Kabinett segnet auf Sondersitzung Griechenland-Hilfe ab

Bundestag und Bundesrat sollen noch bis zum Wochenende darüber entscheiden

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Nun läuft alles nach dem eiligen Zeitplan, um die Pleite von Griechenland am 19. Mai abzuwenden. Schon am Montag trat eilig das Kabinett in Berlin zusammen, um auf einer Sondersitzung den Weg für deutsche Finanzhilfen in einer Höhe von 22,4 Milliarden Euro frei zu machen. Damit wurde dem Schlingerkurs der schwarz-gelben Regierung ein definitives Ende gesetzt. Wie geplant hatten am Wochenende Finanzminister der Euro-Zone die Pläne abgesegnet, die zuvor zwischen Griechenland, dem Internationalen Währungsfonds (IWF), der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Europäischen Kommission ausgehandelt wurden.

Anders als die 135 Milliarden, die zuletzt in der Diskussion waren, fällt die Gesamtsumme mit 110 Milliarden Euro etwas niedriger aus, die das Land in den kommenden drei Jahren erhalten soll. Griechenland bekommt zudem Zeit bis 2014, um das enorme Haushaltdefizit von 13,6 % unter die Grenze von 3 % der Wirtschaftsleistung zu senken. Der Anteil des IWF am Nothilfepaket ist gewachsen, der mit 30 Milliarden Euro mehr als ein Drittel der Gesamtsumme aufbringen soll. Im ursprünglichen Plan war vorgesehen, den IWF mit 15 von 45 Milliarden zu einem Drittel zu beteiligen.

Auf Deutschland entfallen nach dem langen Gezerre um die Nothilfe nun statt der geplanten 8,4 rund 22 Milliarden Euro. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verteidigte die Entscheidung als wichtigen Beitrag zur Stabilisierung des Euro und für die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist das Rettungspaket von enormer politischer und wirtschaftlicher Tragweite für den gesamten Euro-Raum. Das hat sie zwar stets behauptet, doch mit ihrem Bremskurs hat die Regierung genau das Gegenteil gemacht und die Spekulationen gegen Griechenland und den Euro angeheizt.

Für Merkel entwickelt sich die Griechenland-Nothilfe zu ihrem Waterloo. Das Paket soll nun auf einem Gipfeltreffen der Euro-Gruppe am 7. Mai in Brüssel verabschiedet werden. Lange hatte Merkel versucht, die Entscheidung auf die Zeit nach den Wahlen in Nordrhein-Westfalen am Sonntag zu verschieben, um die Bundesratsmehrheit nicht zu gefährden. Doch nun ist ihr die Bombe in den Händen geplatzt und muss der unpopuläre Vorgang ausgerechnet in den letzten Tagen vor der wichtigsten Wahl 2010 durch beide Parlamente gebracht werden. Eigentlich hätte alles längst in trockenen Tüchern sein können und Deutschland hätte sich großen Unmut in der EU ersparen können. Zudem hätte die gefährliche und teure Ausweitung des Problems vermieden werden können.

So kann sich nun die Opposition profilieren. Da Merkel auf eine breite Zustimmung für ihr Gesetz hofft, wollen Sozialdemokraten und Grüne einige ihrer Forderungen durchsetzen. Die SPD will nicht nur Banken in das Paket einbinden. Der SPD-Chef Sigmar Gabriel erklärte: "Die Einführung einer europäischen Finanzmarktsteuer ist dringend erforderlich." Die Lasten dürften nicht ein zweites Mal dem Steuerzahler aufgebürdet werden. Die Zustimmung zu dem Gesetzentwurf sei von der Transparenz und der Nachhaltigkeit des Gesetzesentwurfs abhängig. Die zentralen Forderungen lauten: Durchsetzung wirksamer Regeln an den europäischen Finanzmärkten, die auch einen wirksamen Produkt-TÜV, eine europäische Ratingagentur und das Verbot bestimmter ökonomisch gefährlicher Finanzprodukte beinhalten. Vergessen werden sollte aber nicht, dass sich der Einsatz der SPD für diese Mechanismen stark in Grenzen hielt, als sie bis vor wenigen Monaten noch mit der Union in einer großen Koalition regierte.

Die Grünen plädieren zudem erneut dafür, eine Finanztransaktionssteuer einzuführen. Im Interview warf die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast der Bundeskanzlerin vor, dass "zu spät reagiert wurde und Frau Merkel das Ganze noch teuerer gemacht hat". Sie fordert, dass die, "die gezockt haben, mit an den Kosten beteiligt werden, und ich will diese Woche auch wissen, wie kann man dafür sorgen, dass in Zukunft sich solche Dinge nicht wiederholen können."

Die Linke ist zwar dafür, Griechenland zu helfen, doch sie wird dem Nothilfe-Gesetz wohl nicht zustimmen, sagte der Noch-Vorsitzende der Linken, Oskar Lafontaine. Er wies darauf hin, dass seit dem Ausbruch der Krise weder die große Koalition noch die schwarz-gelbe Regierung ihr Hausaufgaben gemacht hat: "Es hat keinen Sinn, Hilfspaketen zuzustimmen, die die notwendigsten Voraussetzungen nicht schaffen, damit solche Krisen sich nicht endlos fortsetzen." Er forderte deshalb, "die Banken an die die Kette zu legen" und die "Massenvernichtungswaffen" an den Finanzmärkten zu beseitigen. "Anders gibt es überhaupt keine Heilung." Gegen den Einwand, dass dies lange dauern würde, erklärte er: "Man kann sofort beschließen, die Kreditausfallversicherungen nicht mehr zuzulassen." Die "Credit Default Swaps" dienen als ein Mittel zur Spekulation.

Verständnis zeigte er für die Proteste in Griechenland. Man müsse sich Lohnkürzungen von bis zu 30 % einmal in Deutschland vorstellen. "Ich habe nichts gehört von einer Besteuerung von großen Vermögen." Auch von den Kürzungen der Rüstungsausgaben, wie sie Portugal im Sparpaket hat, sei nicht die Rede. "Die Militärausgaben in Griechenland sind absurd, sie sind viel zu hoch, sie stehen in keinem Verhältnis zur Leistungsfähigkeit des Landes." Nutznießer ist unter anderem Deutschland.

Derweil greift auch die EZB erneut dem Land unter die Arme. Nach der Aufweichung schon bestehender Regeln wurde nun eine beispiellose Ausnahmeregelung gemacht. Die Zentralbank akzeptiert jetzt alle griechischen Wertpapiere als Sicherheiten für geliehenes Geld. Die Bewertung durch Ratingagenturen wird nicht mehr berücksichtigt, die Griechenland zum Teil auf Ramsch-Status abgewertet haben. Die Mindestanforderung für bereits begebene und künftige griechische Staatsanleihen werde bis auf weiteres ausgesetzt, teilte die EZB in Frankfurt mit. Die Banken des Landes können sich damit bei der EZB weiterhin refinanzieren und die EZB begründete den Schritt mit dem Sparprogramm Athens.