Investitionen in intelligente Videoüberwachung zur Terrorbekämpfung gefordert

Die Konsequenz der versuchten Bombenattentate in London und Glasgow besteht für den Bitkom in mehr Investitionen in "intelligente Videosensorik". Die Gewerkschaft der Polizei verlangt mehr Stellen für in Überwachungstechniken ausgebildete Polizisten.

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Von
  • Detlef Borchers

Als Konsequenz aus den versuchten Bombenattentaten in London und Glasgow am vergangenen Freitag und Samstag fordert der IT-Branchenverband Bitkom verstärkte Investitionen in "intelligente Videosensorik". Die Gewerkschaft der Polizei verlangt mehr Stellen für besonders geschulte Überwacher in Gestalt gut ausgebildeter Polizisten.

Am Freitag waren in London zwei Autos gefunden worden, die mit Sprengstoff, Gasbehältern und Nägeln präpariert waren. Die Autos fielen auf, weil eines auf dem Bürgersteig, das andere in einer Tiefgarage an falscher Stelle geparkt worden war. Die Polizei konnte Handys aus diesen Wagen entfernen und verhinderte offenbar Attentate, die vom britischen Zentrum für Terrorismusforschung als "Begrüßung für Gordon Brown" klassifiziert wurden. Brown hatte in der letzten Woche sein Amt als britischer Premierminister und Nachfolger von Tony Blair angetreten. Am Samstag versuchten Attentäter mit einem brennenden Auto in die Haupthalle des Flughafens Glasgow zu fahren. Sie scheiterten dabei an Prellböcken.

Während die Polizei im Falle der schottischen Attentäter offenbar bereits gegen diese und andere verdächtige Personen ermittelte, sind die Londoner Spuren derzeit noch vage. Beide Autos wurden in stark frequentierten Bereichen geparkt, die zu den bestüberwachtesten Gebieten Londons gehören. Die beiden gestohlenen Fahrzeuge konnten offenbar unbehelligt den "Ring of Steel" passieren und fielen auch nicht den Kameras der Londoner Citymaut auf, die die KFZ-Kennzeichen auslesen und die Fotos dabei mit einer Datenbank gesuchter Fahrzeuge abgleichen.

Dennoch fordert der IT-Branchenverband Bitkom in einer Stellungnahme den Ausbau der Videoüberwachung in Deutschland. Während in Deutschland die Ausgaben für Videoüberwachung im Jahre 2006 um 5 Prozent im Vergleich zum Jahr 2005 auf insgesamt 185 Millionen Euro gestiegen seien, habe Großbritannien 661 Millionen Euro ausgegeben. Dabei möchte der Bitkom vor allem intelligente Systeme installieren, die Anschläge verhindern sollen: "Mehr Kameras allein genügen nicht. Videodaten helfen zwar, im Nachhinein Täter zu identifizieren. Ziel muss es aber sein, Vorfälle von Anbeginn an zu verhindern", erklärte Bitkom-Vizepräsident Jörg Menno Harms in der Stellungnahme.

Für die Gewerkschaft der Polizei bezweifelte ihr Vorsitzender Konrad Freiberg, dass ein Mehr an Technik die Sicherheit verbessere. London habe gezeigt, dass auch ein noch so perfekt funktionierendes Sicherheitssystem auf Beobachtungen aus der Bevölkerung angewiesen sei. Anstelle des Ausbaus von Videoüberwachungssystemen sprach sich Freiberg für den Ausbau der Polizei aus. "Ausgerechnet diejenigen, die besonders dafür geschult sind, Augen und Ohren offen zu halten, werden durch Personalkürzungen aus der Öffentlichkeit verbannt. Stattdessen werden Gesetzesänderungen und neue Techniken diskutiert", erkläre Freiberg in der GdP-Stellungnahme.

Während Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) die versuchten Attentate zum Anlass nahm, für den Ausbau der Videoüberwachung und den Aufbau der Online-Durchsuchungen zu werben, veröffentlichte die Bundesregierung eine Stellungnahme, nach der es keine Verbindungen zwischen den britischen Attentatsversuchen und Deutschland gibt. Der FDP-Innenpolitiker Max Stadler betonte gegenüber der Leipziger Volkszeitung, dass ein Ausbau der Videoüberwachung in dieser Hinsicht wenig zweckmäßig sei: "In London und Glasgow muss man registrieren, dass auch eine sehr weitgehende Videoüberwachung Anschläge nicht verhindern kann", erklärte Stadler der Zeitung.

Zu den Auseinandersetzungen um die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die Online-Durchsuchung siehe auch:

(Detlef Borchers) / (jk)