Kameras im Extremeinsatz: Transport, Schäden, Diebstahl

Der weltreisende Radiologe Dr. Claus Possberg schont seine Fotoausrüstung nicht. Mit geborstenen Bajonetten, korrodierten Platinen und Sturzschäden aller Art ist er Stammgast in den Vertragswerkstätten diverser Kamerahersteller.

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Dr. Claus Possberg
Inhaltsverzeichnis

Der Reisestress für eine teure Kameraausrüstung beginnt oft schon am Flughafen. Gerade in Drittweltstaaten ist das Flughafenpersonal meiner Erfahrung nach oft unmotiviert und wirft bei der Sicherheitskontrolle oder beim Verladen die kostbaren Sachen rücksichtslos herum. Ein Röntgenscanner-Transportband ohne Endanschlag warf mir letztes Jahr in Georgien meine komplett gefüllte Fototasche einfach auf den Fußboden. Die Kontrolleure grinsten nur. Mein Tipp daher: Versuchen sie unbedingt, alle Fotosachen im Handgepäck unterzukriegen.

Auf fast 5400 Meter vor dem höchsten Berg der Welt, dem Mt. Everest (Tibet). Solche Locations erreicht man nur über unbefestigte Straßen, die Fotoausrüstung wird bei der Anreise entsprechend durchgerüttelt. Die Piste führt wenige Kilometer hinter den nächsten Biegungen in das Basecamp des Mount Everest.

(Bild: Claus Possberg)

Das ist allerdings oft leichter gesagt als getan. Es gibt heute schon eine Reihe von Flügen, bei denen das Handgepäck auf sechs Kilogramm begrenzt ist. Mit Laptop sind oft immerhin acht Kilogramm erlaubt. Für Sport und Wildlife-Fotografen mit ihren teuren, langen Optiken ist das natürlich keine ideale Entwicklung. Nach meiner Erfahrung wird bei Linien-Langstreckenflügen am Schalter schon mal ein Auge zugedrückt. Das klappt natürlich nur, wenn das Abfluggewichtslimit einen entsprechenden Spielraum lässt, wie beispielsweise in nicht voll gebuchten Großraumflugzeugen.Bei Propellermaschinen mit wenigen Sitzen gehen die Fluggesellschaften sehr strikt vor und erlauben keine Toleranz hinsichtlich Größe und Gewicht. Bei Billigfluglinien ist die Tendenz zu beobachten, möglichst jedes Gramm in bare Münze umzuwandeln. Unter Umständen wird verlangt, die Ausrüstung mit dem normalem Gepäck aufzugeben. Das ist natürlich extrem riskant, weil dann die Gefahr von Beschädigungen oder Diebstahl sehr hoch ist. Da ist es besser, die Kamera einem Mitreisendem um den Hals zu hängen,um die Tasche zu entlasten. Tipp: Studieren Sie die Handgepäckvorschriften vorher, das schützt vor Überraschungen am Flughafen. Beim Handgepäck gibt es große Unterschiede zwischen verschiedenen Airlines. Bei Fluggesellschaften wie der Condor kann man beispielsweise durch ein – selbstverständlich kostenpflichtiges – Upgrade von Economy (sechs Kilogramm Handgepäck) auf Premium Class das erlaubte Handgepäck auf zehn Kilogramm steigern. Selbst zehn Kilogramm reichen kaum für Sport- und Wildlifefotografen. Bei Easyjet gibt es hingegen keinerlei Gewichtsbeschränkungen für Handgepäck. Es darf allerdings die Abmessungen von 56 x 45 x 25 Zentimetern nicht überschreiten und der Besitzer muss es ohne fremde Hilfe im Gepäckfach verstauen können.

Extremreisen fordern bei der Ausrüstung auch ihren Tribut durch Vibrationen. Am brutalsten sind lange Fahrten über unbefestigte Pisten. Die Kameras und Objektive müssen in fest verschlossenen, gepolsterten Fototaschen untergebracht werden und hier gut sitzen. Am Motorrad ist ein logischer Ort für die Fototasche der Tankrucksack. Das ist die ideale Position für den raschen Zugriff auf die Kamera. Eine wochenlange Motorradreise durch eine Wüste schüttelt Kameras und Objektive mächtig durch. Dank guter Federung eines Enduromotorrades ist der Stress auf Wellblechpisten aber geringer als in einem Geländewagen. Wellblechpisten haben Bodenwellen quer zur Fahrrichtung, die jedes Fahrzeug ordentlich durchschütteln. In Afrika haben Geländewagen meist eine rustikale Blattfederung, welche die Schläge nur unzureichend abmildern kann. Gelegentliche Transporte in alten Geländewagen waren die häufigste Ausfallursache für meine Kameras. Nach diesen Extrembelastungen war des öfteren eines meiner Kameragehäuse nicht mehr betriebsbereit. Daher habe ich auch immer zwei Gehäuse dabei, Backup ist der einzige wirksame Schutz.

Der Platinen-Korrosionsschaden an der Canon 1Ds Mark III. Auslöser war geringer Nieselregen in Norwegen, dem die Kamera für etwa dreißig Minuten ausgesetzt war. Dem hielten die laut Canon „professionellen Abdichtungen“ dieser nur drei Jahre alten Kamera nicht stand.

(Bild: Claus Possberg)

Bei Kameradefekten war der häufigste Reparaturgrund Verschlussprobleme, gefolgt von Elektronikstörungen, die sich oft nur kostenaufwendig durch Tausch der Hauptplatine beseitigen ließen. Für solche Defekte haben mir herstellerbeauftragte Reparaturbetriebe je nach Kamera und Schaden zwischen 200 und 1200 Euro berechnet. Schäden an Profi-Kameras sind besonders teuer. Erstaunlich finde ich, dass neben den mehr oder weniger erwartbaren Mechanikschäden auch viele Elektronikdefekte vorkamen. Die Wartezeiten waren sowohl bei Canon wie auch jetzt bei Sony erstaunlich kurz, selten über eine Woche bei Standardreparaturen. Von Nikon wird Ähnliches berichtet. Verschlussprobleme sind heute viel häufiger, denn die Fotografen verbrauchen die vom Hersteller vorgesehene Zahl an Auslösungen dank schneller Bildfolgen rasch. Ich lasse beispielsweise gern unbemannte Kameras mit externer Akkuspeisung einen längeren Zeitraum laufen, um seltene Ereignisse wie Meteorschauer oder Polarlichter einzufangen. Da kommen schon in einer einzigen Nacht Hunderte Aufnahmen zusammen. Für Profikameras wie die EOS-1D X gibt Canon die Lebensdauer des Verschlusses mit 400.000 Auslösungen an. Zum Vergleich: Bei einer 5D Mk III sind es nur 150.000 Auslösungen, für Einsteiger-DSLRs wird meist keine Lebensdauer für den Verschluss angegeben.

Auf Extremtouren zu fotografieren bedeutet auch, sich und seine Ausrüstung Gefahren auszusetzen, die durch Dritte kommen. Selbst bei extremer Vorsicht kommt Diebstahl vor. Wenn zum Beispiel bei Flugreisen, das Handgepäck nicht reicht, dann verschwinden teure elektronische Geräte auf mysteriöse Weise bei der Gepäckbeförderung. Letztes Jahr wurde mir auf dem Rückflug aus Georgien nach Deutschland eine Ersatz-Kamera aus einem aufgegebenen Koffer gestohlen. Das ist entweder in Tiflis oder beim Stopover in Warschau passiert. Die moderne Durchleuchtungsanlagen ermöglichen dem Flughafenpersonal einen sehr gezielten Zugriff. Der Koffer war nicht durchwühlt, der Griff ging exakt an die richtige Stelle. Korrupte Beamte ziehen Kameras auch gerne ein. Als Gründe werden dann Fotografierverbote genannt, man hat dann angeblich ein hochgeheimes Bauwerk abgelichtet. Auf diese Weise habe ich in Libyen 1986 meine Pentax LX an einen Polizisten verloren, ohne überhaupt ein Foto gemacht zu haben! Die bei uns übliche Panoramafreiheit gilt in vielen Drittwelt-Staaten nicht oder wird eben so interpretiert, wie es den Uniformierten gerade gefällt. Es ist daher gut, potenziell konfliktträchtige Fotosituationen zu vermeiden.

Die c't Fotografie 6/2016 enthält ein ausführliches Special, welches alle Aspekte fotografischer Extremreisen im Detail behandelt.

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