Konferenz RO-MAN: Essen und trinken mit dem Roboter

Roboter können in Supermärkten Regale prüfen und in der Gastronomie helfen. In Gesellschaft eines Roboters soll das Essen sogar besser schmecken.

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Konferenz RO-MAN: Essen und trinken mit dem Roboter

In Gesellschaft eines Roboters kann Schokolade besser schmecken.

(Bild: University of Tokyo)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Hans-Arthur Marsiske
Inhaltsverzeichnis

Der Supermarkt Edeka Sander in Ilmenau wirbt mit geräuscharmen Einkaufswagen, kostenlosem WLAN und "modernster Supermarkttechnik". Dennoch dürften einige Kunden überrascht gewesen sein, als sie dort beim Einkaufen einem Roboter begegneten.

Die 1,50 Meter große und 80 Kilogramm schwere Maschine patrouillierte dort im Rahmen des vom Bundesforschungsministeriums geförderten Rotator-Projekts durch die Gänge, um zu prüfen, welche Regalplätze aufgefüllt werden mussten. Für einen großen Supermarkt könnten sich die durch verzögerte Füllung der Regale verursachten Umsatzeinbußen auf bis zu 100.000 Euro pro Jahr summieren, heißt es in der Beschreibung des Drei-Jahres-Projekts. Über drei Tage testeten daher Forscher der TU Ilmenau und der beteiligten Firmen, inwieweit sich dieser Betrag mit Roboterhilfe reduzieren lässt.

Im Mittelpunkt der Studie, die jetzt bei der Konferenz Robot and Human Interactive Communication (RO-MAN) von Benjamin Lewandowski (TU Ilmenau) vorgestellt wurde, stand allerdings weniger das Prüfen der Regale zu Inventurzwecken, sondern das Verhalten gegenüber den Kunden. Denn natürlich soll der Roboter den Alltagsbetrieb nicht stören und dadurch womöglich noch größere Umsatzeinbußen verursachen. Deswegen ist er so programmiert, dass er erkennt, wenn der schmale Gang zwischen zwei Regalen durch Kunden oder andere Hindernisse blockiert ist, und höflich wartet oder zunächst einen anderen Gang aufsucht. Zudem kann er auf verschiedene Weisen mit Menschen kommunizieren: Neben einer Stimme verfügt er über Lichter, die mit den Farben Grün, Gelb und Rot signalisieren, ob sich ein Mensch in kritischer Distanz zu ihm aufhält. Außerdem kann er mit einem Beamer Zeichen auf den Boden projizieren und damit seine eigene Bewegungsrichtung anzeigen wie auch zu erkennen geben, dass er einen Menschen und dessen Körperausrichtung erkannt hat.

Während des Drei-Tage-Tests wurde der Roboter teils mit und teils ohne diese kommunikativen Fähigkeiten eingesetzt. Eine Kundenbefragung ergab, dass der kommunizierende Roboter deutlich positiver wahrgenommen wurde. Ohne diese Eigenschaft wirkte er dagegen verunsichernd, weil seine Funktion unklar blieb.

Während der Ilmenauer Roboter künftig dafür sorgen soll, dass immer genügend Lebensmittel vorhanden sind, beschäftigen sich andere Beiträge zur RO-MAN mit weiteren Aspekten der Ernährung. So geht es in einer von Débora Pereira (Scuola Superiore Sant’Anna) vorgestellten Studie darum, die Kräfte zu analysieren, die beim Wenden von Speisen auf dem Grill oder in der Bratpfanne aufgewendet werden. Hierfür wurden ein Bratenwender und eine Grillzange mit Kraftsensoren ausgestattet. Sowohl ausgebildete Köche als auch Amateure waren dann aufgefordert, damit Hühnerbrust, Hamburger, Zucchinistücke sowie Auberginen zu wenden. Bis Roboter mit vergleichbarem Geschick einen Grill werden bedienen können, wird es aber wohl noch dauern: Im nächsten Schritt wollen die Forscher erst einmal die Instrumentierung der Küchengeräte verbessern, um präzisere Messungen vornehmen zu können.

Um das Servieren von Getränken ging es bei drei Feldstudien, die von Wissenschaftlerinnen der University of Southern Denmark und dem Fraunhofer IPA im Rahmen des Projekts Smooth durchgeführt wurden. Zwei fanden in Seniorenheimen statt, eine im Foyer eines Konzerthauses. Im Zentrum der Präsentation bei der RO-MAN standen allerdings nicht allein die technischen Herausforderungen als vielmehr die allgemeinen Schwierigkeiten bei der Verlagerung von Experimenten aus dem Labor in reale Umgebungen. Dazu zählen das Einholen von Einverständniserklärungen ebenso wie eine Roboterstimme, die fürs Labor laut genug ist, in geräuschvollen Umgebungen aber kaum noch verstanden wird. Diese Herausforderungen hätten gezeigt, fassen die Forscherinnen zusammen, dass "unsere gegenwärtigen Modelle der Mensch-Roboter-Interaktion unzureichend sind, um mit einer unvorhergesehenen Vielzahl von Teilnehmern, Gruppendynamiken oder ethischen Problemen umzugehen".

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Für das Experiment, das Silvia Rossi und ihr Forschungsteam an der Universität Neapel für das Projekt BRILLO durchführten, wurde im Labor eine Bar nachgebildet, wo ein Pepper-Roboter als Barkeeper agierte. Er konnte sich seinen Gästen gegenüber wahlweise neutral, unterhaltsam oder empathisch verhalten. Als empathisch bezeichneten die Forscher dabei ein Verhalten, das Gesten und Sprache seines Gegenübers imitiert. Es erwies sich als am wirksamsten, wenn es darum geht, das Interesse des Gastes zu wecken, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen und ihn – was in der Studie allerdings nicht ausdrücklich erwähnt wird – zum Trinken zu animieren.

In Gesellschaft speist es sich halt angenehmer, auch wenn es nur ein Roboter ist. Das fanden Ayaka Fujii und ihre Kollegen an der University of Tokyo mit einem Experiment heraus, bei dem den Teilnehmern Schokolade angeboten wurde, die sie in Gegenwart eines humanoiden Nao-Roboters essen sollten. Der Roboter saß an einem kleinen Tisch, der wiederum auf einem größeren Tisch in der Eingangshalle eines Wissenschaftsmuseums stand. Die Versuchsteilnehmer mussten bei dem Experiment ein Head-Mounted-Display tragen, über das sie den Nao beobachteten. Darin konnten sie sehen, wie der Roboter sich selbst (virtuelle) Schokoladenstücke nahm und Bewegungen ausführte, als würde er sie zum Mund führen und herunterschlucken. In einer anschließenden Befragung bewerteten sie das Erlebnis als vergnüglicher als diejenigen Teilnehmer, bei denen der Roboter nur über das Essen gesprochen hatte, anstatt selbst zuzugreifen. Es schmeckte ihnen auch besser, wenn auch nur ein klein wenig. Am deutlichsten war der Unterschied zwischen den beiden Gruppen bei der Menge der verzehrten Schokolade: Der mitessende Roboter animierte offenbar dazu, mehr zu sich zu nehmen, als der nur redende.

Abgesehen von den statistisch nicht allzu großen Unterschieden zwischen den beiden Versuchsbedingungen ist die Aussagekraft dieses Experiments auch sonst begrenzt. So war keine wirkliche Unterhaltung mit dem Roboter möglich, da er nur vorprogrammierte Äußerungen von sich gab, darunter so unsinnige wie: "Ich achte darauf, nicht zu viel Schokolade zu essen." Offenbar wurde bei der Befragung der insgesamt 29 Versuchsteilnehmer nicht darüber reflektiert, dass ein Roboter nicht wirklich essen kann. Und schließlich: Wer trägt beim Essen schon gern ein Head-Mounted-Display? So fühlten sich denn auch 22 Teilnehmer allein schon durch dieses Gerät erheblich beeinträchtigt. Das Experiment sagt daher wohl vor allem etwas über die kulturellen Unterschiede zwischen Japan und dem Westen im Hinblick auf die Wahrnehmung von Robotern aus. Ob es dazu beiträgt, die Einsamkeitsgefühle der zunehmend in Ein-Personen-Haushalten lebenden Japaner zu mildern, ist dagegen zweifelhaft. (olb)