Signal im Kabel-TV nun schneller als über Satelliten

Bislang lag das Satellitensignal immer vorn, doch mit einer entscheidenden Technikumstellung schiebt sich der Kabel-TV-Empfang nun vor alle anderen Empfangswege

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(Bild: ThomBal/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Fußball-Fans wissen, dass die Verzögerung auf den Übertragungswegen den Spaß am Zuschauen mächtig beeinträchtigen kann. Denn die Latenzen entscheiden darüber, wer den Ball zuerst im Tor sieht: Wenn der Nachbar früher jubelt, kann das gerade beim Elfmeterschießen sehr nerven. Wir haben deshalb nachgemessen, wie lange es beim klassischen DVB-Empfang und beim IPTV-Streaming dauert, bis der Ball am Bildschirm im Tor landet. Hier hat sich einiges getan.

Weil der schnellste Empfangsweg bisher stets das Satellitensignal war, haben wir bei unseren Latenzmessungen immer DVB-S2 als virtuellen Nullpunkt gewählt, an dem sich alle anderen Übertragungswege messen müssen. Doch technische Änderung bei Vodafone und ein paar Tricks haben die Verhältnisse gedreht: Zumindest zur Fußball-EM liegt Kabel-TV bei ARD und ZDF vor dem Satellitensignal.

Bei der ARD waren es 1,5 Sekunden, im ZDF sogar 2,5 Sekunden. Die Spiele der deutschen Fußballmannschaft sowie die Halbfinals und das EM-Finale werden im FreeTV von ARD und ZDF übertragen. Alle EM-Spiele, darunter fünf Exklusivspiele, sind zudem auf MagentaTV zu sehen.

Die Beschleunigung gelang Vodafone als Kabelnetzbetreiber durch eine entscheidende Umstellung: Die TV-Signale werden aus dem Stadion ab sofort über schnelle Glasfaserleitungen direkt in die beiden TV-Zentren in Kerpen und Frankfurt-Rödelheim weitergeleitet. Bislang wurden sie zunächst aus den Ü-Wagen am Stadion per Satellit übertragen und dieses Signal in den Sendeanstalten von den TV-Anbietern aufbereitet. Das verschaffte dem Sat-Empfang einen zeitlichen Vorsprung.

Neben der Glasfaser-Anbindung spielt vor allem die Signalverarbeitung eine Rolle. Hier setzt Vodafone für den Zeitraum der EM zusätzlich einen "Jubel-Booster" genannten Kniff ein, bei dem das Unternehmen das unkomprimierte TV-Signal für die Signalaufbereitung nutzt. Dabei spart der Kabelnetzbetreiber die Pre-Encoding Stufe ein und encodiert das Studiosignal direkt in der letzten Stufe in einem Low-Delay Modus.

Der Jubel-Booster funktioniert derzeit ausschließlich bei Das Erste HD und ZDF HD und bisher in 13 Bundesländern. In Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg liegen die Signale von ARD und ZDF nach Angaben von Vodafone derzeit noch auf Augenhöhe mit Satellit – da c’t in Hannover beheimatet ist, konnten wir das bisher nicht selbst überprüfen. „An einer Einführung des Jubel-Boosters in den drei Bundesländern wird derzeit noch gearbeitet“, erklärte uns Guido Kneuper. Die kürzeren Latenzen gelten nur für das Kabel-TV-Netz von Vodafone, Kunden von PYUR & Co. liegen weiterhin kurz hinter dem Sat-Signal.

Update

Laut Vodafone kommen die EM-Spiele im Kabel-TV-Netz von Vodafone bei ARD und ZDF jetzt auch in den drei o.g. Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg mit kürzeren Latenzen auf den Schirm.

Korrekturen gegenüber unseren ersten Messungen gibt es auch bei Waipu.tv. So betrug die Verzögerung Anfang Juni eineinhalb Minuten, als wir die Waipu-tv-App im Browser am PC nutzten. Hier lag nach Angaben von Waipu ein Fehler in der App vor, und tatsächlich haben wir jetzt deutlich erträglichere Latenzen von 13 (ARD) beziehungsweise 15 Sekunden (ZDF) gegenüber dem nun schnellsten Kabelsignal gemessen.

Beim Streaming gilt allerdings weiterhin unsere Empfehlung, für den TV-Empfang übers Internet die Mediatheken-Apps von ARD und ZDF zu nutzen. Mit diesen liegt man am dichtesten an den klassischen DVB-Empfangswegen. Im Mittel waren es fünf Sekunden gegenüber dem vorn liegenden Kabel-TV-Empfang. In der Tabelle finden Sie ein Update unserer Messergebnisse.

(uk)