Jon-Postel-Preis für Brückenschlag zwischen militärischem und zivilen Internet

CSNET stellte die Verbindung her zwischen dem militärischen ARPAnet und Universitäten sowie Unternehmen und schuf so die Grundlage für den Boom des Internets.

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Von
  • Monika Ermert

Der Jonathan Postel Award 2009 geht an das Computer Science Network, CSNET, Vorläufer des NSFNet der National Science Foundation (NSF). Die Internet Society ehre mit der Vergabe die Organisation, die eine Brücke vom militärischen ARPAnet zu Universitäten und Unternehmen geschlagen habe, sagte ISOC-Präsidentin Lynn St. Amour bei der Preisverleihung am Rande des 75. Treffens der Internet Engineering Task Force (IETF). Zum zweiten Mal seit 1998 geht der Preis, der an die Verdienste des Internet-Übervaters Jon Postel erinnern soll, an eine Organisation.

1979 hingen nur Universitäten, die Forschung für das US-Verteidigungsministerium betrieben, am ARPAnet. Die Möglichkeiten der Vernetzung mit anderen Universitäten war aber erkannt. Mit 5 Millionen US-Dollar Fördermitteln der National Science Foundation (NSF) ausgestattet, sollten Larry Landweber, Professor am Computer Science Department der Universität von Wisconsin, und seine Kollegen an den Universitäten Purdue und Delaware, weitere Universitäten anzuschließen. CSNET bot den Kollegen im In- und Ausland zunächst den Austausch von E-Mail über "Phonenet" an, das E-Mails per Dial-up übers Telefonnetz zustellte.

Ein Mailrelay-Computer an der Universität von Delaware habe mehrmals am Tag E-Mail bei den angeschlossenen Phonenet und ARPAnet-Hosts abgeholt und zugestellt. Im Januar 1982 waren sieben Universitäten und die HP-Labs angeschlossen, im August 1982 hatte Phonenet bereits zwei Dutzend Teilnehmer. Nach dem Phonenet installierten das CSNET-Team als zweites Netz das Telenet, das TCP/IP über das X.25 Protocol einsetzte, um die X.25-Welt mit dem TCP/IP im ARPAnet zu verbinden. Telenet-Geschwindigkeiten sollten nach der damaligen Vorstellung von Landweber 9600 Bits pro Sekunde erreichen. Anfang August 1984, also vor 25 Jahren, wurde dann auch die Uni Karlsruhe als erste deutsche Uni über CSNET angeschlossen – die Internet-Ära in Deutschland konnte beginnen.

Dave Crocker, damals Forschungsstudent im CSNET und Ideengeber fürs Phonenet, der den Preis an Stelle von CSNET-Spiritus-Rector Larry Landweber in Stockholm entgegennahm, sagte, innerhalb der Gruppe habe erhebliche Skepsis darüber geherrscht, ob man die von der NSF vorgegebene Zielvorgabe von 100 Nutzern innerhalb von fünf Jahren schaffen könne. Gleichzeitig habe man auch nicht gewusst, ob die Netze den Datenverkehr von 100 Organisationen bewältigen könnten. CSNET war beauftragt, nach fünf Jahren finanziell auf eigenen Beinen zu stehen.

Aus den dafür ausgearbeiteten unterschiedlichen Tarifen für Universitäten und Unternehmen und in Abhängigkeit von den in Anspruch genommenen Diensten sei langfristig die Idee für kommerzielle Internetdienste hervorgegangen, meint Crocker. Das sei das eigentliche Verdienst von CSNET. Manche Ideen aus dem CSNET, etwa der auf die Anwesenheit des Mailpartners auf der anderen Seite angewiesene E-Mail-Versand übers Telefonnetz, spiegele sich im übrigen heute in Entwicklungen zu Übertragung von Daten mit großen Verzögerungen etwa ins Weltraumnetz.

Für das kleine Jon-Postel-Preisgeld (3000 US Dollar) sucht CSNET nun noch einen guten Adressaten. Da die Organisation 1988 in der Corporation for Research and Educational Networking aufging, wollen die CSNET-Forscher es an eine gemeinnützige Organisation stiften, die sich heute ums Internet und seine Nutzer kümmert. (Monika Ermert) / (jk)