"Kirigami-Greifer" lässt Roboter sogar Eigelb zerstörungsfrei anheben

Manche Roboter können Objekte mit hoher Präzision und sehr vorsichtig greifen. Doch für empfindliche Gegenstände bedarf es noch mehr Feingefühl.

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Ein Roboter-Greifer auf Basis der japanischen Falt- und Schneidekunst Kirigami.

(Bild: Hong et al. / Nature Comm. (2022))

Lesezeit: 3 Min.

Wissenschaftler der University of North Carolina (UNC) haben einen flexiblen Greifer für Softroboter auf Basis der japanischen Falt-und Papierschneidekunst Kirigami entwickelt, der besonders empfindliche und zerbrechliche Gegenstände präzise aufnehmen kann. Dem Forscherteam gelang es so, beispielsweise Eigelb, lebende Fische, Seifenblasen und ein menschliches Haar zu "greifen" und wieder abzulegen, ohne sie dabei zu beschädigen.

"Herkömmliche Greifer fassen ein Objekt fest an – sie greifen Dinge, indem sie Druck auf sie ausüben", sagt Jie Jin, außerordentlicher Professor für Maschinenbau sowie Luft- und Raumfahrttechnik an der UNC und einer der beteiligten Forscher.

Das birgt die Gefahr, dass zerbrechliche Gegenstände zu stark belastet und zerstört werden. Menschen können bis zu einem gewissen Grad ebenfalls sehr empfindliche Objekte aufnehmen, dabei umschließen die Hände das Objekt, um die Belastung möglichst gering zu halten, erklärt Jin.

Dies hat sich das Forscherteam zunutze gemacht und eine kugelförmige Struktur entwickelt, die Objekte umschließen kann, ohne dabei Druck auf das Objekt auszuüben. Sie entwickelten dazu mithilfe von 3D-Simulationssoftware ein Modell, das es ermöglicht, zweidimensionale Folie durch Faltung und entsprechende Ausschnitte zu einem kugelförmigen Greifer zu formen, der ein Objekt umschließen und danach aufheben kann, ohne dass es wieder herausfällt. Sobald an den Enden der Folienkonstruktion gezogen wird, umschließt es das Objekt, wird der Zug an den Enden verringert, wird das Objekt wieder losgelassen.

Die Abbildungen zeigen die grundsätzliche Funktion des "Kirigami-Greifers".

(Bild: University of North Carolina)

Bei der Entwicklung orientierte sich das Forscherteam an der japanischen Falt- und Papierschneidekunst Kirigami. Durch Falten und dem Anbringen entsprechender Einschnitte kann aus einem Blatt Papier ein dreidimensionales Objekt geformt werden, ohne dabei Klebstoffe zu verwenden.

Dem Forscherteam gelang es so, empfindliches Eigelb aufzunehmen und unbeschädigt wieder abzusetzen. Auch lebende Fische, Seifenblasen, ein menschliches Haar sowie ein Metallobjekt mit einem Gewicht von 400 Gramm konnten so bewegt werden, wie ein Video des Wissenschaftsteams zeigt.

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In ihrem auf Nature Communications veröffentlichten Open-Access-Papier "Boundary curvature guided programmable shape-morphing kirigami sheets" beschreiben die Forscherinnen und Forscher der UNC verschiedene Anwendungmöglichkeiten der entwickelten Technik, die über den Einsatz als Softrobotikgreifer hinaus gehen. So sehen sie eine weitere Anwendung in der Biomedizin beispielsweise als intelligente Bandagen für Knie- und Ellenbogengelenke, die das Gelenk besser umschließen und sich damit bewegen können.

Noch sei es aber zu früh, um die Technik kommerziell einzusetzen. Der bisherige Ansatz zeige nur, dass die Technik grundsätzlich funktioniere. Man sei im Begriff, die Technik gerade für Softroboter in der industriellen Anwendungen anzupassen. Dazu suche man die Zusammenarbeit mit Partnern aus der Industrie, um auch weitere Anwendungsgebiete zu evaluieren und die Technik aus dem Labor in die Praxis zu überführen.

(olb)