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Iranische Armee: FPGA-Board ist ein Quantenverarbeitungs-Algorithmus-Produkt

Stolz zeigte ein Konteradmiral ein handliches "Quantenverarbeitungs-Algorithmus-Produkt". Bei dem handelte es sich allerdings nur um ein FPGA-Entwicklungsboard.

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Konteradmiral Habibollah Sayyari mit dem angeblichen Quantencomputer.

(Bild: Fars News)

Lesezeit: 2 Min.

Die US-amerikanische Firma ZedBoard bekommt gerade ungewollt viel Aufmerksamkeit. Grund ist eine Veranstaltung an der militärischen Imam Khomeini Naval University of Noshahr im Iran. Dort zeigte der Konteradmiral Habibollah Sayyari, koordinierender Stellvertreter der Armee der Islamischen Republik und ehemaliger Befehlshaber der Marine, ein "Quantenverarbeitungs-Algorithmus-Produkt" – also ein System, das Quantenalgorithmen verarbeiten können soll.

Dieses System käme bereits zum Einsatz, um etwa Navigationstäuschungen zu bekämpfen. Die iranische Nachrichtenagentur Fars News zeigt zahlreiche Bilder von der Veranstaltung und der Hardware.

Auf dem Schild wird das Entwicklungsboard als "der erste für Quantenalgorithmen verantwortliche" Computer bezeichnet.

(Bild: Fars News)

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Das Internet ist voll von heißen IT-News und abgestandenem Pr0n. Dazwischen finden sich auch immer wieder Perlen, die zu schade sind für /dev/null.

Die Krux: Bei der Platine handelt es sich um ein unspektakuläres Entwicklungsboard von der oben genannten Firma ZedBoard. Auf ihm werkelt ein 7Z020-Prozessor der AMD-Tochter Xilinx, der gar nichts mit Quantencomputing zu tun hat. Er verwendet zwei ARM-Kerne vom Typ Cortex-A9 und integriert programmierbare Logikgatter (Field Programmable Gate Array, FPGA). Dem Prozessor stehen 512 MByte DDR3-RAM zur Seite.

Supercomputer können zwar Quantencomputer ein Stück weit simulieren, die Leistung eines kleinen FPGAs reicht dafür aber nicht aus, um das realitätsnah, praktisch nutzbar durchzuführen. Vielleicht fand man, dass die ringsum angeordneten SMD-Bauteile futuristisch aussehen? Bei Reichelt und Amazon bekommt man das Board auch hierzulande.

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Firmen weltweit forschen an Quantencomputern, entsprechende Prozessoren entwickeln etwa Google, IBM und Intel. Für einen praxisnahen Einsatz taugen diese aber alle noch nicht. Neben der Skalierung sogenannter Qubits für die Rechenleistung ist auch die Fehleranfälligkeit ein Problem, deren Lösung noch Jahre entfernt liegen dürfte.

Update

Einige Leser wiesen darauf hin, dass bei der Vorstellung nicht von einem Quantencomputer, sondern von einem "Quantenverarbeitungs-Algorithmus-Produkt" (so die wörtliche Übersetzung) war. Im Kern ändert sich allerdings nichts: Um Quantenalgorithmus einigermaßen realitätsnah ausführen zu können, bräuchte es viel stärkere Systeme und nicht nur einzelne FPGA-Boards.

Wir haben die Wortwahl in der Meldung entsprechend angepasst.

(mma)