Kanzlerin antwortet auf Anliegen der Netzbürger

Angela Merkel geht künftig über das Bundespresseamt regelmäßig auf Beiträge ein, die über die Webplattform "Direkt zur Kanzlerin" an sie herangetragen werden.

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Angela Merkel geht künftig über das Bundespresseamt regelmäßig auf Beiträge ein, die über die Webplattform "Direkt zur Kanzlerin" an sie herangetragen werden. Die aus dem universitären Umfeld stammenden Macher des Anfang Oktober gestarteten Online-Projekts zur Demokratiestärkung sind schon seit Anfang der Woche ganz aus dem Häuschen, als sie nach dreiwöchiger Bestürmung der Informationsbeauftragten der Bundesregierung die Zusage auf wöchentliche Reaktionen der Bundeskanzlerin beziehungsweise ihrer Öffentlichkeitsarbeiter erhielten. Aus "Kapazitätsgründen" werde man dabei jeweils nur auf die drei am besten bewerteten Beiträge der Nutzer pro Woche eingehen können. Am heutigen Samstag werden nun die ersten offiziellen Erwiderungen auf die Anliegen der Netzbürger auf der Site mit dem heißen Draht ins Kanzleramt veröffentlicht.

"Selbstständigkeit hat gewaltige Vorteile, aber natürlich auch einige Nachteile", heißt es darin etwa salomonisch auf die Eingabe eines Surfers, der sich über steuerliche Benachteiligungen von Selbständigen und kleinen Firmen sowie eine depressive Stimmung in den eigenen Reihen beklagt. Die wirtschaftliche Entwicklung und die Maßnahmen der Bundesregierung würden jedoch neue Perspektiven schaffen, so die PR-Experten der Kanzlerin. Weiter heißt es: "Die Unternehmenssteuerreform wird zu mehr Gerechtigkeit führen, da sie die Ausnahmetatbestände, mit denen Großunternehmen Steuern sparen können, reduzieren wird."

Auf den Frust eines anderen Netzbürgers, der vor kurzem aufgrund der Verlagerung einer kompletten Firma in die Slowakei den Arbeitsplatz verloren hat, wird auf ein "ganzes Bündel von Maßnahmen" zum Gegensteuern hingewiesen: Es reiche von der Senkung der Lohnzusatzkosten über konkrete Schritte zur Entlastung der Betriebe von überflüssiger Bürokratie bis hin zur Steuerreform. Gleichwohl werde Deutschland aber nie ein Billiglohnland sein. Die Bundesregierung habe deshalb eine Hightech-Strategie beschlossen. Sie solle dazu beitragen, "dass der Wissenstransfer von der Wissenschaft in die Wirtschaft schneller geht und nicht andere Länder deutsche Erfindungen vermarkten."

Abschlägig bescheiden die Sprecher der Kanzlerin den Hinweis einer jungen Mutter auf die "60.000 Euro"-Idee, der zufolge jeder 18-Jährige mit Abitur oder Ausbildungsabschluss einen solchen Batzen Geld als Anschubfinanzierung für den Start ins möglichst eigenständige Berufsleben oder zur Hochschulausbildung erhalten soll. So etwas Ähnliches gebe es mit dem BAföG bereits, ist in der Entgegnung nachzulesen. Diese funktioniere allerdings nach dem Prinzip, "dass jeder zunächst für sich selbst verantwortlich ist und die Gemeinschaft erst dann eintritt, wenn der Einzelne dies nicht mehr leisten kann. Dieser Grundsatz würde durch das von Ihnen angeführte Modell ad absurdum geführt." Die einfach klingende Idee sei somit "ziemlich fragwürdig".

Generell können Surfer auf der politischen Plattform wöchentlich zehn aus 50 veröffentlichten Beiträgen aus vorgegebenen Themengebieten auswählen, die dann an die Regierungschefin und ihren Stab geschickt werden. Das Projekt-Team des Webauftritts hatte dabei zunächst gehofft, dass die Nutzer auch eigene Audio- und Videobeiträge einschicken. Diese sollten quasi das Pendant zu den Video-Podcasts der CDU-Politikerin darstellen. Bislang haben sich die Nutzer allerdings darauf beschränkt, allein in Textform ihre Anliegen auszudrücken. (Stefan Krempl) (gr)