Jack Dorsey wünscht sich mehr "Twitter Files" und weitreichende Meinungsfreiheit

Er hats verbockt. So lässt sich ein Rückblick Dorseys auf seine Zeit als Twitter-Chef zusammenfassen. Dabei unterstützt er indirekt auch Elon Musks Vorgehen.

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Jack Dorsey

(Bild: dpa, Rolf Vennenbernd)

Lesezeit: 3 Min.

Elon Musk hat Journalisten darauf angesetzt, die frühere Arbeit und Arbeitsweisen bei Twitter zu untersuchen. Unter dem Titel "Twitter Files" haben diese Informationen veröffentlicht – unter anderem zu einer fragwürdigen Art Shadow Banning. Die daran geäußerte Kritik möchte der Ex-Chef Jack Dorsey nun auf sich lenken. Seine Mitarbeiter trugen keine Schuld. Das, sowie weitere Fehler und seine Hoffnung auf ein besseres Internet erklärt Dorsey in einem für Twitter zu langem Blogbeitrag.

Drei Prinzipien hängt Dorsey ganz an den Anfang. Zum einen muss seiner Meinung nach Social Media resilient gegenüber der Kontrolle von Unternehmen und Staaten sein. Soweit, so wahrscheinlich ist die weitläufige Einigkeit darüber. Der nächste Punkt dürfte denn auf weniger Gegenliebe stoßen: "Ausschließlich der Original-Autor darf den Inhalt, den er produziert, entfernen können." Das dritte Prinzip besagt, Moderation müsse durch algorithmische Entscheidungen implementiert sein. Twitter, so schreibt Dorsey, erfülle weder damals noch heute auch nur ein einziges dieser Kriterien.

Es sei ein Fehler gewesen, Donald Trump zu sperren. Auch diese Aussage dürfte Kontroversen auslösen. Für das Geschäft Twitters sei es richtig gewesen, für die Gesellschaft und das Internet eher ein Bärendienst. Ähnliches zeichnet sich auch jetzt ab, da Musk den Ex-Präsidenten und andere zuvor gesperrte Personen wieder auf der Plattform zugelassen hat: Werbekunden sind zumindest kurzfristig abgesprungen. Laut Dorsey sollte ein Unternehmen nicht die Macht haben, in die gesellschaftliche Diskussion derart einzugreifen. Stattdessen müssten Menschen Werkzeuge an die Hand bekommen, durch die sie gegen staatliche Einflussnahme gefeit sind. Meinungsfreiheit legt also auch er sehr weit aus.

"Ich glaube fest daran, dass jeder Inhalt, der von jemanden ins Internet gestellt wurde, dauerhaft sein sollte, bis der Verfasser sich entscheidet, ihn zu löschen." Das sei schwierig, gerade in Bezug auf die Durchsetzung gegenüber illegalen Aktivitäten, aber auf Dauer führe es zu einem besseren Internet. Es ist eine Auffassung des Begriffs Meinungsfreiheit, die man auch bei Musk, Mark Zuckerberg und einigen weiteren Tech-Unternehmern und vor allem US-Amerikanern findet.

Global ließe sich hinsichtlich der Moderation in zentralisierten Systemen laut Dorsey nichts erreichen. Stattdessen glaubt er, Rankings und Relevanz-Algorithmen, die besonders lokal ausgerichtet sind, wären die Zukunft. Und die Kriterien für diese Algorithmen müssten in den Händen der Nutzerinnen und Nutzer liegen.

Wie das Ganze erreicht werden könne? Durch ein offenes Protokoll für Social Media, also eine Dezentralisierung wie bei Mastdodon oder Bluesky, auch Matrix führt Dorsey als potenziellen Kandidaten auf. "Eines wird die Chance haben, der nächste Standard wie HTTP oder SMTP zu werden."

Abschließend erklärt Jack Dorsey, er werde Geld spenden an Entwickler, die sich für ein offenes Internet einsetzen. Den Anfang macht Signal – mit einer Million im Jahr. Wer weitere Ideen hat, könne den Hashtag startsmall nutzen.

(emw)