Kein Zero-Rating: Kanadas Regulierer stärkt Netzneutralität

Im Unterschied zum US-Regulierer stärkt die kanadische Behörde die Netzneutralität. Sie verbietet, einzelne Streamingdienste durch gebührenfreie Datenübertragung zu bevorzugen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 6 Kommentare lesen
Fahne Kanadas, dahinter die Fahne Quebecs

Fahne Kanadas, dahinter die Fahne Quebecs

(Bild: 0x010C CC BY-SA 4.0)

Lesezeit: 3 Min.

Logo der Canadian Radio-television and Telecommunication Commission (CRTC)

Einen neuen Rechtsrahmen im Bereich Netzneutralität hat am Donnerstag die kanadische Telecom-Regulierungsbehörde CRTC erlassen (CRTC 2017-104). Sollten kanadische ISP unterschiedliche Datenübertragungen unterschiedlich abrechnen, wird die Behörde vier Faktoren abwägen, um festzustellen, ob das Angebot gegen die Netzneutralität verstößt. Die neuen Bedingungen gelten im Verkehr mit Endkunden in Fest- und Mobilnetzen gleichermaßen.

Die vier Faktoren sind:

  • Die Gleichbehandlung aller Arten von Daten gegenüber Endkunden (agnostic treatment of data)
  • Die Gleichbehandlung aller Kunden, unabhängig von deren Tarif, und aller Inhalteanbieter (exclusiveness of the offering)
  • Auswirkungen auf die Offenheit des Internets und Innovationen (impact on Internet openness and innovation)
  • Finanzielle Kompensation (financial compensation)

Dabei behält sich die Behörde vor, unter "außergewöhnlichen Umständen" mit "deutlichen Vorzügen für das öffentliche Interesse" oder nur "minimalem Schaden" Ausnahmen zu machen. Die CRTC wird aber nicht alle Tarife und Werbeaktionen überprüfen, sondern nur auf Antrag von Kunden oder Netzbetreibern tätig werden. Komplett verboten sind unterschiedliche Tarifierungen aber nicht: Als erlaubtes Beispiel nennt das Dokument unterschiedliche Gebühren je nach Tageszeit.

Werbesujet für "Unlimited Music"

(Bild: Videotron)

Die verdeutlichten Bedingungen wurden auch gleich in einem Verfahren (CRTC 2017-105) angewandt: Der Mobilfunk-Netzbetreiber Videotron aus Quebec hatte Kunden mit bestimmten Mobilfunktarifen die Möglichkeit eröffnet, auf ausgewählte Musikstreaming-Dienste zuzugreifen, ohne das im Tarif enthaltene Datenvolumen anzutasten – sofern weder ein VPN noch Tethering zum Einsatz kamen. Zuletzt waren 19 Streamingdienste von dem so genannten Zero Rating umfasst.

Videotron muss dieses Unlimted Music genannte Angebot binnen dreier Monate einstellen. Zwar sollen die 19 auserkorenen Streaming-Anbieter nichts an Videotron gezahlt haben, aber die anderen drei Faktoren wiegen aus Sicht der CRTC gegen das Angebot. Zudem fand die Behörde keine außergewöhnlichen Umstände zugunsten Videotrons.

"Weil Unlimited Music bestimmte Musikdienste gegenüber anderen bevorzugt und viele Arten von Online-Musikdiensten ausschließt, insbesondere streamende kanadische Radiostationen, meint die Kommission, dass es negative Auswirkungen auf die Offenheit des Internet und Verbraucherentscheidungen haben könnte", heißt es in dem Bescheid etwa zum dritten Punkt. Gerade kleine Dienstebetreiber und neue Anbieter würden von Angeboten wie Unlimited Music benachteiligt.

Mehr Infos

Der Zero Rating Netzbetreiber-eigener Streamingdienste hatte die Behörde bereits in einem früheren Verfahren untersagt. Damals hatten die Mobilfunker Videotron, Rogers und Bell gebührenpflichtige Videostreamingdienste angeboten, ohne deren Nutzung auf das Datenvolumen der Kunden anzurechnen. Das hatte die CRTC wegen Verstoßes gegen die Netzneutralität untersagt.

Bell klagte gegen die damalige Entscheidung und stellte gleichzeitig auf eine zeitabhängige Gebühr für das mobile Videostreaming um. Dieses Angebot galt aber wieder nur für das Bell-eigene Portal und wurde in der Folge vom angerufenen Gericht untersagt. Rogers begrüßte die am Donnerstag gegen Videotron ergangene Entscheidung. Auch Verbraucherschützer zeigten sich erfreut. (ds)