Konkurrenz belebt das Geschäft -- hoffentlich auch im Ortsnetz

Auf dem deutschen Telefonmarkt stehen die Zeichen auf Wettbewerb total: Nachdem im Herbst 2002 die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen wurden, bekommt die Deutsche Telekom im Ortsnetz ab diesem Wochenende massiv Konkurrenz.

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Von
  • Peter Lessmann
  • dpa

Auf dem deutschen Telefonmarkt stehen die Zeichen auf Wettbewerb total: Nachdem im Herbst 2002 die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen wurden, bekommt die Deutsche Telekom im Ortsnetz ab diesem Wochenende massiv Konkurrenz. Mit Kampfpreisen blasen rund 20 Wettbewerber zum Angriff auf den Platzhirsch. Ähnlich wie im Fernbereich hoffen sie, über die freie Betreiberauswahl -- dem so genannten Call-by-Call -- im Ortsnetz Fuß zu fassen und das Quasimonopol der Telekom zu knacken.

"Das gibt dem Wettbewerb einen zusätzlichen Schub", prophezeit Arcor-Sprecher Michael Peter. Das Unternehmen gehört zu den wenigen Anbietern, die bundesweit an diesem Freitag Call-by-Call-Gespräche im Ortsnetz anbieten werden. "Von der Ortsnetz-Öffnung profitieren auch die Verbraucher", verspricht der größte Konkurrent der Telekom. Auch die Telefongesellschaften Tele2 und 01051 Telecom wollen dem Bonner Riesen im gesamten Bundesgebiet Marktanteile abjagen.

Mehr als fünf Jahre nach Liberalisierung des Telefonmarktes in Deutschland könnte die Telekom damit ihre dominierende Stellung im Ortsnetz allmählich verlieren. Im Fernbereich haben die Konkurrenten in den vergangenen Jahren dem Unternehmen rund 30 Prozent des Geschäfts abgeknöpft und zur Freude von Geschäfts- und Privatkunden für einen deutlichen Preisverfall gesorgt. Das blieb nicht ohne Auswirkungen auf die Geschäfte der Telekom selbst: Die Festnetzsparte T-Com, derzeit die einzige Division, die Geld in die Kassen des hochverschuldeten Unternehmens spült, stagniert. Der neue Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke hat dem Konzern Sparpläne auferlegt, die die Profitabilität vor allem bei der T-Com steigern sollen.

Auch wenn die neuen Anbieter im Ortsnetz auf die Preistube drücken, bleibt der rosa Riese gelassen. Vorstandsmitglied Josef Brauner erwartet nur geringe Einbußen durch die Marktöffnung. "Unter dem Strich rechnen wir mit einem Umsatzminus im niedrigen zweistelligen Euro-Millionen-Bereich", sagte er dem Magazin "Focus Money". Bislang hält die Telekom im Schnitt einen Marktanteil von mehr als 95 Prozent im Ortsnetz. In einigen Städten mit starken Citybetreibern wie in Köln oder Hamburg ist der Anteil allerdings deutlich niedriger. "Für uns ist der Wettbewerb in Ballungszentren seit langer Zeit entbrannt", weist Telekom-Sprecher Frank Domagalla die Einschätzung, das Unternehmen halte im Ortsnetz ein Monopol, zurück.

Arcor erhofft sich durch das Call-by-Call ein zusätzliches Geschäft. Die Telekom erlöst mit ihren 51 Millionen Anschlüssen in dem Bereich 2,7 Milliarden Euro Umsatz im Jahr. Wie groß der Kuchen sein wird, den sich die Neulinge herausschneiden können, hängt nicht zuletzt von den Preisen ab. "Unser Ziel ist es, billiger als die Telekom und Arcor zu sein und in den Tariftabellen ganz vorne mitzumischen", sagt Roman Schwarz, Geschäftsführer der schwedischen Tele2. Doch die Margen im Ortsnetzgeschäft sind dünn. Als Richtgröße gelten zunächst die Preise der Telekom, die je nach Tarifart und - zeit zwischen 1,5 Cent und 6 Cent je Minute schwanken. Auf der Seite der Vorprodukte schränken die so genannten Interconnection-Tarife von derzeit 1,1 Cent je Minute die Preisspielräume ein. Dies sind die Preise, die Telekom für die Zusammenschaltung der Netze verlangt.

Bei der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) hat Europas größter Telekom-Konzern zudem einen Aufschlag von 0,6 Cent beantragt. Wird die Erhöhung genehmigt, wird es für die Konkurrenten knapp. Ende April will die Behörde über den Antrag entscheiden. Jürgen Grützner, Geschäftsführer des Verbandes der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdienst VATM in Köln, wagt deshalb keine Prognose zu den Erfolgsaussichten der freien Betreiberauswahl. Call-by-Call im Ortsnetz "ist der richtige Schritt", sagt er, "wenn die Tarifstrukturen stimmen". (Peter Lessmann, dpa) / (jk)