Kryptowährung Worldcoin: Kenia untersagt weitere Iris-Scans

Das Kryptowährungsprojekt Worldcoin scannt die Iris von Menschen und verspricht, eine ID daraus zu generieren. In Kenia stoppen die Behörden das jetzt.

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Mit den "Orb" genannten Geräte nimmt Worldcoin die Iris-Scans vor.

(Bild: Worldcoin)

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Das Kryptowährungsprojekt Worldcoin darf im afrikanischen Staat Kenia bis auf Weiteres keine weiteren biometrischen Daten von Freiwilligen sammeln. Das kenianische Kommunikationsministerium teilte mit, dass man nach einer ersten vorläufigen Prüfung berechtigte regulatorische Bedenken habe. Nun würden mehrere Behörden Worldcoin unter die Lupe nehmen. Der Worldcoin verbindet die gleichnamige Ethereum-basierte Layer-2-Kryptowährung mit einer digitalen ID, die durch einen Iris-Scan erzeugt wird. Dahinter steht OpenAI-Chef Sam Altman und das von ihm mitgegründete US-Unternehmen "Tools for Humanity".

Das Herzstück des Worldcoin-Projekts ist ein Augenscanner, der sogenannte "Orb". Jeder, der am Worldcoin partizipieren will, muss sich persönlich vor einen solchen Orb setzen, eine Handy-App mit Kryptowallet installieren und seine Iris vom Orb einscannen lassen. Aus dem Scan soll dann ein Hashwert erzeugt werden. In Deutschland kann man nach Angaben einer Sprecherin im Berliner Einkaufszentrum Alexa sowie in einer Geschäftsstelle in Erlangen scannen lassen. Wie der Orb funktioniert und was die Software mit dem Irisscan macht, kann nicht öffentlich verifiziert werden. Die Hardware hat Worldcoin zwar offengelegt, die Firmware darauf aber nicht. Nach erfolgtem Scan erhält man eine kleine Zahl von Kryptowährungstoken sowie eine biometrisch verifizierte ID mit bislang noch unklarem Nutzen.

Kenias Kommunikationsministerium führt in seiner Mitteilung gleich mehrere Punkte auf, die Worldcoin bedenklich machten. So seien Sicherheit und Speicherung der sensiblen biometrischen Nutzerdaten unklar. Ferne grenze das Modell an Beeinflussung, die Einwilligung in die Erfassung biometrischer Daten mit Geld zu belohnen. Ebenfalls mangele es an Informationen über Standards und Maßnahmen bei der IT-Sicherheit des Projekts sowie über den Verbraucherschutz bei Kryptowährungsdiensten. Und dass ein privates Unternehmen eine massive Sammlung von Daten der Bürger Kenias in seinen Händen sammeln könnte, sehen die Regulatoren auch kritisch.

In Kenia hat Worldcoin offenbar zu einer regen Nachfrage nach der Registrierung geführt. Die BBC berichtet von langen Schlangen vor einem der Pop-up-Registrierungszentren in der Hauptstadt Nairobi. Hunderte hätten dort angestanden, am Mittwoch seien gar viele von der Registrierung ausgeschlossen worden, nachdem die große Menschenmenge als "Sicherheitsrisiko" bezeichnet worden war. "Ich komme schon seit fast drei Tagen hierher, um mich anzustellen und registrieren zu lassen. Ich will mich registrieren lassen, weil ich arbeitslos und pleite bin, deshalb bin ich hier", sagte einer der Schlangestehenden den BBC-Reportern.

Bedenken haben nicht nur die Behörden in Kenia: In Deutschland ist das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht für das Unternehmen hinter Worldcoin zuständig und hat Berichten nach bereits eine datenschutzrechtliche Prüfung eingeleitet. Bei Worldcoin handele es sich um "eine Datenverarbeitung mit hohen Risiken für die betroffenen Personen". Ebenfalls haben Datenschutzaufsichten aus Frankreich und Großbritannien Worldcoin ins Visier genommen.

Worldcoin kommuniziert seine Vision als eine Art dezentrales Inklusions-Netzwerk für die ganze Welt. Unabhängig von Herkunft, Wohnort und Einkommen könnten die Menschen so eine digitale Identifikationsmöglichkeit bekommen. Der Währungstoken Worldcoin könne wiederum für ein bedingungsloses Grundeinkommen taugen. Insgesamt 2,2 Millionen Menschen hätten sich laut Worldcoin bereits scannen lassen, ein Großteil davon während einer zweijährigen Vorbereitungsphase vor dem offiziellen Start in diesem Jahr. Dabei hat man sich offenbar sehr auf Schwellen- und Entwicklungsländer konzentriert.

Seit vergangener Woche ist der Worldcoin auch an Kryptowährungsbörsen handelbar und erreicht derzeit eine Notierung von rund 2,3 US-Dollar. Bislang ist aber nur rund ein Prozent der bereits erzeugten zehn Milliarden Worldcoin-Tokens auf dem Markt. Der Rest soll in den kommenden Jahren nach einem Verteilungsschlüssel an Investoren, Entwickler und die Community ausgeschüttet werden und könnte dann auf die Kryptowährungsbörsen drängen. Wer in Worldcoin investieren will, sollte das berücksichtigen.

Update

Inzwischen erreichte heise online eine Stellungnahme von Worldcoin. Laut einer Sprecherin sei die Nachfrage nach den Worldcoin-Verifizierungsdiensten in Kenia überwältigend gewesen, es hätten "Zehntausende von Menschen" drei Tage lang Schlange gestanden. "Aus Vorsicht und in dem Bemühen, den Andrang zu verringern, wurden die Verifizierungsdienste vorübergehend pausiert", hieß es weiter. Man werde nun ein Onboarding-Programm entwickeln, das "robustere Maßnahmen zur Kontrolle des Andrangs" schaffen solle. Ebenfalls wolle man mit den lokalen Behörden zusammenarbeiten, um das Verständnis für die Datenschutzmaßnahmen zu erhöhen. Worldcoin geht offenbar davon, schon bald wieder in Kenia mit den Iris-Scans fortfahren zu können. Generell habe das Kryptoprojekt ein robustes Datenschutzprogramm und liege auch im Einklang mit den Gesetzen und Vorschriften der Länder, in denen man aktiv sei, wie zum Beispiel der DSGVO.

(axk)