Kiew: Kryptogeldbörsen sollen russische Nutzer sperren

Im Zuge der weltweiten Finanzsanktionen gegen Russland sollten Kryptogeldbörsen auch russische Nutzer sperren, fordert die ukrainische Regierung.

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(Bild: mk1one/Shutterstock.com)

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Der ukrainische Vizepremierminister Mykhailo Fedorov hat am Sonntag Kryptowährungsbörsen dazu aufgefordert, Adressen russischer Nutzer zu blockieren. Dabei sollten sie nicht nur auf Personen aus russischer und belarusischer Politik abzielen, sondern auch auf private Nutzerinnen und Nutzer, schrieb Fedorov in einem Tweet. Zuvor hatte er auch Belohnungen aus der ukrainischen "Cryptocommunity" versprochen für Hinweise zur Identifikation von Kryptowährungsadressen russischer und belarussischer Politiker.

Bei Kryptowährungsbörsen stößt Fedorovs Forderung eher auf wenig Gegenliebe. Man werde zwar die internationalen Sanktionen gegen bestimmte Personen umsetzen, sagte etwa ein Sprecher der weltgrößten Börse Binance dem Wirtschaftssender CNBC. Aber keinesfalls werde man einseitig die Accounts von Millionen unschuldiger User einfrieren. "Kryptowährungen sind dafür gedacht, Menschen rund um den Globus mehr finanzielle Freiheit zu bringen." Ein umfassender Bann von Konten wäre absolut konträr zu dieser Grundidee. Auch die Börsen Kucoin sowie Coinbase erklärten an Stellungnahmen an die Presse, Sanktionen umsetzen zu wollen, aber nicht von sich aus Pauschal-Sperren zu verhängen.

Jesse Powell, Chef der Börse Kraken, schrieb via Twitter, dass er die Gründe für die Forderung Fedorovs nachvollziehen könne, aber ohne eine gesetzliche Grundlage werde seine Börse keine umfassenden Accountsperren umsetzen. Russischen Bürger sollte aber klar sein, dass solche Regelungen bevorstehen könnten.

Wie auch Binance beschwor Powell, dass der Bitcoin eine Verkörperung libertärer Werte sei. Es gehe um Freiheit und die Bedürfnisse von Individuen, nicht um die Belange von Staaten und politischen Gruppen. Abgesehen davon, müsste man wohl auch US-Bürgern die Konten sperren, wenn man Bürger aus den Staaten treffen wollte, die ungerechtfertigt attackierten und Gewalt provozierten. Das sei keine gangbare Geschäftsoption, so Powell.

Bislang trat lediglich das in der Ukraine wurzelnde und inzwischen in Kalifornien beheimatete Start-up Dmarket mit einer Sperre für russische und belarussische Bürger hervor. Dmarket betreibt einen Marktplatz für NFTs sowie virtuelle Gegenstände aus Spielen. Man kappe alle Beziehungen zu Russland und Belarus und sperre die Konten von Bürgern dieser Länder, hieß es. Das werde dem Unternehmen sicher schaden, weil 30 Prozent der Kundschaft von dort stammten, sagte Chef Vlad Panchenko dem Onlinemagazin Axios. Aber er mache keine Geschäfte mit Ländern, "die meine Freunde auf der Straße töten". Derzeit sammelt Dmarket Spenden, die der Ukraine zu Gute kommen sollen.

Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine haben die EU, die USA und weitere Staaten wie Kanada und Japan umfassende Sanktionspakete erlassen, die unter anderem verschiedene Personen zum Ziel von Strafmaßnahmen machen. Geschäftsleute, Politiker und sonstige Entscheidungsträger, die die Kriegspolitik Präsident Wladimir Putins mittragen, sowie ihre Familien sind dabei im Visier. Unter anderem sollen Vermögenswerte eingefroren werden. Auch die bislang neutrale Schweiz entschied am Montag, EU-Sanktionen gegen Russland zu übernehmen. Vermögen aller Unternehmen und Personen, die auf europäischen Sanktionslisten stehen, seien auch dort ab sofort gesperrt.

Wie der Wirtschaftsnachrichtendienst Bloomberg unter Berufung auf Insider berichtet, führe die US-Regierung aktuell auch Gespräche mit Kryptogeldbörsen, damit diese den Sanktionen folgten und nicht zum Umgehungspunkt der Strafmaßnahmen würden. Auch wenn Kryptowährungen als dezentrale Netzwerke abseits staatlicher Kontrolle agieren – regulierte, zentralisierte Tauschbörsen als Tor in die und aus der Kryptowelt stehen unter Zugriff der Behörden.

Dezentrale Börsen, hinter denen kein adressierbares Unternehmen steht, sondern eine Organisation auf Blockchainbasis mit Smart Contracts und verteilten Akteuren, dürften da schwieriger zu fassen sein. Allerdings wickeln solche Börsen bei weitem noch nicht die Volumina wie die großen, zentralisierten Börsen ab.

(axk)