Kritik am Nachfolgeprozess des Weltgipfels der Informationsgesellschaft

Das geringe Interesse am Nachfolgeprozess des Weltgipfels belegt nach Meinung der Association for Progressive Communication, dass von ihm zu wenig Anstöße für die weitere Entwicklung der Informationsgesellschaft für alle ausgingen.

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Von
  • Monika Ermert

Die beim Weltgipfel der Informationsgesellschaft verabschiedeten Dokumente sind zu vage und in ihren Definitionen zu schwach, um Entwicklungshilfeorganisationen Richtlinien für ihre Arbeit gegen die digitale Spaltung zu bieten. Diese harte Kritik aus der Feder des ehemaligen CEO der Commonwealth Telecommunication Organization (CTO), David Souter, ist dem gestern in Genf vorgestellten ersten Bericht "Global Information Society Watch" der Association for Progressive Communication (APC) und des Third World Institute (IteM) vorangestellt. Das geringe Interesse am Nachfolgeprozess des Weltgipfels, der ersten UN-Tagung speziell zur Zukunft der Informationsgeselschaft, belege, dass von ihm zu wenig Anstöße für die weitere Entwicklung der Informationsgesellschaft für alle ausgingen.

"Wir begrüßen zwar, dass global die Verpflichtung verabredet wurde, die digitale Spaltung zu überwinden, und wir stellen uns auch der Herausforderung, dazu unseren Beitrag zu leisten. Aber wir haben dabei auch eine weitere Kluft identifiziert: die Kluft, die noch zwischen den guten Absichten und dem tatsächlich Erreichten liegt, zwischen den Versprechungen und der Realität, zwischen den hehren Prinzipien und konkreten Taten", schreiben Anriette Esterhuysen von APC und Roberto Bissio von IteM.

In den 22 Länderberichten zur Situation des Zugangs zu moderner Informations- und Kommunikationstechnik von Argentinien bis Uganda ziehen verschiedene Nichtregierungsorganisationen Bilanz aus dem Gipfel und konstatieren, dass es oft an einer echten ICT-Strategie fehle und sich gerade in rasch wachsenden ICT-Märkten wie Indien die digitale Kluft mehr und mehr vergrößere. Echte Veränderungen mit Blick auf die beim Weltgipfel propagierte "Informationsgesellschaft, die die Menschen in den Mittelpunkt stellt", erfordern nach Ansicht der Aktivisten erheblichen Druck von Seiten der Zivilgesellschaften. Der "Global Information Society Watch" sei notwendig, "um Regierungen und internationale Organisationen zur Rechenschaft zu ziehen".

Den beim Weltgipfel engagierten internationalen Organisationen stellt der Bericht unterschiedliche Zeugnisse aus. Viel Kritik hagelt es für die fürs geistige Eigentum zuständige World Intellectual Property Organization (WIPO), die von IP.Justice-Direktorin Robin Gross als undemokratisch, allein privatwirtschaftlichen, statt dem öffentlichen Interessen verpflichtet und als intransparent kritisiert wird. Die WIPO solle offener für verschiedene Vorstellungen zum geistigen Eigentum sein und besser von den Vereinten Nationen kontrolliert werden, lauten zwei der Forderungen von Gross.

Lob gibt es dagegen für die UNESCO, die sich auch im WSIS-Folgeprozess auf bessere Bedingungen für die Wissensgesellschaft konzentriere. Mehr Offenheit und Beteiligung gerade von Seiten der Zivilgesellschaft wünschen sich die Aktivisten bei den beiden Internet-Governance-Organisationen im engeren Sinn, der International Telecommunication Union (ITU) und der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN). (Monika Ermert) / (anw)