Juristen plädieren für wissenschaftsfreundlicheres Urheberrecht
Ein Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsrecht kommt in einer Studie für das Bundesforschungsministerium zu dem Ergebnis, dass eine "allgemeine Bildungs- und Wissenschaftsschranke" im Urheberrecht machbar ist.
Wettbewerbsrechtler unter der Führung des Ex-Vorsitzenden der Monopolkommission, Justus Haucap, plädieren dafür, den Zugang zum Wissen durch stärkere Nutzerrechte im Urheberrecht auszubauen und zu erleichtern. "Eine allgemeine Bildungs- und Wissenschaftsschranke ist realisierbar", schreiben die vier Verfasser in einer Studie.
Schwer handhabbare Ausnahmen
Die Forscher haben für die Untersuchung 303 wissenschaftliche Bibliotheken von Hochschulen und Forschungsinstituten sowie 133 hauptamtlich geführte Stadtbibliotheken befragt. Herausgefunden haben sie, dass die derzeitigen Ausnahmen vom exklusiven Verwertungsrecht oftmals "nur schwer handhabbar" sind. Dies liege vor allem an "zahlreichen unbestimmten Rechtsbegriffen" und an der "Komplexität der Ausgestaltung" der bestehenden "Schrankenregelungen".
Vor allem kritisieren die Befragten Bestimmungen zum "Kopienversand auf Bestellung", die in Paragraf 53a Urheberrechtsgesetz festgeschrieben sind. Die damit einhergehende Rechtsunsicherheit habe die meisten Bibliotheken dazu veranlasst, berechtigten Nachfragern selbst prinzipiell elektronisch verfügbare Artikel "entweder in Papierform oder als eingescannte Version mit mangelnder Qualität zur Verfügung zu stellen". Die mit vielen Restriktionen versehene Klausel sei in der Tat "für den Laien komplett unverständlich", selbst Juristen blickten ohne zugehörige Kommentare oft nicht durch.
Forderungen an die Politiker
Je nach Reichweite der möglichen neuen Nutzerrechte müsse gegebenenfalls die EU-Copyright-Richtlinie verändert werden, heißt es in der Studie. Die große Koalition hat sich hierzulande das Ziel gesetzt, noch vor den Neuwahlen 2017 eine Wissenschaftsschranke im Urheberrecht zu verankern. Einen aktuellen Vorschlag der Grünen dazu bewerteten Vertreter der Regierungsfraktionen Anfang Juli aber teils skeptisch. Der Innsbrucker Urheberrechtler Leonhard Dobusch forderte Schwarz-Rot angesichts der neuen Studie und einer früheren Arbeit der Berliner Juraprofessorin Katharina de la Durantaye auf, endlich zu Potte zu kommen. (anw)