Kambodscha übt sich in 3G

Nur 13.000 der insgesamt 15 Millionen Kambodschaner haben einen Internet-Zugang. Da Festnetzanschlüsse Mangelware sind, telefoniert das Land mobil. Jetzt starten die ersten 3G-Dienste - obwohl die Regierung sie für zehn Jahre aus dem Land verbannt hat.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Kambodscha gehört zu den Ländern, deren Namen zwar geläufig sind, über die man aber trotzdem nur sehr wenig weiß. So überraschen zunächst zwei Zahlen aus einer gerade vorgelegten Studie der für den Ausbau der Informations- und Telekommunikationsinfrastruktur in Kambodscha zuständigen National ICT Development Authority (NiDA): Obwohl das südostasiatische Land mit 15 Millionen Einwohnern fast doppelt so viele Bürger zählt wie Österreich, nutzen lediglich 13.000 Kambodschaner regelmäßig das Internet. Auch ist Kambodscha ein Land, in dem der Mobilfunk keinen Siegeszug über das Festnetz antreten musste – das Handy dominiert den heimischen Telekommunikationsmarkt schon seit mehr als einem Jahrzehnt. Derzeit kommen auf jeden Festnetzanschluss rund 70 Mobilfunkanschlüsse – Tendenz weiter steigend.

Dass kabelgebundene Telefonanschlüsse Mangelware sind und noch nicht einmal jeder tausendste Kambodschaner heute über eine eigene Internetverbindung verfügt, liegt vor allem an der jüngeren Geschichte des Landes. Von den USA wurde das Land während des Vietnamkrieges in Schutt und Asche gebombt, weil sich die Militärs dadurch erhofften, den Ho-Chi-Minh-Pfad, die Nachschublinie des kommunistischen Nordvietnams, zu zerstören. Später kamen dann die berüchtigten Roten Khmer an die Macht, deren Terror-Regime erst kurz vor der Jahrtausendwende endete. Während etwa das benachbarte Thailand schon zum Ende des vergangenen Jahrhunderts mit den höchsten Wachstumsraten der Weltwirtschaft glänzen konnte und Vietnam nun die Schwelle zum Hightech-Land erreicht hat, muss sich Kambodscha erst noch von den jahrzehntelangen Kriegs- und Bürgerkriegswirren erholen.

Die 13.000 Internetnutzer im Land verteilen sich laut NiDA vor allem auf zwei Städte: Phnom Penh, die inzwischen rund zwei Millionen Einwohner zählende Hauptstadt des Landes, sowie Siem Reap nahe des Tonle-Sap-Sees im Norden Kambodschas. Touristen besuchen die Siem-Reap-Region vor allem wegen der großen Sandstein-Tempelanlage Angkor Wat, die zum Weltkulturerbe gehört. Ansonsten ist Kambodscha – bis auf einige Internetcafés in anderen Touristikzentren – noch weitgehend ein großer weißer Fleck auf der weltweiten Internet-Landkarte. Was nicht zuletzt auch an den Preisen liegt. So verlangt etwa der einheimische Internet Service Provider Camnet für eine 256-kBit/s-Satellitenanbindung eine monatliche Gebühr von umgerechnet 250 Euro, was über dem durchschnittlichen Jahreseinkommen in Kambodscha liegt.

Günstiger kommen Hauptstädter weg, die an das Kabelnetz der Phnom Penh Municipal Cable Television (PPCTV) angeschlossen sind. Hier kostet beispielsweise ein Surf-Basic-Paket (256 kBit/s) mit einem Inklusiv-Volumen von 1,1 GByte umgerechnet 57 Euro pro Monat – zusätzlich zu den Gebühren für den Kabelanschluss. Wer auf 512 kBit/s umsteigen und unbegrenzt surfen will, ist bei PPCTV jedoch mit sage und schreibe 517 Euro monatlich dabei. Ingesamt buhlen derzeit 13 ISPs in Kambodscha um die Gunst zahlungskräftiger Kunden, darunter Hotels und ausländische Firmen. Doch insbesondere für junge Leute kann die Internet-Knappheit im Land auch den Start einer neuen Karriere bedeuten. So bilden sich vor kleinen Buden in Phnom Penh häufig lange Schlangen, weil dort jemand sitzt, der den ganzen Tag über Musik, Videos und Spiele aus dem Netz lädt und das Material dann gegen wenig Geld auf die Handys der Kunden überträgt.

Laut einem Bericht der Phnom Penh Post kostet ein MP3-Song in den Buden durchschnittlich 1000 kambodschanische Riel, also etwa 17 Euro-Cent. Woher die Songs stammen und ob es ein Copyright darauf gibt, scheint in Kambodscha nur wenige zu interessieren. Dass es trotz der hohen Handy-Durchdringung im Land keine nennenswerten Datenübertragungen per Mobilfunk gibt, liegt daran, dass die kambodschanische Regierung unter Premierminister Hun Sen mobile Breitbanddienste ablehnt, weil darüber anstößige Bilder und Filme verbreitet werden könnten, die "der Kultur Kambodschas widersprechen". Obwohl im Jahr 2006 ein zehnjähriger Bann auf 3G-Dienste erlassen wurde, vereinbarte MTV Networks Asia im März dieses Jahres jedoch mit dem Provider Cambodia Advance Communications (CADCOMMS), dass über den neuen Dienst "qb" künftig Videos und auch schnelle 3G-Mobilverbindungen angeboten werden sollen. Da Kunden über "qb" nur gefiltertes MTV-Material abrufen können, hat die Regierung in Phnom Penh offenbar nichts mehr dagegen einzuwenden. (pmz)