KI-Update Deep-Dive: Musik vom FlieĂźband
GEMA-Vorstandsvorsitzender Dr. Tobias Holzmüller über die Herausforderungen und Lösungsansätze für die Musikbranche.
Die Rolle der GEMA in der Musikindustrie
Die rasante Entwicklung der künstlichen Intelligenz (KI) stellt die Musikbranche vor neue Herausforderungen. Die GEMA setzt sich für die Rechte von Komponist*innen, Textdichter*innen und Musikproduzent*innen ein. "Die GEMA ist ein Verein von Menschen, die Musik machen, um davon zu leben", erklärt Dr. Tobias Holzmüller, Vorstandsvorsitzender der GEMA. Die Organisation ist Teil eines internationalen Netzwerks, das Musik-Urheberrechte weltweit wahrnimmt. Trotz dieser starken Gemeinschaft stehen viele Musiker*innen vor der Herausforderung, ihren Lebensunterhalt in einem sich wandelnden Markt zu sichern.
KI als Bedrohung fĂĽr den Musikerberuf
Eine kürzlich von der GEMA und der französischen SACEM durchgeführte Studie zeigt, dass die Musikschaffenden in Deutschland und Frankreich gespalten auf die Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) reagieren. "Es ist so eine seltsame Mischung aus Panik und Euphorie", beschreibt Holzmüller die Stimmung. Während ein Drittel der Befragten bereits KI in ihrem kreativen Prozess nutzt, fürchten 75 Prozent, dass KI ihre Jobs gefährden könnte. Nach Schätzung der Studie betrifft das Risiko mittelfristig 27 % der Einnahmen von Urheberinnen und Textdichtern. Das Resultat für die Mitglieder von GEMA und SACEM wäre ein kumulierter Einnahmenverlust von 2,7 Milliarden Euro bis 2028.
"Wir gehen davon aus, dass es ungefähr 100.000 Menschen gibt in Deutschland, die hauptberuflich Musik machen, sei es als Schreiberin oder Schreiber oder als Interpret", so Holzmüller. "Wenn man den Kreis ein bisschen weiter zieht und dann auch Studiobetreiber oder Musiklehrer dazu nimmt, dann wären wir wahrscheinlich bei einer Viertelmillion." Dabei verlassen sich viele Musikerinnen und Musiker auf einen Mix von Einkommensquellen. Neben künstlerischen Engagements geben viele von ihnen Musikunterricht oder schreiben Jingles und Games- oder Hintergrundmusik. Gerade letzteres sieht er durch die neuen KI-Musikgeneratoren bedroht: "Diese Tools sind wie so eine Jukebox, die einmal gefüttert worden ist und jetzt in alle Ewigkeit Songs ausspucken kann, die aber immer etwas anders sind."
Fehlende Einwilligung und VergĂĽtung
Ein zentrales Problem sieht HolzmĂĽller darin, dass die KI-Modelle ohne Zustimmung der Musikschaffenden mit deren Werken trainiert wurden. "Wenn ich als Komponistin oder Komponist 20 Jahre lang Musik gemacht habe, ist diese ist natĂĽrlich irgendwo verfĂĽgbar. Und jetzt wurde ein KI-Modell, ohne dass irgendwer gefragt wurde, ohne dass irgendwer dafĂĽr auch kompensiert wurde, mit dieser Musik gefĂĽttert und damit wurde eine Maschine geschaffen, die quasi auf Knopfdruck Variationen oder Assoziationen zu den bestehenden MusikstĂĽcken ausspuckt", kritisiert er. Ein Filmkomponist habe es auf der GEMA-Mitgliederversammlung treffend formuliert: "Wir werden erst bestohlen und dann wird mit der Beute eine Maschine gebaut, die uns auch noch die Jobs wegnehmen soll."
Lizenzmodell fĂĽr faire Beteiligung
Um diesem Problem zu begegnen, hat die GEMA nun ein Lizenzmodell für KI-Anbieter vorgestellt. "Wir erlauben das Training, indem wir eine Lizenz erteilen für das Repertoire unserer Mitglieder und verlangen dafür aber, dass dort, wo diese KI-Musik dann eingesetzt wird, eine Vergütung bezahlt wird, die dann wieder in die Taschen der Menschen zurückfließt, die die KI erst möglich gemacht haben", erläutert Holzmüller den Ansatz. Konkret bedeutet das: Wenn beispielsweise ein Filmproduzent KI-generierte Musik einsetzt, um Kosten zu sparen, müsste er dafür eine Gebühr an die GEMA zahlen. Diese würde die Einnahmen dann an ihre Mitglieder ausschütten, deren Werke zum Training der KI verwendet wurden.
Die GEMA arbeitet eng mit internationalen Partnern zusammen, um globale Lösungen für die Herausforderungen der KI in der Musik zu finden. "Wir sind uns alle einig, dass diese KI nicht trainiert werden kann, ohne dass Erlaubnisse eingeholt werden", so Holzmüller. Der europäische AI-Act bietet bereits erste Ansätze, doch die Diskussion über faire Vergütungsmodelle und rechtliche Anpassungen bleibt weiterhin im Fokus.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmung wird hier ein externer Podcast (Podigee GmbH) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden.
Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Podigee GmbH) übermittelt werden.
Mehr dazu in unserer
Datenschutzerklärung.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmung wird hier ein externer Podcast (Podigee GmbH) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Podigee GmbH) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.
Die Zukunft der Musik in der KI-Ă„ra
Trotz der Herausforderungen bleibt Holzmüller optimistisch: "Ich bin fest davon überzeugt, dass wir, wenn wir einen Ozean von KI generierten Songs hören, dann das Besondere und auch das emotional Berührende, was menschengemachte Musik angeht, noch viel mehr schätzen." Klar ist jedoch: Um auch in Zukunft eine lebendige und vielfältige Musiklandschaft zu erhalten, müssen Wege gefunden werden, die Existenz von professionellen Musikerinnen und Musikern zu sichern - auch im Zeitalter der künstlichen Intelligenz.
(igr)