Kanadische Behörden verbieten Clearviews Gesichtserkennung

Datenschutzbehörden dreier Provinzen tragen Clearview auf, alle Bilder zu löschen, die ohne Zustimmung gesammelt wurden. Clearview hält das für unmöglich.

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Symbolische Darstellung eines Gesichtsscans

(Bild: Neosiam32896395/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Der biometrische Gesichtserkennungsdienst Clearview AI muss alle Bilder und Gesichtsdaten von Einwohnern der kanadischen Provinzen Québec, Alberta und Britisch-Kolumbien löschen. Außerdem darf Clearview seinen Gesichtserkennungsdienst dort auf Dauer nicht mehr anbieten. Das haben die Datenschutzbehörden der drei Provinzen entschieden. Clearview vertritt den Standpunkt, die Bilder und Gesichtsdaten könnten gar nicht gelöscht werden.

Mehr als drei Milliarden Gesichtsfotos hat das New Yorker Unternehmen Clearview AI im Internet zusammengesucht. Damit hat es einen Gesichtserkennungs-Algorithmus trainiert, den es vermietet. Allerdings hat die Firma gar nicht erst versucht, die Zustimmung der Betroffenen einzuholen. Daraufhin haben Google, LinkedIn, Meta, Twitter und YouTube den Fotosammler mit Unterlassungsaufforderungen eingedeckt, weil das Abgreifen der Nutzerbilder gegen die Nutzungsbestimmungen der jeweiligen Dienste verstößt.

Im Februar hat die kanadische Datenschutzbehörde offiziell festgestellt, dass Clearview AI mehrfach gegen kanadisches Bundesrecht verstoßen hat und Clearviews Gesichtserkennungsdienst illegal ist. Die Behörden Australiens und Großbritanniens haben ähnliche Feststellungen getroffen. Das Unternehmen hat seinen Dienst zwar für kanadische Kunden pausiert, möchte den Betrieb aber wieder aufnehmen. Dazu verlangt es, dass die Behörden Richtlinien ausarbeiten, die den legalen Betrieb in Kanada ermöglichen. Darüber hinaus begehrte Clearview die Geheimhaltung des kanadischen Behördenberichts – vergeblich.

Weil sich die Firma weiterhin keiner Schuld bewusst ist, weiter Gesichtsfotos sammeln möchte, die bereits gesammelten Bilder nicht gelöscht hat und die kanadischen Behörden als unzuständig erachtet, haben nun drei Provinzen rechtlich verbindliche Bescheide erlassen (Alberta Order P2021-12, Umsetzung binnen 90 Tagen, Britisch-Kolumbien Order P21-08, Umsetzung binnen sechs Wochen, Québec Dossier 1023158-S, Umsetzung binnen 90 Tagen). Clearview hatte in den Verfahren erneut die Anwendbarkeit kanadischen Rechts sowie die Zuständigkeit der dortigen Behörden in Abrede gestellt.

Außerdem behauptet Clearview, es sei unmöglich, die einschlägigen Bilder zu löschen. Aus den Bildern ginge nicht hervor, wo sie aufgenommen wurden. Auf die Idee, dann eben alle Bilder zu löschen, die nicht Einwohnern anderer Länder zugeordnet werden können, kommt die Datenfirma offenbar nicht. Gleichzeitig verspricht sie ihren Kunden, die gezeigten Personen identifizieren zu können. Dann müsste sich ja auch feststellen lassen, wo diese Personen leben.

Vor allem aber hat sich Clearview in einem Verfahren im US-Staat Illinois ganz anders geäußert: Dort hat es alle Bilder, deren Metadaten einen Aufnahmeort in Illinois verraten, von der Suche ausgeschlossen. Es sammelt auch keine Bilder mehr von Servern, die Illinois zugeordnete IP-Adressen haben, oder in deren URL Stichworte wie Illinois oder Chicago vorkommen. Zudem hat Clearview für Einwohner Illinois' ein Opt-Out-Verfahren eingerichtet. Daher schenken Kanadas Datenschutzbehörden den Behauptungen Clearviews, nichts unternehmen zu können, keinen Glauben.

Während Clearview AI in Großbritannien eine Millionenstrafe droht, können Kanadas Datenschutzbehörden erst dann Strafen verhängen, wenn den nun ausgestellten Bescheiden nicht Folge geleistet wird. Und selbst dann sind die maximalen Strafhöhen in Alberta und Britisch-Kolumbien mit 100.000 kanadischen Dollar (knapp 69.000 Euro) lächerlich gering. Allerdings könnten Betroffene Schadenersatz verlangen.

(ds)