Interview zum SH:digital-Hackathon: Ziele und weitere Entwicklung

Dr. Philipp Willer, Geschäftsführer des IT-Verbund Schleswig-Holstein und Jesko Zychski, stellvertretender Chief Digital Officer der Stadt Kiel, im Interview.

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Algorithmen, Automatisierung, KI, Stadt, binär, Daten

(Bild: Gerd Altmann, gemeinfrei (Creative Commons CC0))

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Sven Scharpe

Vom 11. bis 14. September fand in Kiel der SH:digital-Hackathon statt. Die Veranstaltung führt das bewährte Konzept des OZG-Hackathon fort, der im Vorjahr ebenfalls in der Landeshauptstadt abgehalten wurde. Zu Erfolg, Ergebnissen und Zukunft des Hackathons haben wir Dr. Philipp Willer (PW) Geschäftsführer des IT-Verbund Schleswig-Holstein (ITVSH) und Jesko Zychski (JZ) stellvertretender Chief Digital Officer der Stadt Kiel zum Kurzinterview gebeten:

heise online: Bitte beschreiben Sie kurz die Ziele des diesjährigen SH:digital-Hackathon?

Dr. Philipp Willer: Das Ziel des Hackathons war, dass Kommunen und Hersteller von Lowcode/Nocode-Plattformen in vier Tagen Verwaltungsprozesse wie zum Beispiel Bewohnerparkausweise, mobile Halteverbote, Veranstaltungsgenehmigungen von Anfang bis Ende durchdigitalisieren.

Wie viele Teilnehmer hatte die Veranstaltung in diesem Jahr?

Dr. Philipp Willer: Wir hatten an den vier Tagen ca. 50 feste Teilnehmer und zwischen 20 und 30 Gäste.

Gibt es Projekte vom ersten OZG-Hackathon 2022, die bereits erfolgreich umgesetzt werden konnten?

Jesko Zychski: Von den 47 Online-Diensten, welche die Landeshauptstadt Kiel in drei Tagen zusammen mit ca. 80 Mitarbeitenden entwickelt hat, sind Stand heute 32 Online-Dienste in unserem Service-Portal auf kiel.de online nutzbar. Vor allem liegt der große Mehrwert für den Digitalen Wandel der Landeshauptstadt Kiel allerdings auch darin, dass wir unseren Hackathon dafür genutzt haben, um die Umsetzungsprozesse im Rahmen des OZGs zu demokratisieren. So konnten wir in den drei Tagen eine community of practice mit mehr als 40 Mitarbeitenden aus den unterschiedlichsten Sachbereichen initiieren, welche befähigt wurden, fortan Online-Dienste eigenständig mittels eines grafischen Formular-Editors (NoCode-Formular-Engine) zu realisieren und sich bei Bedarf gegenseitig zu unterstützen. Hierdurch konnte im Gesamtprozess ein relevanter Skalierungseffekt erreicht werden. Aktuell befinden sich deshalb mehr als 50 weitere Online-Dienste in der dezentralen Umsetzung. Aktuell bieten wir unseren Bürger*innen und Unternehmen in Kiel 209 Online-Dienste auf unserem Service-Portal an.

Wie profitieren die Bürger von den Ergebnissen, die beim SH:digital-Hackathon erarbeitet werden?

Dr. Philipp Willer: Die Bürgerinnen und Bürger profitieren in zweierlei Hinsicht. Aus dem ersten Hackathon (Entwicklung von Online-Diensten) ergibt sich für sie die Möglichkeiten, Anträge online zu stellen, um nicht mehr Formulare im Amt ausfüllen zu müssen. Im zweiten Hackathon wurden die Backend-Prozesse in den Verwaltungen selbst zur Bearbeitung der Anträge erst optimiert und dann digitalisiert. Das bedeutet, die Prozesse laufen schneller. Beispielsweise wird ein Antrag schneller bewilligt oder abgelehnt und eventuelle Zahlung können umgehend veranlasst werden.

Jesko Zychski: In den vier Tagen konnten unsere Mitarbeitenden, welche für Kiel beim Hackathon dabei waren, lernen und ausprobieren, wie nicht nur Online-Formulare erstellt werden, sondern komplexe Ende-zu-Ende-Digitalisierungsprozesse und vollständig funktionale Fachverfahren relativ einfach und schnell mittels wiederverwendbarer Software-Bausteine visuell ansprechend zusammengesetzt und konfiguriert werden können. Letztlich konnten wir so in den vier Tagen ein Fachverfahren zur Bearbeitung von umfangreichen Förderanträgen im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit, einen Antragsraum für das Zusammenwirken unterschiedlicher Zielgruppen des Gesundheitsamtes und einen vollständig automatisierbaren Prozess für den Schullasten-Ausgleich ohne Programmierkenntnisse prototypisch erstellen und testen. Das enorme Potenzial von LowCode/NoCode Systemen konnten unsere Mitarbeitenden auf dem Hackathon am eigenen Leib direkt erfahren. Mit vereinter Kraft wird nun daran gearbeitet, entsprechende Systeme in Schleswig-Holstein und auch in unserer Verwaltung produktiv nutzbar zu machen.

In welche Richtung soll sich der SH:digital.Hackathon in Zukunft entwickeln?

Dr. Philipp Willer: Wir würden den Hackathon gerne regional ausdehnen. Er soll auch weiterhin auf kommunaler Ebene stattfinden, aber gerne in mehr Bundesländern. Denkbar wäre auch, dass auch andere Themenfelder wie etwa die digitale Daseinsvorsorge bearbeitet werden.

(sve)