren. Die Aktion "Schule ans Netz" sicherte bisher nur die Anschubfinanzierung. In einem internen Papier der Kultusminister wurden die Folgekosten immerhin auf rund 100 Millionen Mark pro Jahr geschätzt, vor allem durch Telefon- und Provider-Gebühren. Dies wurde als das "größte Hindernis bei der Einführung Neuer Medien im Bildungsbereich" angesehen.

Mit dem Versprechen von Telekom-Chef Ron Sommer, künftig als Groß-Sponsor allen deutschen Schulen das Gratis-Surfen im Internet zu finanzieren, verfolgt die einstmals staatliche Telefongesellschaft auch handfeste wirtschaftliche Ziele. Durch die Gewinnung der Schüler als "Kunden von morgen" will die Telekom ihre Vormachtstellung beim Internet-Zugang und als E-Mail-Transporteur weiter festigen. Aufgerüttelt wurden die Telekom-Bosse, als bei einer Sonderaktion der Aldi-Kette an einem Vormittag im Dezember 500.000 neue PC über die Ladentische gingen. Vormontiert war auf diesen Geräten die Software von Telekom-Konkurrent AOL.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft forderte am Freitag auf einer Lehrerbildungskonferenz in Hamburg, dass der zunehmende Computereinsatz in der Schule Folgen für die Ausbildung wie für die Weiterbildung der Pädagogen haben muss. Nach einer jüngsten Umfrage Dortmunder Schulforscher haben zwar 80 Prozent aller Lehrer inzwischen einen eigenen PC zu Hause. Die wenigsten setzen aber bisher Computer im Unterricht ein. (Karl-Heinz Reith, dpa) (jk)