Kandidaten zur Wahl des "Softwarepatents des Jahres" komplett

Im September machte ein Schutzanspruch von Philips auf den Download von Gerätetreibern über das Internet bei der Kür des "Softwarepatent des Monats" das Rennen, sodass sieben Schutzrechte bei der Endausscheidung antreten.

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Bei der Kür des "Softwarepatents des Monats" machte im September ein Schutzanspruch von Philips auf den Download von Gerätetreibern über das Internet das Rennen. Den vom Europäischen Patentamt (EPA) mit der Nummer EP1044400 vergebene Monopolanspruch erachteten 30 Prozent der 2273 Teilnehmer an der Aktion in den vergangenen vier Wochen für besonders auszeichnungswürdig mit dem Negativpreis. Bei der nun anstehenden Wahl des "Softwarepatents des Jahres" sind damit gleich zwei Patente des niederländischen Elektronik-Konzerns auf so genannte computerimplementierte Erfindungen vertreten. Insgesamt sind sieben Schutzansprüche für die Endrunde der Aktion NoSoftwarepatents-Award nominiert. Unter den Kandidaten befinden sich auch Patente von Lucent, Nutzwerk, NTT, Siemens und Techem. Die Nutzer sollen im Lauf des Oktobers entscheiden, welches sie davon am "schädlichsten" halten.

Die Ansprüche der zuletzt dazugekommenen Patentschrift beschreiben, wie ein zu verschiedenen Anwendungssituationen passender Gerätetreiber aus dem Internet heruntergeladen und dann zur Steuerung von Geräten eingesetzt wird. Die Macher der Kampagne, zu denen 1&1, GMX, mySQL, Red Hat, CAS und Jedox gehören, sehen auch Update-Verfahren für internetfähige Standard-Computer davon berührt, bei denen verschiedene PC-Peripheriegeräte wie Drucker mit Treibern aktualisiert werden. Philips fühlt sich dagegen "geehrt", erneut bei der Monatsausscheidung gewonnen zu haben. Wie schon beim Schutzanspruch auf ein Kontextmenü weist der Hersteller aber die Bezeichnung "Softwarepatent" weit von sich. Vielmehr gehe es dabei um eine technische Erfindung, welche die komplexe und zeitraubende Handarbeit zur Programmierung einer Universal-Fernbedienung vereinfache.

Verwendet wird die geschützte Schöpfung laut einer Philips-Sprecherin in der Produktlinie iPronto, die eine neue, einfacher zu bedienende Kontrolle von Bildschirmoberflächen verspricht. Aus der Patentbeschreibung gehe klar hervor, dass sich die Erfindung auf universell einsetzbare Fernbedienungen, Telefongeräte und Haushaltsgeräte beziehe. "Die für die Gültigkeit des Patentes entscheidenden Patentansprüche erstrecken sich allgemein auf die 'Programmierung einer Steueranordnung', die mit einer grafischen Benutzeroberfläche ausgestattet ist", hält der Kampagnenmanager Harald Talarczyk dagegen. In einem der erhobenen Schutzansprüche sei sogar konkret von einem "Softwareprogramm … zur Anwendung in einem Computer" die Rede. Es bleibe offen, welche Art von Gerät der Anwender mit Hilfe der auf der "Steueranordnung" installierten Software bedient.

Auch Oliver Lorenz von der Berliner Gesellschaft EMCITA (European Media, Communication and Information Technology Association) wirft die Frage auf, was die messbare, für Dritte verifizierbar neue Idee sei, "wenn bekannte Geräte bestimmungsgemäß genutzt werden". So könne man nach der Erfindung des Telefons eine Telefonleitung dazu in Anspruch nehmen, um eine Einkaufsliste nach Hause durchzugeben oder ein Taxi zu bestellen, und auf diese Verfahren ein gewerbliches Schutzrecht anmelden. Das Philips-Patent zeige so erneut, was beim EPA im Argen liege: Seitdem die Bedingung der Technizität für die Erteilung von Monopolansprüchen aufgegeben worden sei, fehle der Behörde jeder Maßstab, um die Eigenschaft einer Neuheit als patentierbare Erfindung einzuschätzen. Doch nur Ideen, welche die naturwissenschaftliche Erkenntnis bereichern und das Wissenswachstum in diesem Bereich überdurchschnittlich befördern, dürfen laut Lorenz ein zwanzigjähriges Monopolrecht verdienen. (Stefan Krempl) / (anw)