Keine zufälligen Chats mehr: Omegle schließt

Mit Omegle konnte man anonym, zufällig Kontakte knüpfen. Das ging oft in die Hose – in mehrfacher Hinsicht.

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(Bild: Screenshot Omegle.com)

Lesezeit: 3 Min.

Omegle, Chatroulette, Meow Chat, sie alle haben gemein, dass man anonym und auf gut Glück mit fremden Menschen chatten kann beziehungsweise konnte. Denn nach massiven und immer wiederkehrenden Problemen schließt nun zumindest Omegle. Der Gründer und nach wie vor Betreiber Leif K-Brooks bedauert den Schritt in einem Statement, scheint aber auch ein wenig angefressen zu sein.

Immer wieder hat es Vorwürfe und auch Klagen gegeben, weil Menschen die Plattform missbraucht haben, um etwa Minderjährige zu sexuellen Handlungen vor der Kamera zu bewegen oder um sich selbst freizügig zu präsentieren. Penisbilder waren gerade in den Hochzeiten vor gut zehn Jahren wirklich nicht die Ausnahme, sondern mehr die Regel. Auch wenn es sicherlich auch damals Communitys gegeben hat, die Chatprogramme nutzten, um sich beispielsweise beim Spielen zu zeigen – quasi als Vorgänger von Twitch und Discord.

K-Brooks schreibt nun, er selbst sei Opfer sexuellen Missbrauchs in der Kindheit gewesen und sei sich bewusst, dass das Internet nicht frei von böswilligen Menschen ist. Dennoch sei für ihn immer entscheidend gewesen, dass ein "nein" online auch ein "nein" sein konnte. Während er in der realen Welt offensichtlich erfahren hat, dass sein "nein" ignoriert wurde. Chats hätten ihm ein sozialeres Umfeld ermöglicht.

Mit 18 Jahren habe er 2009 Omegle veröffentlicht. 14 Jahre später ist Schluss. Die Homepage ziert ein Grabstein mit den Jahreszahlen und der Brief an die Community. Darin erklärt er auch, dass es Moderation von Inhalten gegeben habe – inklusive "state of the art AI" und ein wundervolles Moderatoren-Team. Man habe mit Behörden zusammengearbeitet, um Kriminelle hinter Gitter zu bringen. Aber man könne Kriminalität nicht endgültig besiegen, es sei ein täglicher Kampf. Dieser ist allerdings auch auf seiner Plattform ausgetragen worden.

Es habe Attacken gegeben, die K-Brooks nicht näher benennt. Diese Attacken hätten nun dazu geführt, dass er seinen Dienst schließt. Ein etwas unglücklicher Vergleich ist dann wohl, dass dies so sei, als würde die Gesellschaft Frauen zwingen, sich konservativ zu kleiden, um nicht vergewaltigt zu werden. "So sehr ich mir wünschte, die Umstände wären anders, der Stress und die Kosten dieses Kampfes – gepaart mit dem bestehenden Stress und den Kosten des Betriebs Omegles und der Bekämpfung seines Missbrauchs – sind einfach zu viel", schreibt der Plattformbetreiber. Der Betrieb von Omegle sei nicht mehr "nachhaltig, weder finanziell noch psychologisch".

(emw)